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Mostobstannahmestelle in Wieslensdorf
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Siebenjähriger liefert in seinen Mini-Anhängern 80 Kilo Äpfel ab

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Zweitklässler Johannes aus Wieslensdorf ist der mit Abstand jüngste Lieferant auf dem Hof Knapp. Schon als Dreijähriger half er dem Opa beim Auflesen des Streuobstes.

Die Ladung ist ganz schön schwer. Johannes Emser muss seinen Trettraktor mit den Anhängern auf die Waage schieben.
Die Ladung ist ganz schön schwer. Johannes Emser muss seinen Trettraktor mit den Anhängern auf die Waage schieben.  Foto: Ralf Seidel

Johannes hat einen langen Weg auf seinem Trettrakator von der Streuobstwiese seines Großvaters Manfred Emser bis zum Ziel in Wieslensdorf. Voll beladen sind die beiden Anhänger mit Brettacher Äpfeln. Die hat er zusammen mit seinem Bruder Aaron (3) und Mutter Lydia Emser aufgesammelt. Etwa eine halbe Stunde hat das Trio benötigt, bis die Anhänger gefüllt sind. Jetzt fährt der Zweitklässler auf die Waage der Mostobstannahme Nico Knapp. Er ist der mit Abstand jüngste der Lieferanten in dieser Saison. 

140 Kilogramm samt Fahrer wiegt das Gespann. Den Trettraktor hat der Siebenjährige seit zwei Jahren, den großen Anhänger gab es dieses Jahr zum Geburtstag. Schon als kleiner Steppke hat Johannes dem Großvater auf der Streuobstwiese geholfen, erzählt seine Mutter. Spaß hat er immer noch daran, was den Opa freue. Und Miriam Knapp, die auf dem Hof für die Mostobstannahme zuständig ist, hat natürlich nichts dagegen, dass ein Mini-Gespann zwischen den großen Traktoren vorfährt. Es ist die sechste und letzte Fuhre in dieser Saison von Johannes. 

Mama Lydia Emser hilft mit, die Äpfel der Sorte Brettacher auf den großen Haufen zu kippen.
Mama Lydia Emser hilft mit, die Äpfel der Sorte Brettacher auf den großen Haufen zu kippen.  Foto: Ralf Seidel

Äpfel kullern auf den großen Haufen im Fahrsilo

Mit ein bisschen Anschieben durch die Mama schafft es der Wieslensdorfer, seine Fracht den kleinen Anstieg zum Fahrsilo hinaufzutransportieren. Dann macht er den Schlag des kleinen Anhängers auf. Die Brettacher kullern auf den Apfelhaufen. Bruder Aaron und Carl, der Spross von Nico und Miriam Knapp, werfen das Obst, das daneben gepurzelt ist, hinterher. Danach folgt die Ladung des großen Anhängers. Johannes setzt sich wieder auf den Traktor und fährt zurück zur Waage. Die digitale Ampel zeigt jetzt nur noch 60 Kilo an. Stolze 80 Kilogramm hat der Junge abgeliefert. Dafür gibt es 20,80 Euro. Agraringenieurin Knapp druckt den Lieferschein aus, den Johannes unterschreibt und seinen "Lohn" kassiert. Was macht er damit? "Das gebe ich wieder aus, für Spielsachen", antwortet er. 

"Ich finde das klasse. Ich freue mich jedes Mal, wenn er auf den Hof fährt", sagt Miriam Knapp zum jungen Lieferanten. "Es ist eine Freude, wenn man sieht, dass es Nachwuchs gibt." Denn der Landwirtsfamilie ist es ein Anliegen, die Attraktivität von Streuobstwiesen wieder herzustellen, "damit die junge Generation Spaß und Freude dabei hat. Denn es ist etwas Schönes, Äpfel selbst abzuliefern", ergänzt Knapp. 

Wie ist das Leergewicht des Gespanns? Durch die Differenz zum vollbeladenen Zustand kann Miriam Knapp das Gewicht der Lieferung ermitteln.
Wie ist das Leergewicht des Gespanns? Durch die Differenz zum vollbeladenen Zustand kann Miriam Knapp das Gewicht der Lieferung ermitteln.  Foto: Ralf Seidel

Aus Streuobst wird Saft, Konzentrat oder Püree

Die Mostobstannahme ist ein zukunftsträchtiges Standbein für den Hof, den Nico Knapp zusammen mit Klaus Reutter neben Acker- und Weinbauflächen sowie Streuobstwiesen und Intensivmostobstanlagen bewirtschaftet. Weil die umliegenden Mostereien die großen Mengen des biozertifizierten Obstes nicht verarbeiten konnten, so erzählt Miriam Knapp, und der Preis mit sechs Euro pro 100 Kilogramm Lieferung nicht rentabel gewesen sei, wird die Rohware an den Bodensee zur Firma Fiedel Dreher nach Stockach transportiert, wo die Äpfel zu Fruchtsäften, Konzentraten und Pürees verarbeitet werden. 

2023 wurde die Ware mit 21 Euro pro 100 Kilogramm vergütet, in diesem Jahr sind es 26 Euro. "Das ist viel", sagt Miriam Knapp. Menge und Qualität seien besser als erwartet. "Der Säuregehalt passt." Das ist für den Abnehmer in Stockach wichtig, weil die Bodenseeäpfel nicht so viel Säure hätten, erklärt die Landwirtin. Dass das Obst von Wieslensdorf rund 210 Kilometer zur Verarbeitung transportiert wird, damit hat Knapp kein Problem. Denn: "Wenn ich die Wertschätzung durch den erhöhten Preis sehe und die garantierte Abnahme gewährleistet ist, ist das für mich gerechtfertigt." Schließlich trage man zur Erhaltung von Streuobstwiesen bei, dass diese durch die Aberntung gepflegt würden. 

Etwa 1000 Tonnen Mostobst kommen bei der Annahmestelle Knapp in Wieslensdorf pro Jahr zusammen, etwa die Hälfte stammt von den Streuobstwiesen und den Intensivmostobstanlagen des Hofs. In der Kartei befinden sich inzwischen mehr als 100 Lieferanten aus dem gesamten Weinsberger Tal, aus Hohenlohe bis nach Schwäbisch Hall. Es handelt sich um Landwirte, Nebenerwerbslandwirte und private Streuobstwiesenbesitzer. Das Obst muss den Bioanforderungen entsprechen, es darf weder gedüngt noch gespritzt werden. Jedes Jahr ist ein Kontrolleur auf den Flächen unterwegs. Das Fahrsilo der Annahmestelle hat eine Kapazität von rund 100 Tonnen. 

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Kommentare

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Martin Ernst am 19.10.2024 14:11 Uhr

Super! Der 7 jährige hat alles richtig gemacht - Danke!
Martin Ernst

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