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Große Fusion
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Sieben Heilbronner Kirchengemeinden verschmelzen zu einer

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Bei einem Festgottesdienst in der Heilbronner Kilianskirche wird alles besiegelt: Sieben evangelische Kirchengemeinde fusionieren zu einer Großgemeinde. Das sind die Hintergründe.

Der Weihnachtsbaum hat inzwischen ausgedient.  Am Sonntag feiern evangelische Christen in der Kilianskirche etwas anders: die Fusion von bisher sieben Teilgemeinden zu einer großen.
Der Weihnachtsbaum hat inzwischen ausgedient. Am Sonntag feiern evangelische Christen in der Kilianskirche etwas anders: die Fusion von bisher sieben Teilgemeinden zu einer großen.  Foto: Berger, Mario

Es ist eine der größten Kirchenfusionen der evangelischen Landeskirche Württemberg. Der Diskussionsbedarf im Vorfeld war groß, selbst der Oberkirchenrat in Stuttgart zeigte sich zunächst skeptisch, begleitete den schwierigen Prozess aber letztlich. Rein rechtlich ist sie seit 1. Januar unter Dach und Fach.  Am Sonntag, 12. Januar, 11 Uhr, soll nun der Segen von oben kommen. Mit einem Festgottesdienst in der Kilianskirche feiern sieben Heilbronner Kirchengemeinden den Zusammenschluss zu einer Großgemeinde.

Sinnigerweise bildet - neben der Predigt von Ex-Dekan Georg Ottmar - das Musikprogramm mit Kinderchor und Posaunenchor die Grundidee der Multi-Fusion ab. Die kleinen Sänger und die gut harmonierenden Bläser treten jeweils schon seit Jahren über alle Grenzen hinweg in Erscheinung. „Sie haben im Kleinen angefangen, was uns im Großen vorschwebt: Dass man mehr voneinander weiß, mehr miteinander macht und nicht jeder meint, er müsse alles machen“, erklärt Dekan Christoph Baisch. Er hat bereits weitere Themenfelder im Blick: Gottesdienste, Musik, Konfirmationsunterricht, Jugendarbeit, kulturelle und diakonische Angebote. Außerdem würden Finanzen, Personal und Immobilien jetzt schon über die Kirchenpflege der Gesamtkirchengemeinde verwaltet.

Was passiert mit Kirchen und Gemeindehäusern?

Letztlich gehe es darum, die Ressourcen effektiv auszuschöpfen und dadurch Synergien und Freiräume zu schaffen, auch für ganz neue Ideen, erklärt Gesamtkirchengemeinderatsvorsitzender Michael Kannenberg, wobei er keinen Hehl daraus macht, dass man auf „Mangelerscheinungen“ reagiere: auf die Reduzierung der Pfarrstellen, auf sinkende Mitgliederzahlen und schrumpfende Finanzmittel.  

Ganz wichtig ist Baisch und Kannenberg: Die Beheimatung in den bisherigen Wohnbezirken zwischen Sontheim und Wartberg, zwischen Bahnhofsvorstadt und Badener Hof soll aufrecht erhalten bleiben, Kirchen und Gemeindehäuser bleiben also - jedenfalls zunächst - erhalten, ebenso die jeweiligen Pfarrbüros.

Zahl der Kirchenmitglieder und der Pfarrer stark rückläufig

Derzeit zählen die bisherigen Teilgemeinden östlich des Neckars – Kilian, Nikolai, Frieden, Süd, Emmaus, Bonhoeffer und Matthäus – rund 15.000 Mitglieder, 2030 dürften es wegen Austritten und dem demographischen Wandel noch 12.000 sein. Aber auch die Zahl der Theologiestudenten schrumpft schon lange. Vor diesem Hintergrund kürzt die Landeskirche überall Pfarrstellen, in Heilbronn bis 2030 von derzeit 8,5 auf 5,5.

Für Baisch ist dies aber nur ein Faktor zur Strukturreform. „Die Kernfrage ist doch: Wie können wir unserem Auftrag als Kirche unter geänderten Rahmenbedingungen auch in Zukunft gerecht werden?“ Für ihn ist es „nicht mehr zeitgemäß, dass wir in der Stadt kleinteilig und parallel arbeiten“. Gleichzeitig könnten sich Pfarrer auf Schwerpunkte konzentrieren.

Neuer Kirchengemeinderat wird am 1. Advent gewählt

Angedacht gewesen sei auch die Konzentration auf vier, drei oder eine Nord- und eine Süd-Gemeinde. „Aber das wäre zu kompliziert“, erklärt Kannenberg, nur eine große Lösung dürfte zeitnah die gewünschten Effekte bringen. Natürlich habe es auch Bedenken gegeben, dass „das Neue zu groß, anonym und unübersichtlich wird“, gibt Dekan Baisch offen zu. Um die Nähe zur Basis zu garantieren, werde man aber Ausschüsse bilden, die auch über bestimmte Dinge entscheiden. Der neue, wohl 30-köpfige Kirchengemeinderat könne sich auch nicht mit allen Einzelheiten befassen. Neuwahlen sind wie in der gesamten Landeskirche am 1. Advent angesagt. Wie in der unechten Teilortswahl werden alle sieben Teilgemeinden im Gremium vertreten sein.

Keinen Hehl macht Baisch aber daraus, dass man sich „in absehbarer Zeit“ auch mit Immobilien beschäftigen müsse: etwa wenn Sanierungen anstehen, aber auch wegen der landeskirchlichen Vorgabe, dass bis 2040 alle Kirchengebäude klimaneutral sein müssen.

Stellenplan-Kürzungen der evangelischen Kirche in Heilbronn

Die Landeskirche Württemberg schreibt in ihrem aktuellen Pfarrplan vor, dass die Pfarrstellen in Heilbronn bis zum Jahr 2030 von 8,5 auf 5,5 abgebaut werden müssen. In Kilian bleibt es bei einer 100-Prozent-Stelle, wobei hier zusätzlich auch das Dekanat mitwirkt. Frieden hätte statt 175 künftig nur noch 100 Prozent, Süd (100/50), Emmaus (150/100), in Sontheim würde Dietrich-Bonhoeffer (100/0) von Matthäus (100/100) pfarramtlich versorgt. Wartberg/Nikolai sinkt von 150 auf 100, Böckingen-Klingenberg von 350 auf 250, hier fällt die Stelle an Neckargartach (150/50), wobei man mit Frankenbach (100/100) fusioniert. Biberach, Kirchhausen, Fürfeld (200/175), Horkheim (100/100) mit Talheim (100/0). Aufgestockt wird die Stelle der Hochschulseelsorge (25/50). Insgesamt soll in Württemberg künftig die pfarramtliche Arbeit und das Gemeindeleben auch gemeindeübergreifend in sogenannten Kooperationsräumen gestaltet werden – oder eben in Zusammenschlüssen wie in Heilbronn.

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