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Bauarbeiten an der B39
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Schemelsbergtunnel voll gesperrt: Bilder zeigen Bau des Fluchtstollens

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Einen 200 Meter langen Fluchtstollen haben die Bauarbeiter inzwischen hineingegraben in den Schemelsberg, parallel zum B39-Straßentunnel. In den kommenden Tagen soll der Rettungsweg für Fußgänger an die Hauptröhre angedockt werden. Hier gibt's exklusive Einblicke von der Großbaustelle.

Rund 200 Meter haben die Arbeiter den Fluchtstollen bereits in den Schemelsberg hineingebaggert.
Rund 200 Meter haben die Arbeiter den Fluchtstollen bereits in den Schemelsberg hineingebaggert.  Foto: Ralf Seidel

Bevor es hineingeht in den Fluchtstollen noch kurz ein Blick auf die kleine Holzfigur, die rechts am Eingang steht. Die heilige Barbara wacht über alle Menschen, die mit Berg- und Tunnelbau zu tun haben. Arbeiter, Ingenieure sowie das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart als Auftraggeber vertrauen aber nicht allein auf die Schutzpatronin, sondern vor allem auf Sicherheitsstandards und moderne Technik.

Die Baustelle hat es in sich: "Die Hauptherausforderung sind die beengten Verhältnisse", sagt Projektleiter Alexander Metz vom RP-Baureferat Nord in Heilbronn. Die Gefahr, dass angesichts der Enge etwas passieren könnte, ist vermutlich größer als dass das Erdreich einbricht. Der Bagger nagt es in einer Breite von vier Metern aus dem Berg heraus. Nach der Absicherung mit Spritzbeton bleibt noch eine Breite von 3,50 Metern. Das ist nicht viel Platz für die Arbeiter der Berliner Firma August Reiners, wenn sie mit Radlader,  Betonmischer und Co. rangieren müssen. Im Endausbau hat der Stollen einen Innenquerschnitt von 2,25 Metern.


Bauarbeiten am Schemelsbergtunnel: Nur mit Erkennungschip geht es in den Stollen

Die Arbeiter dürfen nur mit einem Personenerkennungschip in den Stollen. Der Computer draußen in den Baucontainern gibt Auskunft, wer gerade drin ist und wo sich jemand aufhält. Das ist für den Notfall wichtig. Drinnen im Stollen ist nämlich immer jemand. "Während des Tunnelvortriebs wird sieben Tage die Woche 24 Stunden gearbeitet", sagt Alexander Metz. 

Zwar erhellt alle paar Meter eine Lampe den Stollen, doch man muss sich erstmal mit der Düsternis anfreunden. Es riecht nach Staub. Zwei spezielle Leitungen an der Decke, Lutten heißen sie, versorgen die Bauarbeiter ununterbrochen mit frischer Luft. Zwei Lichter blinken auf. Ein Radlader bringt in einem mobilem 1000-Liter-Tank Diesel zu den Baumaschinen. Sie zum Betanken raus- und wieder reinzufahren, wäre viel zu aufwendig.

Fluchtstollen am Schemelsbergtunnel: Gesamtpaket kostet fast 42 Millionen Euro

Weiter vorne beißt ein Acht-Tonnen-Kompaktbagger ins Erdreich.  "Diese Erdschicht heißt dunkelroter Mergel", sagt Gregor Simon vom Büro Müller und Hereth. Simon leitet die Bauüberwachung. Mit einer sogenannten Schüttermulde wird das Material nach draußen gefahren. 5000 Kubikmeter sind bereits herausgebaggert. Das ist etwa die Hälfte der Gesamtmenge. Mit Spießen, Ankern, Gitterträgern, zwei Lagen Bewehrungsmatten und einer 25 Zentimeter dicken Schicht aus Spritzbeton werden  ausgebaggerte Stellen sofort abgesichert. Baggern, absichern, baggern, absichern: So geht es seit Anfang März, Tag für Tag, Nacht für Nacht. Meter für Meter entsteht auf diese Weise der Rettungsstollen. Er ist das Herzstück des fast 42 Millionen Euro teuren Gesamtpaketes am und im Schemelsbergtunnel. 

Alle 15 Meter sind an den Stollenwänden Messpunkte angebracht. Gregor Simon: "Damit wird kontrolliert, dass die Richtung stimmt." Außerdem wird das Verhalten des Erdreichs beobachtet. Drückt es irgendwo auf den Stollen?

Die Hauptröhre des Schemelsbergtunnels wird aufgesägt

Der erste Querschlag, also der 20 Meter lange Abzweig vom Fluchtstollen zur Straßenröhre, ist inzwischen hergestellt. Nur der tatsächliche Durchstich ist am Wochenanfang noch nicht gemacht. Doch in diesen Tagen wird die Hauptröhre aufgesägt. Eine Seilsäge frisst sich durch eine Betonschicht, die zwischen 80 und 150 Zentimeter dick ist. Der erste Querschlag ist ein wichtiger Zwischenschritt bei dem Großprojekt, das der Bund finanziert - schon allein deshalb, weil dadurch auch die Bauarbeiter, die mittlerweile so tief drin sind im Schemelsberg, einen Fluchtweg haben. Sie haben ja noch weitere 231 Meter und einen zweiten Querschlag vor sich. Für die Männer wird eine provisorische Schleuse eingebaut.  

Sperrung der B39 bei Weinsberg: Beschwerden halten sich in Grenzen

Wegen der Arbeiten am Querschlag ist der Tunnel seit Montag voll gesperrt - voraussichtlich bleibt er das noch bis Mittwoch, 26. Juni. Im Idealfall, so Projektleiter Metz, ist er ein paar Tage früher wieder befahrbar. Die großräumige Umleitung wurde vor einiger Zeit  ertüchtigt. Sie ist ausgeschildert und führt von der B39 über die L1101 und K2126 vorbei am Klinikum am Weissenhof und über die L1036 wieder auf die B39. "Man merkt,  dass nun deutlich mehr Verkehr durch Weinsberg fährt", sagt Bürgermeisterin Birgit Hannemann. Doch im Großen und Ganzen funktioniere die offizielle Umleitungsstrecke. "Die Beschwerden halten sich noch in Grenzen." Unglücklich sei allerdings eine zeitweilige Giganetz-Baustelle auf einer Ausweichstrecke.

Erlenbachs Bürgermeister Uwe Mosthaf sagt, dass in seiner Gemeinde mehr Fahrzeuge unterwegs seien, aber es sei noch erträglich. "Wenn es auf der Autobahn läuft, geht es." Auf Wunsch der Gemeinde habe das RP ein Durchfahrtsverbot für Lkw angeordnet. Weitere Maßnahmen im und am Ort sollen folgen, wenn die lange Vollsperrung ansteht. Die aktuelle ist bekanntlich nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommt für die rund 20.000 Fahrzeuge, die üblicherweise innerhalb von 24 Stunde die Röhre  passieren: Das ganze nächste Jahr bleibt das wichtige Verbindungsstück zwischen Heilbronn und dem Weinsberger Tal zu. Teil des Gesamtpaketes ist nämlich auch die Instandsetzung des Tunnels selbst. Damit bei jeder Witterung gearbeitet werden kann, werden die beiden Einfahrten 2025 mit Toren verschlossen. 

Der Schemelsbergtunnel ist 676 Meter lang und wurde 1990 in Betrieb genommen. Er liegt auf Gemarkung Erlenbach, ist aber die Ortsumgehung für Weinsberg. Der Bau des Fluchtstollens ist notwendig, weil sich gesetzliche Vorgaben geändert haben: Alle einröhrigen Tunnel, die länger als 400 Meter sind, müssen mit einem Rettungsstollen ausgestattet sein. Der Stollen hat auch eine offizielle Patin: Es ist Regierungspräsidentin Susanne Bay. Während der langen Vollsperrung das ganze nächste Jahr über wird auch der Straßentunnel umfassend saniert: Unter anderem wird die Entwässerung erneuert, die Betoninnenschale wird instandgesetzt, der Fahrbahnbelag und die Not-Gehwege werden erneuert. Das Gesamtpaket ist mit 41,7 Millionen Euro veranschlagt. 

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