Für die Vorbereitung des Mai-Scherzes nahmen sich die vier Freunde etwa zwei Wochen Zeit. „Wir wollten, dass es realistisch wirkt, aber trotzdem spielerisch bleibt“, berichtet einer von ihnen. Die „Schänke211“ habe sogar erste Buchungsanfragen erhalten. „Das war ein Moment zwischen Stolz und leichter Panik."
„Schänke211“ in Leingarten: Die Kneipe, die es nicht gibt – das steckt dahinter
Eine Woche lang wurde in Leingarten über die „Schänke211“ diskutiert. Eine Kneipe, die sich als Mai-Scherz entpuppte – und trotzdem einen wunden Punkt getroffen hat.
Unter „Schänke211“ ist am 22. April auf Social Media eine Nachricht aufgetaucht, die viele Leingartener stutzig gemacht hat. „Neueröffnung (...). Weil es hier sonst nichts gibt“, verkündete der Instagram-Account „schaenke211.leingarten“.

Die Ankündigung der neuen Kneipe verbreitete sich in der Stadt wie ein Lauffeuer. Auf Social Media folgten weitere Beiträge mit Hinweisen zur Eröffnung. Als Termin wurde der 17. Mai genannt. Die Follower-Zahlen auf Facebook und Instagram stiegen rasant und näherten sich schnell der 300er-Marke. In den Kommentaren herrschte Vorfreude – und Rätselraten, wo sich die mysteriöse Kneipe wohl befinden könnte.
Mai-Scherz „Schänke211“: Leingarten diskutiert über mögliche Kneipe
Dann die Auflösung: Bei der „Schänke211“ handelte es sich um einen Mai-Scherz. Große Enttäuschung bei vielen Nutzern auf Facebook und Instagram. Die Heilbronner Stimme nahm über Instagram Kontakt zu den Besitzern der Schänke auf. Die vier Freunde wollen anonym bleiben, erklären ihre Aktion aber wie folgt: „Wir haben uns immer wieder gefragt: Warum gibt es in Leingarten eigentlich keine vernünftige Kneipe, die lange geöffnet hat?“
So sei die Schänke211 geboren worden: als Scherz zum 1. Mai, aber mit einer Botschaft dahinter. „Dass der dann so viel Aufmerksamkeit bekommt, hat uns selbst überrascht“, so die Freunde.

„Es fehlt in Leingarten ein Ort, der zumindest am Wochenende lange geöffnet hat“, bemängeln sie. Ähnliche Aussagen hört auch Gemeinderat Felix Rieker (Liste 19) – insbesondere von der jüngeren Generation. Auch bei ihm war die Vorfreude groß. „Ich habe die ganze Zeit gerätselt, wo die Schänke sein könnte, und mich gefragt, wer wohl dahintersteckt.“ Tatsächlich wurde Rieker selbst verdächtigt, Teil des Projekts zu sein.
„Ich hatte das Thema schon ein paar Mal mit Freunden – die dachten gleich, ich hätte etwas damit zu tun.“ Die Enttäuschung vieler Leingartener kann er daher nachvollziehen. Rieker findet aber auch lobende Worte: „Sie haben einen Nerv getroffen und vielleicht sogar etwas angestoßen. Wer Marketing studiert, sollte sich da etwas abschauen.“
„Schänke211“-Initiatoren aus Leingarten über Kritik: „Haben niemandem geschadet“
Ihm selbst kamen schon öfter Ideen, wie man junge Gastronomien unterstützen könnte – etwa durch Mietzuschüsse im ersten Jahr. „Rechtlich ist das allerdings schwierig – die Immobilie müsste der Stadt gehören“, so Rieker. Die teilweise harte Kritik nach der Auflösung des Scherzes überrascht die Verantwortlichen. „Wir haben niemandem geschadet. Der teilweise persönliche Ton war nicht immer leicht zu ertragen. Aber wir sehen es als Zeichen, dass das Thema wirklich bewegt“, erklären sie.
Der Slogan der fiktiven Kneipe – „Weil es hier sonst nichts gibt“ – sei jedoch etwas provokant, findet Felix Rieker „Das kam bei den Leingartener Gastronomen sicher nicht besonders gut an.“ In der Stadt gibt es mehrere Einkehrmöglichkeiten.
„Weil es hier sonst nichts gibt“: Bürgermeister Steinbrenner aus Leingarten mit Slogan nicht einverstanden
Ähnlich äußert sich Bürgermeister Ralf Steinbrenner: „Natürlich haben wir Gastronomie in Leingarten. Wie überall gibt es jedoch Rückgänge“, sagt er. „Dafür sind nicht wir verantwortlich, sondern die baulichen Bedingungen, die Entlohnung oder die Arbeitszeiten. Zudem hat sich das allgemeine Ausgehverhalten stark verändert.“ Steinbrenner selbst erfuhr von der Aktion, als er am Morgen des 1. Mai am Rathaus ein Plakat mit einem QR-Code entdeckte. Dieser sollte ursprünglich zu einem Aufklärungstext führen, leitete zwischenzeitlich aber auf die Website des Obi-Baumarkts in Leingarten weiter. Inzwischen zeigt er den beabsichtigten Text an.
„Wir würden uns als Gemeinde natürlich freuen, wenn ein weiteres Lokal eröffnet. Wir unterstützen, wo es möglich ist, aber selbst hinter den Tresen können wir nicht“, betont Steinbrenner. Als Beispiel nennt er das Café Sarah Ann, das 2023 eröffnete und bei der Raumsuche von der Stadt unterstützt wurde. Und vielleicht wird aus der „Schänke211“ ja doch noch Realität. Die Initiatoren halten sich bedeckt, geben aber zu: „Sagen wir so, der Gedanke ist nicht mehr so abwegig wie vor ein paar Wochen. Die Reaktionen zeigen: Leingarten hätte Potenzial für eine echte Schänke.“
Die „Schänke211“ war nicht der einzige Mai-Scherz in Leingarten, der für Gesprächsstoff sorgte: Eine Feuerwehrauto-Attrappe wurde gefeiert – und endete in einem echten Einsatz.