"Wir gehen in Richtung Therapie"
Der Ulmer Neurologe Albert Ludolph forscht seit 40 Jahren an ALS. Ice Bucket Challenge hat die Krankheit bekannt gemacht. Der 66-Jährige blickt zuversichtlich in die Zukunft.

Die Nervenkrankheit ALS (Amyotrophe Lateralsklerose) hat im Jahr 2014 rund um den Globus kurzfristig für Aufmerksamkeit gesorgt. Damals haben Menschen ein paar Sätze aufgesagt und sich danach einen Kübel mit Eiswasser über den Kopf geschüttet. Oder schütten lassen. Die Aktion trägt den Namen Ice Bucket Challenge (deutsch: Eiskübel-Wettbewerb), sie wird gefilmt und auf sozialen Netzwerken wie Facebook verbreitet.
Mit der Aktion nominiert der Freiwillige zwei, drei Freunde, die sich ebenfalls an der Aktion beteiligen sollen. Wer mitmacht, spendet zehn Euro oder Dollar an die ALS-Hilfe. Wer von den Nominierten kneift, soll 100 Euro oder Dollar bezahlen. Die Aktion hat den Effekt, dass sich Menschen mit ALS auseinandersetzen.
Spendengelder gehen ein
Prominente Fußballer wie Toni Kroos, Cristiano Ronaldo und Gareth Bale und andere Stars machen damals mit. Allein in den USA sollen etwa 200 Millionen Dollar an Spendengeldern eingesammelt worden sein.
Professor Albert Ludolph startet mit der Ice Bucket Challenge von Bastian Schweinsteiger seine Vorträge. Ludolph ist Ärztlicher Direktor der Klinik für Neurologie an der Universität Ulm und forscht seit 40 Jahren auf dem Gebiet neurodegenerativer Erkrankungen wie ALS. "Die Krankheit ist gar nicht so selten", sagt der 66-Jährige. Jeder 400. Mensch leide und sterbe daran.
Vereinfacht ausgedrückt bedeute ALS den Untergang der Zellen des motorischen Systems im Körper, erklärt Ludolph. "Am Ende kann sich der Patient nicht mehr mit seiner Umgebung verständigen." Männer seien mit etwa 55 Prozent häufiger von der Krankheit betroffen als Frauen. Der Gipfel für das Erkrankungsalter liege zwischen 70 und 75 Jahren. Ludolph sagt aber auch: "Ich habe schon Patienten gehabt, die waren 18 oder 19 Jahre alt."
Manche Patienten fallen in eine Depression
Hartnäckig halte sich das Gerücht, dass ALS-Patienten am Ende ihres Lebens erstickten. "Das stimmt nicht. Die Menschen schlafen in einer Narkose ein." Neben den körperlichen Einschränkungen sei die Krankheit auch eine psychische Belastung für die Patienten. Nach der Diagnose verfielen sie oft in eine Depression. Betroffene zögen aktive Sterbehilfe in Erwägung. "Viele ändern aber ihre Meinung."
Was die Erforschung der Krankheit angeht, blickt der Ulmer Mediziner zuversichtlich in die Zukunft. "Der wissenschaftliche Fortschritt hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Das dicke Brett ist aufgebohrt. Wir gehen in Richtung Therapie." Ice Bucket Challenge habe dem Bekanntheitsgrad der Krankheit gesteigert. Die von ihm gegründeten Charcot-Stiftung, benannt nach dem französischen Neurologen Jean-Martin Charcot, der vor 150 Jahren ALS entdeckte, fördere die medizinische Erforschung der Krankheit.

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