Wie Pfarrer Keith Fastnacht und Fastenzeit unter einen Hut bringt
Früher verkörperte Volker Keith die Ellhofener Karnevalsfigur Till. Heute ist er katholischer Pfarrer in Bad Friedrichshall und Offenau. Kaum einer kennt sich mit beidem so gut aus: mit Fastnacht und mit der Fastenzeit.

Fastnacht und Fastenzeit gehören zusammen. Der 53-jährige Volker Keith verkörpert dies so gut wie nur wenige. Der in Heilbronn geborene und in Ellhofen aufgewachsene Geistliche war früher bei den Ellhofener Sulmtalnarren als Gardeminister für die Tanzgruppen zuständig, marschierte später gar als Symbolfigur Till bei närrischen Umtrieben voran. Seit 2011 ist er als sogenannter Spätberufener katholischer Priester. Seit gut einem Jahr leitet er die Seelsorgeeinheit Bad Friedrichshall/Offenau. Kaum einer kennt sich mit beidem so gut aus wie er: mit dem gestern zu Ende gegangenen Karneval und mit der heute, an Aschermittwoch, beginnenden Fastenzeit.
Närrischer Till und geweihter Priester. Wie passt denn das um Gottes Willen zusammen?
Volker Keith: Also für mich passt das sehr gut zusammen, weil ich finde, dass der Till durchaus ein Teil von mir ist. Er hat Humor, was ich für mich ganz wichtig finde, auch als Pfarrer. Till ist ein Typ, dem der Schalk im Nacken sitzt. Das hilft einem, durchs Leben zu kommen, das steht einem gut zu Gesicht, auch einem Pfarrer. Dann ist es für Till ja typisch, dass er den Menschen den Spiegel vorhält, auf eine liebevolle Art und Weise. Ein Pfarrer kann das in gewisser Weise auch, indem er etwa an die Zehn Gebote erinnert, so dass die Menschen ihr Tun reflektieren, erkennen, was gut läuft, was nicht und dann gegebenenfalls etwas ändern.
Hielten Sie in ihren Gottesdiensten an Fasnet eigentlich auch eine Narrenpredigt?
Keith: Ja, selbstverständlich, auch in Reimform, aber nicht nur lustig, sondern zum Nachdenken und Nachmachen. Das Thema orientierte sich am Sonntagsevangelium. Thema war zum einen die Liebe. Außerdem ging es um Masken, auch im Corona-Kontext und in Bezug zu Jesus, der ja auch oft in Gleichnissen gesprochen hat. Und am Ende hieß es statt Helau natürlich Amen!
Vergeht Ihnen nicht manchmal das Lachen wegen ihrer katholischen Kirche und angesichts der durch Corona und auch durch die Missbrauchsskandale leerer gewordener Kirchenbänke?
Keith: An der Amtskirche vergeht mir tatsächlich oft das Lachen. Das muss ist ehrlich zugeben. Aber etwas ganz anderes ist es ja, wie man Kirche vor Ort erlebt, in der Gemeinde, also hier in meiner Seelsorgereinheit. Ich bin jetzt seit einem Jahr da, es gefällt mir sehr gut, es macht Freude und Spaß. Und das Meiste läuft auch gut, selbst den Kirchenbesuch würde ich pauschal nicht als schlecht bezeichnen.
Das Lachen kann einem auch vergehen, wenn man in die Ukraine und in die Türkei schaut. War es gut, vor diesem Hintergrund Fasching zu feiern?
Keith: Das ist ein schwieriges Thema, aber absagen, wie 1991 beim Golfkrieg, hätte ich als nicht gut empfunden. Angesichts der Tatsache, dass der Fasching in der Corona-Zeit zweimal ausgefallen musste, haben die Narren diesmal einen großen Nacholbedarf. Ich würde Elend, Krieg und Freude auch nicht gegeneinander ausspielen. Wenn man sich einen schönen Abend macht, heißt das nicht, dass man die ernsten Themen ausblendet, dass man nicht verantwortungsbewusst damit umgeht und dass man vor allem auch helfen kann, über Spenden, wie das auch manche Faschingsvereine tun, oder im Gebet.
Heute ist ja Aschermittwoch, sind Sie gut durch die närrischen Tage gekommen?
Keith: Aber ja, ich war zum Beispiel bei der Prunksitzung der Jagstfelder Hühnerlausnarren beim Umzug in Gundelsheim. Das war super!
Karneval heißt ja, Fleisch leb wohl, also Fasten. Auf was verzichten Sie bis Ostern?
Keith: Ich werde auf jeden Fall auf Süßigkeiten verzichten und werde meinen Fleisch- und Wurstkonsum zurückfahren, aber nicht weil ich mich kasteien will oder mit aller Gewalt verzichten muss, sondern weil ich merke, dass einem Fasten gut tut, dass es frei macht. Wir leben in einem solchen Überfluss, dass wir Vieles als selbstverständlich nehmen, und uns so manches gar nicht bewusst machen. Wenn man auf etwas eine Zeit lang verzichtet, wird einem der Stellenwert um so mehr bewusst, man lernt es zu schätzen. Bezogen auf die Fastenzeit heißt das: Es ist keine Zeit der Miesepeter, sondern macht uns deutlich, alles hat seine Zeit. Früher hat mich das meine Mutter so gelehrt, dass sie mir im Advent die Spielsachen weggenommen hat, um sie mir an Weihnachten wieder zu geben. Da war die Freude um so größer.
Auf Wein verzichten Sie nicht. Ich persönlich finde das sehr beruhigend.
Keith: Nein, das ist schließlich eine von Gottes besten Gaben, und als Pfarrer brauche ich Wein ja für die Eucharistie, fürs Abendmahl.
Auf was wollen oder könnten Sie nie verzichten?
Keith: Auf den Kontakt und aufs Miteinander mit Menschen. Gerade der Pfarrer gehört unter die Leute und darf nicht nur im Pfarrhaus sitzen und warten bis jemand kommt. Früher hatten wir ja so eine Art Komm-her-Kirche, heute ist eine Kirche wichtig, die hingeht zu den Leuten. Um so schlimmer empfand ich die Corona-Zeit.
Fanden Sie die Einschränkungen angemessen?
Keith: Im Nachhinein könnte man das eine oder andere in Frage stellen. Aber angesichts der Tatsache, dass wir alle null Erfahrung mit sowas hatten, war es angemessen. Am Anfang war es dadurch natürlich sehr streng, aber es kamen dann ja auch Lockerungen.
Im Grund war die Zeit der Corona-Einschränkungen ja auch eine Art Fastenzeit, hatte das auch etwas Gutes?
Keith: Was ich immer wieder merke und spüre ist, dass die Menschen jetzt wieder eine unheimliche Sehnsucht und Freude dran haben, sich zu treffen und umso dankbarer dafür sind. Manche Veranstaltungen erleben ja einen regelrechten Run, berichten mir die örtlichen Vereine. Bei uns sind besonders Seniorennachmittage ganz stark gefragt. Ältere hat es ja auch besonders getroffen. Die Menschen schätzen das Miteinander, das Soziale hat einen wieder höheren Stellenwert.
Auf was freuen Sie sich am meisten, wenn die Fastenzeit nach gut sechs Wochen zu Ende geht?
Keith: Wieder Süßes zu essen, aber vor allem nach Gründonnerstag und Karfreitag wieder das Halleluja zu singen, dann ist Ostern, wenn das Leben siegt über das Dunkel und alle Trauer.
Zur Person Volker Keith
Volker Keith (53) wurde in Heilbronn geboren und wuchs in Ellhofen auf. Zunächst lernte er Industriekaufmann und Altenpfleger, dann studierte er ab 1997 katholische Theologie. 2010 wurde Keith zum Diakon geweiht, 2011 zum Priester. Pfarrvikar war er in Crailsheim und im Mittleren Jagsttal, ab 2015 wurde er Pfarrer in Schöntal, 2021 in der Seelsorgeeinheit Bad Friedrichshall/Offenau.

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