Wie ein junger Rapper Erfolg im harten Musikbusiness finden will
17 Jahre alt, den Hip-Hop im Herzen, einen großen Traum vor Augen: Andi Krush wohnt in Bad Friedrichshall und will weltbekannt werden.
Ein verlassenes Parkdeck in Heilbronn. Langsam fährt ein roter Ferrari vor. Tätowierte Mädels begleiten ihn tänzelnd zu den Rhythmen von Andi Krush. „Ich sag einfach nur, jeder kriegt was er verdient“, rappt dieser, während er auf dem offenen Cabrio-Verdeck sitzt und seine Worte mit ausschweifenden und zugleich weichen Gesten untermauert. Der 17-Jährige fällt auf: wilde blonde Mähne, Nasenpiercing, dicke Ohrringe aus Holz, die Arme mit Tattoos übersät. Wer ist dieser Typ, der da verwegen auf einem glänzenden Ferrari rappt und in seinem Musikvideo befiehlt: „Komma klar“?
Ein provisorisches Musikstudio Im Hintereingang der Pizzeria Tartufo in Bad Friedrichshall steht die Tür bereits offen. Andi Krush – der eigentlich Andreas Calogero Galiano heißt – eilt die Holztreppe hinunter, als es klingelt. Die blonde Mähne, die er im Musikvideo noch wild getragen hat, ist inzwischen zu Braids nach hinten geflochten und knallig rot gefärbt. Ein Pullover verdeckt die Tattoos. Seine Handbewegungen sind jedoch fast die gleichen geblieben. Nach oben ins Studio lädt er mit Gesten ein, die ihn schnell als Rapper enttarnen.
Die ersten Stufen auf dem harten Weg ins Musikbusiness hat er bereits genommen. „Früher war ich nur auf Deutschrap fokussiert“, erklärt Andi Krush. Er hat auf einem Stuhl in einem kleinen Zimmer Platz genommen, das er und sein Bruder mit Laptop, Aufnahmegerät und Synthie ausgestattet und zu einem Musikstudio umfunktioniert haben. „Aber ich will ja nicht nur national, sondern weltweit bekannt werden. Wie Post Malone.“ Deshalb textet er inzwischen nur noch auf Englisch.
Video von Post Malone führte zur Idee
Andi Krush hat sein Idol Post Malone auf dem großen Fernseher gesehen, der im Gastraum der Pizzeria hängt. Krush hilft in dem Restaurant seines Vaters manchmal aus, um Geld zu verdienen. Auch Ende 2017 stand er hinter dem Tresen und zapfte Bier, als der US-Rapper mit seinem Song „Rockstar“ über den Bildschirm flimmerte. „Da dachte ich: Ich mache auch Rap.“ Seine Augen glänzen, wenn er davon erzählt, in den Wangen bilden sich kleine Grübchen.
Doch wo anfangen? Für Andi Krush war der nächste Schritt logisch. Er ging zu seinem älteren Bruder und erzählte ihm von seinen Plänen. Salvatore Galiano spielte in der Heilbronner Pop-Punk-Band Even Temper Gitarre. Er schlug Krush vor, sich an Tim Eiermann zu wenden. Der ehemalige Sänger von Liquido produziert mittlerweile Musik in seinem Tonstudio in Sinsheim und gibt dort Unterricht. 60 Euro zahlt Andi Krush, um jeden Dienstag zwei Stunden lang beim Profi zu lernen. Zusammen experimentieren sie, nehmen Beats auf, basteln an Tracks.
Karriere als Musiker statt Ausbildung
Kaum zu Hause, macht Krush weiter. Er feilt an Texten, an den Versen, am Chorus – und an seiner Karriere als Musiker. Erst im Sommer hat der 17-Jährige die Schule abgeschlossen. „Man muss sich oft anhören: Mach‘ eine Ausbildung, such‘ dir einen Job“, erzählt er. Doch für Andi Krush ist klar: „Ich werde alles dafür tun, dass sich meine Karriere aufbaut und ich als Musiker wachse.“
Ein bisschen sieht er sich wie den Koi, der zwischen anderen Tattoos auf seinem linken Oberarm prangt. Normalerweise schwimmen diese den Bach hinunter. Doch der Koi auf Andi Krushs Oberarm schafft es sogar, einen Wasserfall hinauf zu springen. „Weil er an sich glaubt“, erklärt Krush. „Das ist wie ein Musiker. Der macht auch alles anders als andere.“ Dafür ist er auf der Suche nach seinem eigenen Stil. Nicht dramatisch sei der. Vielmehr mache er „ganz verrückte Songs“. Die Leute sollen beim Hören wissen, „das ist der Andi Krush“.
Krush legt viel Wert auf die Optik
Nicht nur in seinen Sound investiert Krush. Auch die entsprechende Optik ist ihm wichtig: „Ich will immer einen anderen Style haben: Tattoos, Piercings, Braids ...“. Wenn er nicht gerade an Songs wie „Komma klar“, „Diese Melodie“ oder „Lemon Ice Cream“ arbeitet oder Blogs anschreibt, posiert er vor der Kamera seines Cousins. „Selbst, wenn man auf Instagram nur ein Foto posten möchte, braucht das schon seine Zeit.“ Setzt er gute Hashtags zu den Bildern, bekommt er viele Klicks. Die sind eine wichtige Währung im Musikbusiness. Denn: „Als Newcomer kauft niemand deine Tracks.“ Erst, wenn man berühmt sei, bekämen die Leute das Gefühl, sie müssten die Tracks kaufen, ist Andi Krush überzeugt. „Weil sie sonst etwas verpassen.“
Die Enttäuschungen am Anfang hat er einkalkuliert: „Der Trick ist, einfach weiterzumachen.“ Dafür investiert er viel Zeit und Geld: Er tüftelt mit Tim Eiermann an seinen Songs, schickt diese zum Mastering in die USA und lässt professionelle Musikvideos drehen. „Man investiert, obwohl man nicht weiß, ob sich das alles auszahlt“, weiß er. Und betont das große Glück, das er mit seinen Eltern hat: „Die können es nachvollziehen, dass man im Leben auch etwas anderes machen und ein bisschen heraustreten möchte. Die unterstützen uns zu 100 Prozent.“
Video hat bereits mehr als 40.000 Aufrufe
Ein bisschen hat sich sein Engagement bereits gelohnt. Das Musikvideo, in dem er auf dem Ferrari „Komma klar“ rappt, wurde auf YouTube rund 40.000-mal geklickt. Das erste Konzert hat er im „Plan B“ durchgezogen, obwohl er sehr nervös war. Und von den nächsten Schritten träumt er schon. Bekommt er einen Vertrag, will er nach Berlin ziehen. Bekommt er keinen, will er in die USA gehen. Nach Los Angeles. „Dahin, wo alles passiert.“