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Wie E-Roller unsere Fortbewegung verändern könnten

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In anderen europäischen Ländern werden Fahrradfahrer schon jetzt von E-Rollern und anderen Mini-Fahrzeugen überholt. In Deutschland dürfen sie bisher noch nicht auf öffentlichen Straßen und Gehwegen fahren.

Von Christoph Donauer und Manfred Stockburger
 Foto: Electric Empire

Es staut sich in Kopenhagen. Allerdings nicht auf der Straße, sondern auf dem Radweg. Längst gibt es in der dänischen Hauptstadt mehr Fahrradfahrer als Autofahrer, weshalb es zu Stoßzeiten auf dem Radweg eng wird.

Seit wenigen Monaten sind Fahrradfahrer aber nicht mehr die schnellsten. Sie werden von Elektro-Rollern überholt, was in Kopenhagen dank der gut ausgebauten und fast zwei Meter breiten Fahrradspuren kein Problem ist. Viele der E-Roller sind gemietet, von Touristen und Menschen, die sonst nicht auf dem Radweg unterwegs sind. "Die denken, es ist total hip, mit so einem Roller herumzufahren. Dabei ist das unsere Art, wie wir uns fortbewegen. Hier ist dein Fahrrad ein Ersatz fürs Auto", erzählt eine Studentin.

Der Wettbewerb um das beste Konzept ist in vollem Gange

Es gibt die Fahrzeuge in allen Farben und Formen: mit zwei und vier Rädern, als motorisiertes Skateboard und als elektrischen Roller, mit Lenker und mit Haltestange. Mit und ohne Bremse. Mit Licht und ohne. Und mit völlig unterschiedlichen Reichweiten und Höchstgeschwindigkeiten. Der Wettbewerb um das beste Konzept ist in vollem Gange, bei Onlinehändlern wie Amazon oder auch beim Discounter Norma sind verschiedene Varianten erhältlich. Eines haben die Mikro-Vehikel gemeinsam: Auf öffentlichen Straßen oder Gehwegen dürfen sie in Deutschland nicht fahren. Bald könnte sich das ändern.

Denn darüber wird in Berlin derzeit heftig gestritten. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will den Trend erkannt haben. Er sieht in den Geräten eine Möglichkeit, die sogenannte "letzte Meile" zurückzulegen − vom Parkplatz oder Bahnhof zur Arbeit etwa.

Auch interessant: Martin Sammet aus Hößlinsülz ist einer wenigen Besitzer eines Onewheels. Mit dem 30 Stundenkilometer schnellen Elektro-Fahrzeug braust er durch die Region

 

 

 

 

 Foto: Electric Empire

In Deutschland dürfen E-Roller bisher nur auf Privatwegen fahren

Deshalb plant er eine Verordnung, um die kleinen Fahrzeuge zu legalisieren. Anders als in Skandinavien, Wien oder Barcelona dürfen E-Roller in Deutschland bisher nur auf Privatwegen fahren. Scheuer will das ändern: Bis 20 Stundenkilometer sollen E-Scooter auf Radwegen oder der Straße fahren, heißt es in seinem Entwurf. Bis 12 km/h sollen sie auch auf Gehwegen erlaubt sein. Der Norma-Roller schafft bis zu 40 Sachen, mit einer Batterieladung etwa eine Stunde lang. 700 Euro kostet er, kleinere Modelle sind schon für 200 Euro erhältlich.

Lars Zemke ist mit Scheuers Vorschlag nicht glücklich, weil aus seiner Sicht zu viele Einschränkungen enthalten sind. Er kämpft dafür, dass E-Roller, aber auch andere elektrische Kleinstfahrzeuge, legalisiert werden. "Es geht um kleinräumigen Verkehr in Städten und auf dem Land. Das geht gut mit einem Roller, den ich ins Auto oder in die Bahn mitnehmen kann." Sinnvoll findet er das auch für Menschen, die nicht gerne Fahrrad fahren. In anderen Ländern hat Zemke gesehen, dass die Roller gut ankommen: "Die Menschen fahren damit, das macht Spaß." Auf dem Gehweg zu fahren, ist für ihn jedoch keine gute Lösung. "Wir wollen keinen Kampf gegen die Fußgänger. Es muss dahin gehen, den Autoverkehr einzuschränken", sagt Zemke. Dann seien E-Roller, Skateboards und Einräder ein sinnvolles Fortbewegungsmittel.

Noch nicht klar, ob gekaufte E-Roller zugelassen werden

Problematisch findet es der Berliner, dass schon jetzt viele E-Roller verkauft werden, bei denen unklar ist, ob sie zugelassen werden. "Den Volksroller sehe ich da noch nicht. Und solche Roller kann man nicht für 500 Euro produzieren." Er sieht eher Chancen für Sharing-Unternehmen, die E-Roller in großer Zahl zum Mieten anbieten. "Das werden die ersten Modelle sein, die wir auf den Straßen sehen." Ob der Bundesrat die Verordnung wie geplant am 17. Mai annimmt, da ist Zemke bisher noch skeptisch.

 Foto: Martin Wagenhan, Audi

Entsprechend zurückhaltend ist auch Audi, obwohl der Autohersteller bereits seit Sommer 2016 an dem Thema tüftelt. "Der erste fahrbare Prototyp wurde für eine interne Vorentwicklungsmesse im September 2017 entwickelt", erzählt Thorsten Schrader, der bei Audi in der Abteilung Vorentwicklung Fahrzeugkonzepte arbeitet. Dort ist er unter anderem als Projektleiter für die Mikromobilität zuständig. "Der Nutzer kann den Scooter wie ein Skateboard entspannt mit den Füßen lenken und gleichzeitig dank der Bremsen und der Haltestange gut kontrollieren", sagt Schrader. Daraus ergäben sich ergonomische und praktische Vorteile. "Der Nutzer kann den Scooter zusammenklappen und wie einen Trolley hinter sich herziehen."

Audi-Scooter auf der Heilbronner Buga im Einsatz 

Ob der E-Tron Scooter, wie die Ingolstädter das Produkt getauft haben, in Serie geht, ist noch offen. Das werde derzeit geprüft, heißt es bei Audi. Auch deswegen ist der Audi-Scooter auf dem Heilbronner Buga-Gelände im Einsatz: Mitarbeiter und Bewohner der Musterhäuser können den Mikro-E-Tron dort testen − als "erlebbaren Prototyp", wie Schrader sagt. Seriennah. "Wir möchten schauen, ob es in der Öffentlichkeit Interesse an einem solchen Produkt gibt." Auf den Radwegen von Kopenhagen zeigt sich schon jetzt, dass die E-Flitzer vielen gefallen. Spätestens dann, wenn man mit 20 Sachen mühelos die Radfahrer hinter sich lassen kann.

 

 

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