Wetterbilanz 2020: Fast so staubtrocken wie im Extremjahr 2018
Die Wetterbilanz 2020 setzt den Trend der Vorjahre fort. Es war in Öhringen das zweitwärmste Jahr seit 1947. Gerade im Sommerhalbjahr fiel zu wenig Regen. Sehr spärliche Regenmengen gab es auch im Kraichgau. Kreisforstamtsleiter Martin Rüter blickt mit Sorge in die Zukunft.

Auch im Corona-Jahr fällt die Wetterbilanz am Jahresende ernüchternd bis kritisch aus. Der Trend setzt sich fort: Es war zu warm und zu trocken. Deutschlandweit lagen neun der vergangenen zehn Jahre beim Niederschlag unter dem langjährigen Mittel - und es war das zehnte Jahr in Folge, in dem die Jahresmitteltemperatur den vieljährigen Mittelwert übertraf. Als "alarmierend" nannte Wetterdienst-Klima-Vorstand Tobias Fuchs gegenüber der Deutschen Presse-Agentur die wissenschaftlichen Klimafakten.
Bei uns viel wärmer als im Baden-Württemberg-Durchschnitt
Und bei uns? Die Daten der amtlichen Stationen mit langjährigen Vergleichen zeigen: Auch 2020 war es mit 11,8 Grad Jahresmitteltemperatur in Öhringen und Obersulm überdurchschnittlich warm. Der Wert liegt deutlich über der Mitteltemperatur von ganz Baden-Württemberg (10,4 Grad) im Jahr 2020. Und für Öhringen ist es der zweithöchste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1947. Nur im extremen Trockenjahr 2018, als Bäche im Sommer trockenfielen, Bäume abstarben und Ackerpflanzen verdorrten, war es noch etwas wärmer (12,0 Grad). Über 30 Hitzetage waren damals ein Rekord.
Zum Beispiel in Öhringen fiel 2020 wieder sehr wenig Niederschlag. 643 Liter je Quadratmeter (bis 29.12.) sind nicht viel mehr als im krassen Trockenjahr 2018. Und im Sommerhalbjahr von April bis September fiel für die Vegetation erneut nur spärlich Regen. Mancherorts begannen Ackerpflanzen gar nicht mit dem Keimvorgang.
"Es war deutlich zu trocken", sagt Andreas Pfaffenzeller vom Deutschen Wetterdienst in Stuttgart zu den 2020er Werten. Der Trend zeige in den letzten beiden Jahrzehnten, dass es immer wärmer werde. Beim Niederschlag gehe es eher in Wellen. Aber auch da seien zuletzt "viele Trockenjahre" dabei gewesen. Immerhin: Bei der Zahl der heißen Tage über 30 Grad blieb das Jahr 2020 noch einigermaßen im Rahmen und kratzte nicht an der Schwelle mit 30 Hitzetagen oder mehr.
200 Liter Niederschlag fehlen, Gundwasserstände sind weiter niedrig
Der Vergleich der jüngsten vier Jahre beim Niederschlag zeigt große Sprünge. Ob es 850 Liter oder nur 643 Liter regnet, sind immense Unterschiede. 200 Liter weniger bedeuten ein spürbares Defizit für Pflanzen und Grundwasser. Auch Kreisforstamtsleiter Martin Rüter blickt mit Sorgen auf die Wetterdaten. An einer privaten Station in Eppingen-Adelshofen hat er fürs Jahr 2020 ähnliche Zahlen: Rund 600 Liter im gesamten Jahr sind wenig, 210 Liter im Sommerhalbjahr (April bis September) ein Problem.
"Die Bodenfeuchte ist in einem schlechten Zustand, die Grundwasserstände sind weiter zu niedrig", stellt er fest. Man müsse auch in Zukunft mit weiteren Trockenjahren rechnen. Leidtragende im Wald sind vor allem die Buchen und Fichten, die mit Trockenstress nicht gut klar kommen. Und: Die Kiefer leide unter der Hitze. Fast alle heimischen Baumarten "leiden bei Temperaturen über 30 Grad."
Aus Forstsicht mache man sich schon Sorgen, sagt Rüter. "Der Wald wird bleiben", ist er überzeugt, "aber die Zusammensetzung wird sich verändern." Bei der Wiederaufforstung werde man nur noch klimastabilere Arten verwenden, auf einigen Flächen auch mit Baumarten Neuland betreten. Deutlich besser mit Trockenheit klar kämen zum Beispiel Eiche, Wildkirsche, Spitzahorn, Elsbeere, Speierling, Roteiche, Douglasie und die heimische Weißtanne. Ein großer Vorteil ist für Rüter, dass in der Region seit Jahrzehnten schon ein Mischwald ohne große Monokulturen angelegt worden sei.
Auch das war ungewöhnlich: Kein Eistag, keine Schneedecke im Januar und Februar in Öhringen
Das Wetterjahr 2020 hatte für Wetterdienst-Experte Andreas Pfaffenzeller weitere Besonderheiten: Der Winter brachte in Öhringen keinen Eistag mit Temperaturen ganztägig unter null Grad (Mittel sind 18 Eistage). Eine geschlossene Schneedecke wurde weder im Januar noch im Februar notiert. Orkantief Sabine zog Anfang Februar mit Böen bis zu 119 Stundenkilometer durchs Land. Und: Die Sonne schien in Öhringen 2016 Stunden - das sind 18 Prozent mehr als das langjährige Mittel und damit Rang vier seit 1955.