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Wengerter stehen in den Startlöchern zur Traubenlese

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Nach einem ziemlich trockenen Sommer beginnt dieser Tage die Weinlese des 2020er-Jahrgangs. Punktuell wurden schon Trauben für Raritäten geerntet. Die Aussichten sind grundsätzlich sehr gut, bei der Erntemenge gibt es Abstriche.

Das Weingut Amalienhof hat in Beilstein schon am Donnerstag Wildmuskat gelesen. Die rare Traubensorte ist sehr früh reif und mit 96 Grad Oechsle (am 3. September) auch sehr süß. Foto: Andreas Veigel
Das Weingut Amalienhof hat in Beilstein schon am Donnerstag Wildmuskat gelesen. Die rare Traubensorte ist sehr früh reif und mit 96 Grad Oechsle (am 3. September) auch sehr süß. Foto: Andreas Veigel  Foto: Veigel

Als Christian Seybold aus Lauffen am 31. Juli von seinen Tafeltrauben nascht, ist er "erschrocken, wie süß die schon sind". Inzwischen vermarktet er sie in großem Stil. Am 10. August schneidet im pfälzischen Weisenheim Weinkönigin Anna-Maria Löffler Solaris vom Stock, um daraus Federweißen zu gewinnen. Familie Berthold aus Neckarsulm erntet Ende August eine Grauburgunder-Junganlage ab.

Mathias Göhring vom Heilbronner Weingut Amalienhof bläst am 3. September zur Wildmuskat-Lese am Beilsteiner Steinberg, wo die Rarität exklusiv angebaut und auch als Jungwein namens Herbstepisode vermarktet wird. Die Genossenschaftskellerei Heilbronn nimmt nächste Woche Trauben an, vornehmlich für Traubensaft und Sektgrundwein.

Früher im Parka, heute im T-Shirt

Für solche Besonderheiten greifen jetzt einige Wengerter zur Schere. Doch die "richtige Weinlese" beginnt erst Mitte September, womit sich eine jüngere Bauernregel zur Traubenlese bewahrheitet: früher im Parka, heute im T-Shirt. Früher begann die Ernte meist erst im Oktober. Im Zuge des Klimawandels rückte sie in den September, wovon das Lesefest auf dem Wartberg zeugt, das heuer am 27. stattfindet und ursprünglich den Ernteauftakt einläutete. Heute liegt der Zehn-Jahres-Schnitt bei Mitte September, so auch 2020, wobei es im Hitze-Jahr 2018 sogar August-Wein gab.

Wichtiger Parameter für den Lesezeitpunkt ist der Reifegrad der jeweiligen Sorte. Nach den ersten Untersuchungen der Weinbauschule Weinsberg bewegen sich die in Oechsle gemessenen Zuckerwerte 2020 im Schnitt. Bei Sonne legen sie täglich um ein Grad zu. Die Säurewerte sind schon niedrig, wobei kalte Nächte die Aromenbildung fördern. Wie die Qualität des 2020ers ausfällt? Eine alte Bauernregel weiß: Das zeigt sich im Keller. Auf der Zielgeraden spielt das Wetter eine wichtige Rolle.

Jüngster Regen war ein Segen

"Derzeit sieht es fast überall sehr gut aus", weiß Weinbauberater Lothar Neumann aus Schwaigern. Die starken Regenfälle von meist 20 bis 30, punktuell auch mehr Liter pro Quadratmeter zum Monatswechsel seien "ein Segen gewesen", zumal es den Sommer über "brutal trocken war".

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Dank inzwischen meist gut eingespielter Tröpfchenbewässerung in jüngeren Anlagen seien die Trauben "im Wesentlichen sehr gesund" und litten nur vereinzelt unter Trockenstress. Die Schäden durch Sonnenbrand, der Ende Juli bei über 35 Grad vor allem Trollingerbeeren zu Rosinen hatte schrumpfen lassen, fielen weniger ins Gewicht als 2019.

Maifrost führt zu teils großen Ausfällen

Teils erhebliche Ertragseinbußen bewirkt laut Neumann punktuell aber der Spätfrost, der pünktlich zu den Eisheiligen Mitte Mai vor allem im Weinsberger Tal, Bottwartal, Leintal, Zabergäu und am Stromberg zuschlug. "In manchem Wengert hängen viele nachgetriebene Geiztrauben, die erst im November reif werden könnten, wenn überhaupt." Nicht nur hier sei eine selektive Lese notwendig.

"Noch zurück" halte sich wegen Trockenheit und Hitze die berüchtigte Kirschessigfliege, während Neumann weiß, dass mancherorts besonders viele Wespen zugange sind, die nicht nur Beeren anstechen und sauer werden lassen - sondern womöglich auch den einen oder die andere Lesehelferin.

 

Der Weinbauverband Württemberg dürfte nächsten Mittwoch bei der traditionellen Herbstrundfahrt mit dem Landes-Agrarminister, die diesmal zu den Heuchelberg Weingärtnern führt, eine Mengenprognose wagen. Manche schätzen das Minus - bei regional und lokal großen Unterschieden - auf insgesamt 30 Prozent. Wobei auch hier erst am Ende abgerechnet wird.

 
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