Weinbranche hat nicht nur gesunde Trauben im Blick
Die 69. Württemberger Weinbautagung im Zeichen der Nachhaltigkeit Südtirol und Österreich sind schon weiter als die deusche Weinbranche.

Erlebt die gute alte Literflasche eine Renaissance? Diese Frage drängte sich bei der 69. Württemberger Weinbautagung auf, die corona-bedingt nicht in der Weinsberger Hildthalle, sondern mit bis zu 700 Nutzern online über die Runden ging. Sie stand im Zeichen der Nachhaltigkeit. Eine zentrale Erkenntnis: Verpackungen machen über 60 Prozent der Emissionen eines Weinguts aus, die Kellerwirtschaft 24 Prozent, die Arbeit im Wengert nur 19 Prozent.
Mehrwegflaschen wie beim Bier oder Sprudel hätten also ein hohes CO2-Sparpotenzial. Dies hob Helena Ponstein vom Deutsches Institut für Nachhaltige Entwicklung (Dine) an der Hochschule Heilbronn hervor. Sie sprach von einer dramatischen Verschiebung der Weinbauzonen weg vom Mittelmeerraum nach Norden. Vor diesem Szenario zeigte Ponstein, wie wichtig es ist, möglichst klimaschonend zu wirtschaften.
Handel als Treiber
Professorin Martina Böhm von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Heilbronn ging davon aus, dass sich nachhaltiges Verhalten angesichts aktueller Debatten lohnt, auch finanziell. Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) positioniere sich dabei immer mehr als "Treiber von Nachhaltigkeit". Ein nachhaltiges, an Kunden und Endverbrauchern orientiertes Unternehmenskonzept sei also für Güter und Genossenschaften "nicht nur wünschenswert, sondern überlebensnotwendig".
Vorbilder Österreich und Südtirol
In Alpenregionen ist man weiter. Unter dem Motto "Mut zum Wandel" stellte Alfred Strigl anhand der Südtiroler Weinagenda 2030 Ansatzpunkte für einen ganzheitlich-nachhaltigen Weinbau vor, und zwar in den fünf Aktionsfeldern Boden, Rebe, Wein, Menschen, Landschaft. Konkreter wurde Franz G. Rosner aus Klosterneuburg/Wien mit der Zertifizierung "Nachhaltig Austria", in die 360 Einzelmaßnahmen einfließen: vom Rebenanlegen über die Traubenkultivierung und Vinifizierung bis zum Verkauf. Dabei stünden die Auswirkungen durch Treibhausgase und die Ressourcenschonung sowie soziale und ökonomische Maßnahmen im Mittelpunkt.
Grenzen des Pflanzenschutzes
Vor dem Hintergrund des schwierigen Anbaujahres 2021 zeigte Karl Bleyer von der Weinbauschule Weinsberg die Grenzen des Pflanzenschutzes auf. Gerade Ökos hatten große Probleme, hieß es. Mit Blick auf das Bundesnaturschutzgesetz und das Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes erklärte Michael Breuer vom Weinbauinstitut Freiburg, wie sich Pflanzenschutzmitteln dauerhaft reduzieren lassen. So müssten die in Württemberg schon verbreiteten Prognosemodelle oder "abdrift-mindernde" Techniken stärker in den Fokus rücken: etwa Spritzdrohnen, auf deren Einsatzmöglichkeiten, vor allem in Steillagen, der Weinsberger Forscher Manuel Becker abhob.
Minister im Funkloch
In ein Funkloch, so stellten die Moderatoren Dieter Blankenhorn und Kurt Mezger fest, fiel Agrarminister Peter Hauk - und damit auch sein Grußwort am Handy.

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