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Was wirklich im Salzbergwerk Heilbronn lagert

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Für Wirbel hat ein Fernsehbeitrag des SWR gesorgt, in dem von hochgiftigen Abfällen im Bergwerk Heilbronn und einer Bedrohung für das Grundwasser die Rede war. Die Verantwortlichen der Salzwerke hatten sich in der Sendung geweigert, Stellung zu beziehen. Nun geben sie Antworten.

Sobald ein Stollen in der Untertagedeponie des Salzbergwerks Heilbronn vollgestapelt ist, wird die Lücke vollgeblasen.
Foto: Mugler
Sobald ein Stollen in der Untertagedeponie des Salzbergwerks Heilbronn vollgestapelt ist, wird die Lücke vollgeblasen. Foto: Mugler  Foto: Mugler

 

Was wird im Salzbergwerk eingelagert?

Man muss unterscheiden zwischen der Verfüllung abgebauter Kammern mit sogenanntem Versatzmaterial und der Untertage-Deponie. Für den Versatz dürfen nur Materialien verwendet werden, die vom Gesetz her als Schüttgüter und nicht als Gefahrstoffe gelten. Den größten Anteil machen dabei gering belastetet Filterstäube und Schlacken aus Müllverbrennungsanlagen aus, gefolgt von Gießereisanden und Bauschutt, erläutert Andreas Klotzki, Geschäftsführer der Salzwerke-Tochter UEV. In die Untertagedeponie werden giftigere Stoffe eingebracht - zum Beispiel Härtereisalze, Stoffe mit Arsen oder Cyaniden. Sie müssen in speziellen Behältern eingelagert werden, erläutert er.


Handelt es sich dabei auch um radioaktives Material?

Radioaktives Material darf nicht im Bergwerk eingelagert werden, sagt Technik-Vorstand Wolfgang Rüther. Bis vor etwa zehn Jahren wurde aber sogenanntes freigemessenes Material aus dem Abriss der Nukem-Anlage in Hanau angeliefert - dann entschied der damalige Vorstand, auch diese Stoffe nicht mehr anzunehmen. Freigemessen heißt übrigens, dass vor dem Abtransport von der Abriss-Stelle auf Radioaktivität gemessen und kein irgendwie erhöhter Wert festgestellt wurde.


Gibt es für eine Untertagedeponie irgendwelche Mindesttiefen?

Es gibt für eine normale Untertagedeponie keine Mindesttiefen, sagt Rüther. Nur für ein atomares Endlager muss eine Mindesttiefe von 300 Metern erfüllt werden. Da das Bergwerk Heilbronn nur 200 Meter tief ist, kommt es dafür gar nicht infrage.


Wie sicher sind die Gruben Kochendorf und Heilbronn?

"Würden wir gar nicht verfüllen, würde das Bergwerk mehr als 1000 Jahre stabil bleiben", sagt Markus Mathey, Bereichsleiter Steinsalz. Durch den Versatz sei die Grube mehr als 10.000 Jahre standfest.


Aber es gab doch Wassereinbrüche am Schachtsee, in den 80er Jahren in Kochendorf, 2008 bei Biberach...

Ja, aber sie hatten jeweils verschiedene Ursachen, sagt Mathey: "Der Schachtsee entstand im 19. Jahrhundert, als man Salzbergwerke noch nach dem Prinzip Versuch und Irrtum betrieb." Bei Jagstfeld sei jener Bereich eingebrochen, der am instabilsten war. Dort seien auch 75 Prozent des Salzes herausgenommen und nur der Rest als Pfeiler stehengelassen worden. In den Gruben Kochendorf und Heilbronn liegt das Verhältnis bei 60 zu 40. Bei den Wassereinbrüchen in Kochendorf handelte es sich um Lauge aus jener Zeit, als das Salzlager sich bildete, nicht um Grundwasser, erläutert er weiter. Und das Wasser bei Biberach stand in einem - in den Akten nicht verzeichneten - Bohrloch von Solvay, auf das man beim Abbau stieß. Es wurde abgedichtet und stellt keine Gefahr mehr da, versichert er.


Außerdem musste doch vor zwei Jahren der relativ neue Schacht Konradsberg schon saniert werden. Warum?

Weil der Betonsockel, auf dem die Dichtungsschicht des Schachts aufsetzt, von der Anhydrit- in die Salzschicht verlagert wurde. Dadurch wurde der Schachtdurchmesser um etwa zehn Zentimeter verengt, erläutert Rüther.


Und was ist mit den herabgestürzten Gesteinsmassen in einer Deponiekammer?

Die Kammer war etwa 20 Jahre verschlossen, und in dieser Zeit sind die Massen allmählich eingebrochen. Dies sei der einzige Vorfall in der Grube Heilbronn, sagt Rüther. Weil das heruntergefallene Material nicht so kompakt ist wie festes Gestein, hört solch ein Einbruch bald von alleine auf, weil die gefallenen Steine die Decke wieder stützen.


Wie stark werden die Kammern verfüllt?

Jene alte Deponiekammer war nicht vollständig gefüllt worden. Inzwischen werden alle Kammern, ob Deponie oder Versatz, komplett und bis zur Decke gefüllt. Es gibt sogar regelmäßige Kontrollen, ob die Massen wieder zusammengesackt sind - dann wird nochmals verfüllt, erläutert Mathey.


Was sagen Gutachter zur Sicherheit des Bergwerks?

Seit 2013 wurden zwei Gutachten erstellt, zur Sicherheit des Versatzbergwerks Heilbronn mitsamt Deponie und zur Sicherheit des geplanten neuen Versatzbergwerks. Die Gutachter gaben Empfehlungen für die Verfüllung, für Sicherheitsmaßnahmen und Kontrollen. Unter diesen Voraussetzungen seien die Gruben sicher, schreiben sie.


Und warum waren in dem Fernsehbeitrag Stellen in den Gutachten geschwärzt?

Weil jene Seiten - etwa zehn Prozent der Gutachten - Daten enthalten, die auch Mitbewerber interessieren könnten, etwa wie die eingelagerten Massen beschaffen sind oder verdichtet werden, sagt Rüther.


Wo gibt es noch weitere Infos?

Auf der Internetseite der Salzwerke zum künftigen Versatzbergwerk: www.salzwerke-dialog.de


Kommentar von Heiko Fritze: Gesprächsbereit

Vielleicht liegt es an dem alten Sprichwort: "Wir man in den Wald hineinruft, so schallt es hinaus". Das schildert trefflich, was in der Kommunikation zwischen einem Fernsehjournalisten und den Salzwerke-Verantwortlichen nicht geklappt hat: Nachdem vor sieben Jahren schon einmal ein Beitrag erschien, den die Salzwerke-Leitung als tendenziös und einseitig empfand, stand sie für eine Neuauflage nicht mehr zur Verfügung. Das ist verständlich, wirkt sich aber in bundesweit ausgestrahlten Magazinen schnell als mediales Eigentor aus.

Dabei sind die Verantwortlichen, vom Vorstand bis zu den Abteilungsleitern des Bergwerks und des Entsorgungsbetriebs, zu Gesprächen bereit. Sie nehmen Stellung zu allen kritischen Anmerkungen und Fragen, mögen sie auch einem langjährig Beschäftigten in diesem Betrieb noch so oberflächlich oder unzutreffend erscheinen. So war es öffentlich zu erleben im vorigen Oktober, als es eine Informationsveranstaltung zur geplanten Erweiterung des Versatzbergwerks gab. Das Interesse war übrigens eher gering - ein Anzeichen, dass die Bevölkerung diesen Plan nicht gerade als besonders dramatisch einstuft.

Wer kritische Fragen ohne vorurteilsbehafteten Grundton stellt, bekommt auch ehrliche Antworten. Sogar zu Bergschäden oder Wassereinbrüchen. Derjenige muss aber auch akzeptieren, dass dadurch Vorurteile entkräftet werden können.

 

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