Was muss passieren, damit die Fische in die Schozach zurückkehren?
Die Gemeinden entlang des Flusses lassen nach dem Giftunglück den Lebensraum untersuchen. Parallel dazu ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Gewässerververunreinigung.

Tote Fische, Schaumkronen, fieberhafte Suche nach der Quelle des Gifts - die Bilder vom April sind noch in lebhafter Erinnerung. Durch einen Unfall auf einem Logistikareal war der Grundstoff für ein Reinigungsmittel auf Alkoholbasis in die Schozach gelangt, mit verheerenden Folgen.
Die Feuerwehrleute und Bauhofmitarbeiter sind mittlerweile mit anderem beschäftigt, die Aufarbeitung des Unglücks ist aber noch nicht abgeschlossen. Bürgermeister und Fischereiverband lassen untersuchen, wie künftiges Leben in der Schozach aussehen soll, auch juristische Konsequenzen des Unglücks stehen nach wie vor im Raum.
Die gute Botschaft: Kleinstlebewesen im Fluss haben das Unglück weitgehend unbeschadet überstanden, wie Untersuchungen kurz nach dem Unglück ergeben haben. "Das ist für die Wiederbelebung des Flusses wichtig", sagt der Diplom-Biologe und Sachverständige für Gewässerökologie, Berthold Kappus. "Sie tragen zur Selbstreinigung der Schozach bei und dienen den Fischen als Nahrung."
Ergebnisse im nächsten Jahr
Rund 20 Fischarten hält der Biologe für ein Gewässer wie die Schozach für typisch, darunter Weißfischarten wie Hasel, Nase, Barbe oder Forelle. "Aber gerade an der Forelle kann man sehen, wie wichtig die Lebensumstände sind. Wenn der Untergrund zu fest ist, schafft sie es nicht, ihre Eier abzulegen, und es klappt nicht mit der Vermehrung", erläutert Kappus. Diese Lebensumstände soll die bei ihm in Auftrag gegebene gewässerökologische Untersuchung beleuchten. Bis Mitte nächsten Jahres könnten die Ergebnisse der Untersuchung vorliegen.
"Wir wollen den Zustand von vor dem Unglück erreichen oder sogar eine Verbesserung", sagt Talheims Bürgermeister Rainer Gräßle. Dafür müsse man den Fluss als Ganzes betrachten - auch die weiteren Anrainer Untergruppenbach, Abstatt, Neckarwestheim, Lauffen, Flein und Heilbronn würden einbezogen.
Fluss im Ganzen untersuchen
Kein einfaches Unterfangen, wie der Biologe ausführt, auch dauern werde es womöglich lange. "Im Fall des Jagstunglücks vor vier Jahren ist der Fluss bis heute nicht in Ordnung. Die Hoffnungen ruhen auf der Wiederbesiedlung aus anderen Bereichen des Flusses", erläutert Berthold Kappus. Dafür müsse über Hindernisse in Form von Bauwerken nachgedacht werden. Was den Besatz mit Fischen angeht, zeigt er sich skeptisch. "Man muss den Bestand an dem Ort, von dem die Fische stammen, im Blick behalten." Jetzt müsse untersucht werden, was die Tiere benötigen, um selbstständig zu überleben und den Fluss neu zu bevölkern - auch die Zuflüsse spielen eine Rolle. "Die erwähnten 20 Arten müssen mit allem klarkommen, was in die Schozach gelangt."
Neben der Frage, wie es mit den Fischen in der Schozach weitergeht, geht es im Fall des Giftunglücks auch um Geld. Das Unternehmen habe bisher alle eingereichten Rechnungen bezahlt, sagt Ilsfelds Bürgermeister Thomas Knödler - Beträge in Höhe von mehreren Zehntausend Euro etwa für die Einsätze von Feuerwehr und Bauhof oder auch Kosten für die Untersuchung von Wasserproben. Eine Schadenersatzklage wegen toter Fische und Schaden am Gewässer sei derzeit aber kein Thema, sagt Knödler. "Wir warten die Aktenlage ab." Es gehe jetzt um die Renaturierung des Flusses und nicht um Sicherungsvorkehrungen im Abwassersystem oder Kontrollen, fügt Gräßle hinzu.
Ermittlungen gegen drei Speditions-Mitarbeiter
Die Ermittlungen im Fall des Schozach-Unglücks seien noch nicht abgeschlossen, teilt die Sprecherin der Heilbronner Staatsanwaltschaft, Bettina Jörg, mit. Ihre Behörde warte die Ergebnisse des gewässerökologischen Gutachtens ab, das Auskunft über das Ausmaß des Schadens geben soll. Das Strafverfahren richtet sich gegen drei Mitarbeiter der Spedition, der Vorwurf lautet auf Gewässerverunreinigung. "Für dieses Vergehen sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor", führt die Sprecherin aus - für fahrlässiges Handeln bis zu drei Jahre oder Geldstrafe.
Rückblick: So lief das Schozach-Unglück ab
Nach den Ermittlungen der Heilbronner Staatsanwaltschaft ereignete sich der Vorfall am 2. April um kurz nach 4 Uhr. Der Mitarbeiter einer Spedition beschädigt beim Rangieren mit einem Gabelstapler ein Fass, aus dem rund 1000 Liter einer Chemikalie auslaufen. Es handelt sich um einen hochkonzentrierten Stoff, der Grundstoff für Reinigungsmittel ist. Doch nicht das Unternehmen informiert Öffentlichkeit oder Behörden, sondern Bürger melden am 4. April der Polizei die Sichtung toter Fische.
Über das Polizeipräsidium erreicht die Information gegen 9.30 Uhr das Landratsamt. Die Suche führt auf das Gelände der Spedition. Helfer von Feuerwehren und Bauhöfen sind tagelang im Einsatz, sammeln Fischkadaver ein, nehmen Proben, spülen Kanäle.