Warum etliche Weinberge in Württemberg brach liegen
Die Württemberger Wengerter entfernen auffällig viele Reben. Aber nicht überall werden neue gepflanzt. Die Hintergründe sind vielschichtig.

Spaziergänger am Heilbronner Wartberg, am Erlenbacher Kayberg, im Weinsberger Tal, aber auch in anderen Weinlagen der Region wundern sich über ungewöhnlich viele Brachflächen.
Warum hacken oder baggern die Wengerter denn ihre Reben raus? Schmeißen die etwa den Bettel hin, weil sich der Weinbau nicht mehr rentiert? Das fragt sich so mancher. Die Hintergründe für Rodungen sind vielschichtig.
Neue Reben bei Flurbereinigungen
Vielerorts in Württemberg wurden vor rund 50 Jahren Flurbereinigungen abgeschlossen. Trockensteinmauern verschwanden, der Boden wurde so planiert, dass er mit Maschinen befahrbar ist. Inzwischen sind die damals gesetzten Reben längst über ihrem Zenit, sie tragen nicht mehr so viele Trauben wie gewünscht. Kurzum: Besitzer oder Pächter lassen die alten Stöcke entfernen. In der Regel ist dies sogar alle 25 bis 30 Jahre der Fall. Derzeit wird also oft schon die dritte Rebengeneration seit 1970 gepflanzt.
Nachhaltig wirtschaftende Betriebe setzen aber nicht postwendend neue Reben. Sie lassen dem Boden vielmehr bis zu drei Jahre Zeit zur Regeneration und säen zusätzlich sogenannte Leguminosen ein, also nährstoffreiche Pflanzen, die wie Dünger wirken.
Kauf- und Pachtpreis im Sinken
Anlass zur Branche kann auch ein Besitzer- oder Pächterwechsel sein. Die Elterngeneration tritt kürzer oder gibt den Betrieb ganz auf, die Jugend ist beruflich anders unterwegs, wegen anderer Interessen, aber auch, weil man in anderen Branchen besser und das Geld womöglich leichter verdient. In der Regel werden deren Anlagen verkauft oder verpachtet. In den 1990er Jahren wurden umgerechnet bis zu 30 Euro pro Quadratmeter bezahlt, heute noch bis zu zehn Euro. Entsprechend sank die Pacht auf jährlich rund zehn Euro für 100 Quadratmeter. Der Wert ist lagenabhängig, richtet sich nach der Sorte und nach dem Alter der Anlage, wobei eine neue inzwischen auf bis zu 50 000 Euro pro Hektar (ha) kommt: vom Entfernen der alten Stöcke über Pfanzgut, neue Stickel und Drähte bis hin zu den Personalkosten.
Mitunter werden alte Anlagen ganz aufgegeben: vor allem in schwer zu bewirtschaftenden Steillagen oder in Terrassen, die es in Heilbronn wegen der Flurbereinigung kaum noch gibt, aber vor allem im Neckartal - und immer weniger an Jagst und Kocher.
Immer weniger Wengerter
So hat sich die Zahl der Weinbaubetriebe in Württemberg seit 1995 auf heute 7735 mehr als halbiert, wobei vor allem Hobby-Wengerter oder Nebenerwerbler aufgaben. Betriebe mit fünf bis zehn ha nahmen auf rund 400 zu. die Zahl der zehn bis 20 ha großen Betriebe hat sich gar auf 210 vervierfacht. Mehr als 20 ha bewirtschaften inzwischen 40 Winzer, früher gab es das kaum. Dadurch ist die Gesamtrebfläche in Württemberg nicht kleiner geworden. Sie liegt recht konstant bei 11 300 ha. Neu ist aber: Wer einen Wengert in einer Steillage aufgibt, kann theoretisch am Rande einer Flachlage einen neuen anlegen.
Welche Rebsorte gepflanzt wird, hängt im Idealfall vom Boden und von der Lage ab, aber auch von der Nachfrage am Markt. Größter Verlierer ist der Schwarzriesling. Er hatte in den 1990ern noch 1800 ha, heute nur noch 1225 ha. Aber auch der Trollinger ist auf Talfahrt, er sank auf 1923 ha. Vor 20 Jahren war er mit 2600 ha noch der absolute Spitzenreiter. Schon vor zwei Jahren wurde er vom Riesling überholt, der inzwischen auf 2107 ha gewachsen ist. Noch stellen rote Sorten zwei Drittel der Reben, doch der Trend geht derzeit zu weiß.