Stimme+
Region
Lesezeichen setzen Merken

Wartefrust contra Sicherheit am Bahnübergang

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Lange Schrankenschließzeiten der Stadtbahn sind für einige Autofahrer ein Ärgernis. Die Betreibergesellschaft AVG verweist aufs Gesetz und individuelle Einstellungen. Ein Test an drei Bahnübergängen in Leingarten ergab ein sehr unterschiedliches Bild.

von Carsten Friese
Wie lange ist die Wartezeit am Bahnübergang? Jede Anlage (hier in Leingarten) ist individuell eingestellt, es dauert zudem je nach Zuglauf unterschiedlich. Foto: Friese
Wie lange ist die Wartezeit am Bahnübergang? Jede Anlage (hier in Leingarten) ist individuell eingestellt, es dauert zudem je nach Zuglauf unterschiedlich. Foto: Friese  Foto: Friese, Carsten

Für manchen Autofahrer ist es ein Ärgernis. Wenn Schranken an der Stadtbahn längere Zeit unten sind, bilden sich nach Angaben eines 72-jährigen Leingarteners im Ort „extrem lange Rückstaus“. In Stoßzeiten, aber auch mittags „stauen sich da auf beiden Seiten bis zu 25 Autos“. Der Bürger verweist auf Abgase, volkswirtschaftliche Verluste und fragt, ob neue Signalgeber mit kürzerem Takt nicht sinnvoll wären. Er glaubt, dass die teils sehr langen Wartezeiten „nicht üblich sind“.

Nicht üblich? Nach welchen Regeln müssen Stadtbahn-Schranken vor einer durchfahrenden Bahn heruntergelassen werden? Gibt es da feste Zeiten oder Entfernungen? Michael Krauth, Sprecher der Albtalverkehrsgesellschaft AVG, verweist auf eine individuelle Projektierung einer jeden Anlage. Diese werde vor der Inbetriebnahme von einem Sachverständigen geprüft. Wichtiger Bestandteil sei die sogenannte „Einschaltstreckenberechnung“, die vorgibt, ab welchem Punkt das Rotlicht und die Schranken am Bahnübergang automatisch auszulösen seien.

Regelwerk lässt keinen Interpretationsspielraum

Grundlage der Bewertung ist, dass sich die Schranken vor einem Zug mit der maximal zulässigen Geschwindigkeit von 100 km/h „noch rechtzeitig schließen lassen“. Das Regelwerk lasse hier „keinen Interpretationsspielraum“. Zudem müsse ein Lokführer die Signale, dass die Schranken unten sind und er weiterfahren darf, „rechtzeitig erhalten“. Die Zeiten seien so berechnet, dass ein Zug nicht ausgebremst werde, erklärt Krauth.

Dazu kommen individuelle Punkte, ob es einen Fahrgastwechsel an einer Haltestelle gibt, der je nach Andrang die Zeitdauer erhöhen kann. Auch der Fakt, ob es ein Eilzug oder eine normale Stadtbahn ist, wird beim Auslösen des Signals berücksichtigt. Zudem werde eine Fahrweg- und Abstandssicherung an den Signalstandorten berücksichtigt – alles automatisiert. Ziel ist, dass die Stadtbahn einen Bahnübergang ohne Behinderung passieren kann. Die Anlagen würden nach den gesetzlichen Bestimmungen abgenommen, die für alle Strecken gleiche Regelwerke haben, betont der Sprecher. Es gebe keine anderweitigen Signalgeber, „die kürzer getaktet werden können“. Und: Wenn zwei gegenläufige Stadtbahnen in zeitlich enger Folge ankommen, bleiben bei bestimmten Konstellationen die Schranken unten. Die teilweise etwas längeren Schließzeiten mit bekannten Rückstaus „lassen sich nicht weiter verkürzen“, sagt Krauth. Technik und Software dazu seien bereits „optimal eingestellt“.

Test ergibt unterschiedliches Bild

Ein Test am Freitagmittag an drei Bahnübergängen in Leingarten ergab ein sehr unterschiedliches Bild. Am Bahnhof blieben die Schranken nur zwischen 54 und 65 Sekunden unten; am Standort Mühle 65 und 125 Sekunden, zuletzt verzögert durch einen Halt an einem nahen Bahnsteig. Am Übergang Stuttgarter Straße Richtung B 293 dauerte es mit bis zu zweieinhalb Minuten (150 Sekunden) bei zwei Zügen am längsten. Auch bei nur einer Stadtbahn mit Stopp am Haltepunkt Ost dauerte es einmal 140 Sekunden.

Das Thema Schließzeiten der Bahnschranken komme immer wieder auf, sagt Bürgermeister Ralf Steinbrenner. Man habe vor einigen Jahren Zeiten gestoppt, da habe es zum Teil deutlich länger als zweieinhalb Minuten gedauert. Rückstaus blieben ein Problem im Ort. Steinbrenner hofft, dass sich mit dem geplanten Bau des zweiten Gleises Richtung Schwaigern bei den Schrankenzeiten etwas verbessert.

 

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben