Auf und hinter der Bühne: Wahl zur Württemberger Weinkönigin
Drei Jahre lang war Tamara Elbl aus Pfedelbach Württemberger Weinkönigin - wegen Corona. Nun gibt es eine neue Reben-Regentin: Carolin Häußer aus Winnenden. Sie wurde am Donnerstag nach einer Wahlshow gekrönt. Die Stimmung war super. Die Stimme blickt auf und hinter die Bühne.

Als nach 160 Minuten der Spannungsbogen abzuflachen droht, überlässt Moderator Uwe Ralf Heer das Mikro nicht noch einmal den beiden scheidenden Hoheiten Tamara Elbl und Franziska Pfitzenmaier. Vielmehr nimmt der Stimme-Chefredakteur das Zepter in die Hand und strafft die Zügel. „Bock fürs Finale“ beweist prompt die Band Lori und animiert mit einem langen „Eehehee!“ die 378 Zuschauer in der ausverkauften Pfedelbacher Festhalle Nobelgusch zum Mitsingen.
In den vielstimmigen Chor stimmen allen voran Landrat Matthias Neth und Bürgermeister Torsten Kunkel ein. Die Fans der fünf Kandidatinnen schwenken Fähnchen: Susanne Blatt für Nichte Lisa, Brigitte Meseke für Tochter Birthe, und WG-Chef Daniel Drautz trägt gar ein weißes T-Shirt mit Aufdruck „Unserer Nr. 1 für Württemberg“. Die Mitarbeiterin der Genossenschaftskellerei Heilbronn, Nicole Hiltebrandt (21) aus Schwaigern, hat die Nase am Ende aber nicht ganz vorne. Leer aus ging beim Ehrungsreigen auch Arina Braun (24) aus Knittlingen.
Wahlmarathon
Die Krone der 57. Württemberger Weinkönigin darf für die nächsten zwölf Monate vielmehr Carolin Häußer (27) aus Winnenden tragen. Als Prinzessinnen zur Seite stehen ihr Lisa-Maria Blatt (25) aus Brackenheim und Birthe Meseke (24) aus Stuttgart-Uhlbach.
Wie Weinbaupräsident Hermann Hohl am Ende eines langen Wahlmarathons zu verstehen gab, hätten die drei nicht nur am Nachmittag bei der gut zweistündigen Jury-Befragung mit „Fasswissen, beziehungsweise Fachwissen“ geglänzt, sondern auch am Abend bei der öffentlichen Spielshow auf der Bühne die beste Figur abgegeben.
Die neue Königin
Königin Carolin Häußer hat an der Hochschule Heilbronn Internationales Weinmanagement studiert und ist im familieneigenen Weingut fürs Marketing zuständig. Wein sei für sie „mehr als vergorener Traubensaft“, vielmehr Lebengefühl, Kultur – und Württemberg mehr als Trollinger-Lemberger, sondern mit vielen Jungwinzern „voller Dynamik“. Gleichzeitig plädiert die gesundheitsbewusste Rettungssanitäterin, Turn- und Tanzlehrerin zu moderatem Weinkonsum.
Prinzessin und Winzerin Lisa-Maria Blatt ist als Studentin ganz schön rumgekommen: von der Hochschule Geisenheim über die University of California, Top-Gütern wie Bassermann-Jordan und Balthasar-Reiss, die Weinhändler Kapff in Bremen und Lidl in Neckarsulm bis hin zur Weinbauschule Weinsberg, wo sie derzeit über Steillagen forscht. Birthe Meseke hat erst über ihren Freund die Liebe zum Wein entdeckt, machte eine Winzerlehre, studierte in Geisenheim Oenologie und arbeitet derzeit als Social-Media- und Eventmanagerin beim Weingut der Stadt Stuttgart.
Kleine Talkrunde
Dem Krönungsakt voraus gingen Songs der Gruppe Lori und ein Vesper mit Weinen, die eine Helferschar des heimischen Weinarbeitskreises servierte. Bei der Begrüßungsrunde zeichnete Präsident Hohl zunächst ein düsteres Bild von der Zukunft des Weinbaus, was aber der guten Stimmung im Saal keinen Abbruch tat. Dafür sorgte auch Bürgermeister Kunkel. Er nannte Pfedelbach mit 120 privaten Brennrechten eine „Schnapshochburg“ und zeigte sich stolz über die neue Stadthalle Nobelgusch, was in der Sprache der Jenischen „edles Haus“ heiße.
Langer Abschiedsreigen
Viel Raum ein nahm der Abschiedsreigen für Tamara Elbl, Franziska Pfitzenmaier und Henrike Heinicke, die kurz mit einer Videobotschaft aus Australien Ade sagte, während ihre beiden Kolleginnen, in Wort, Bild und Film ihre corona-bedingt drei Jahre lange Amtszeit Revue passieren ließen.
Kürzer aus fiel die Vorstellungsrunde der fünf Kandidatinnen, die anschließend in drei Spielen mit Fachbegriffen ihre Schlagfertigkeit, aber auch ein feine Zunge unter Beweis stellen sollten – und um 22.15 Uhr im Blitzgewitter von Handys und Fotokameras mit Blumensträußen ins Publikum winkten.
Time to say good bye
Rekord-Monarchin Tamara Elbl studiert derzeit noch in Heilbronn Wein Technologie Magagement an der DHBW. Sie rät ihrer Nachfolgerin: «Sie soll ihre Augen, ihre Ohren offen halten und diese Momente einsaugen», sagte die 24-Jährige vor der Wahl. «Dabei muss sie sich gar nicht so sehr auf irgendwelche Großereignisse fokussieren, sondern wirklich auch jeden Termin, sei er auch noch so klein, mitnehmen und genießen.» Die neue Weinkönigin solle außerdem das große Anbaugebiet kennenlernen mit all seinen Facetten und mit den Erzeugern ins Gespräch kommen. «Das ist sehr bereichernd», sagte Elbl.
Im kommenden Jahr wird Carolin Häußer als Weinkönigin die Weingärtner Württembergs auf mehr als 200 Terminen vertreten. Das Rotweinland Württemberg zwischen Reutlingen und Bad Mergentheim gehört mit fast 11.500 Hektar Rebfläche zu den vier größten deutschen Weinbaugebieten. Zu den gängigsten Rebsorten zählen neben der schwäbischen Spezialität Trollinger bei den Rotweinen Schwarzriesling, Lemberger und Spätburgunder. Bei den weißen Gewächsen sind es vor allem Riesling, Müller-Thurgau, Silvaner, Grauburgunder und Kerner.

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