Trotz Vinyl-Trend: Plattenläden haben es nicht leicht
Sind Plattenläden ein Relikt der Vergangenheit? Oder erleben die Geschäfte durch steigende Verkaufszahlen von Schallplatten wieder bessere Zeiten? Klar ist: Die Liebe zum Vinyl hat im Laufe der Zeit viele Kratzer abgekriegt, sie ist aber noch immer intakt.
Durch die Digitalisierung der Musik setzt die Mehrheit der Konsumenten inzwischen auf digitale Formate wie MP3 oder nutzt Streaming- und Download-Angebote, die im Internet wie Pilze aus dem Boden schießen. Den Preis für die Abwanderung in digitale Musikwelten zahlen vor allem die kleinen, gemütlichen Plattenläden.
In Heilbronn kommen Freunde von Vinyl-Scheiben in zwei Läden voll auf ihre Kosten: beim Plattenladen in der Herbststraße (Bismarckpark) und bei Dreamworld Records in der Schwibbogengasse.
Vinyl ist gerade wieder Mode
"Das Geschäft ist ein ständiges Auf und Ab, eine Achterbahnfahrt", sagt Gabriele Hartmann, Inhaberin des Plattenladens am Bismarckpark. "Natürlich spüren wir die Veränderungen durch das Internet, aber das ist der Zeitgeist. Die Leute kaufen weniger CDs, aber wieder vermehrt Schallplatten. Es ist gerade wieder Mode."
Eröffnet wurde der Plattenladen 1980 in einem Kellerraum in der Dammstraße, 1990 übernahm Gabriele Hartmann das Geschäft von ihrem Bruder, vor 15 Jahren folgte der Umzug in die Herbststraße. "Vinyl ist einfach ein Lebensgefühl", sagt die 57-Jährige. Josef Schmieg aus Neuenstadt kann das bestätigen. Er ist Stammkunde bei Gabriele Hartmann, kommt wöchentlich in den Laden - zum Stöbern, Inspiration holen oder einfach zum Reden über Musik und Konzerte.
"Der Klang einer Schallplatte ist besser. Die Künstler werden viel mehr gewürdigt, es ist einfach ein intensiveres Hörerlebnis", sagt Schmieg. Sind es denn nur ältere Kunden, die im Plattenladen einkaufen? "Es ist gemischt. Meine älteste Kundin ist 80 Jahre, die jüngsten Käufer sind knapp 13", sagt Hartmann.
Immer mehr Frauen kaufen Platten
"Erfreulich ist, dass verstärkt wieder junge Menschen Schallplatten kaufen", kann auch Heiko Schweitzer, Inhaber von Dreamworld Records in der Schwibbogengasse, berichten. "Ich stelle auch fest, dass in den letzten Jahren verstärkt Frauen Schallplatten kaufen." Seit 1994 hat der Laden in der Heilbronner Innenstadt geöffnet, viel länger schon hält Schweitzers Liebe zur LP: "Seit ich sieben Jahre alt bin, sammle ich Platten. Es ist ein besonderes Hobby. Ich bin ein grafischer Mensch, die Haptik einer Platte, die Gestaltung des Covers sind mir wichtig. Platten hören, ist für mich wie ein Ritual", sagt Schweitzer. "Heutzutage ist das ein Gegengewicht gegen die Schnelllebigkeit", erklärt er sein Faible für Vinyl.
Die Stimmung in der Branche sei durch das Schallplatten-Revival in den letzten Jahren ein wenig besser geworden. "In Heilbronn ist ein Plattenladen aber schwieriger zu führen als zum Beispiel in Berlin", sagt Schweitzer. In Kaufhäusern und in Drogerie- und Elektromärkten gibt es mittlerweile wieder LPs zu kaufen. "Einerseits rückt die Schallplatte wieder mehr in den Fokus der Öffentlichkeit, andererseits ist es für kleine Läden auch Konkurrenz."
"Vinyl wird bleiben"
Obwohl Vinyl wieder im Kommen ist, rechnet sich der Laden kaum - und Schweitzer, Jahrgang 1969, muss zusätzlich noch einer anderen Arbeit nachgehen. "Ich habe immer wieder schwere Zeiten gehabt. Es ist Liebe und Leidenschaft. Ohne das kann man das Ganze gar nicht machen", sagt Heiko Schweitzer. Wie es in Zukunft weitergeht? "Die Entwicklung ist schwer abzusehen. Es bleibt spannend, die Blase kann jederzeit wieder platzen", sagt Heiko Schweitzer. Gabriele Hartmann ist sich sicher: "Vinyl wird bleiben."
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