Tausende Bürger fordern rasches Handeln in Sachen Klimaschutz
Am Freitag fand die bisher größte Demonstration für mehr Klimaschutz in Heilbronn statt. Zwischen 2000 und 3000 Menschen beteiligten sich am Klimaaktionstag. Auch Eltern, Gewerkschafter und Kirchenvertreter liefen mit.

Es ist eine bunt gemischte Gruppe, die sich am Freitagvormittag gegen 11.30 Uhr am Heilbronner Platz am Bollwerks-turm versammelt. Es sind mitnichten nur Schüler, die dem Aufruf der Heilbronner Fridays-for-Future-Bewegung folgen.
Viele Eltern und Großeltern sind gekommen, um für mehr und schnelleren Klimaschutz zu demonstrieren. Auch Gewerkschafter, Stadträte, Arbeitnehmer und Kirchenvertreter laufen die Route über Allee, Götzenturmbrücke bis hin zum Kiliansplatz mit.
Kirchen unterstützen die Aktion
"Mir geht es um den Erhalt der Schöpfung", erklärt Roland Rossnagel, Pfarrer von St. Peter und Paul in Heilbronn seine Teilnahme. Er freut sich über die große Resonanz am Aktionstag, zu dem zwischen 2000 und 3000 Menschen gekommen sind. Für Rossnagel ist klar, dass Klimaschutz Verzicht bedeutet. "Es kostet etwas." Für Hans-Jörg Eiding, Pfarrer der Kiliansgemeinde, ist Klimaschutz eine "existenziell wichtige Sache". Beide Kirchen hatten dazu aufgerufen, den Klimaschutztag vor Ort zu unterstützen.
"Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut", schreien die Demonstranten immer wieder. Oder: "Hoch mit dem Klimaschutz, runter mit der Kohle" und "Klimaschutz. Jetzt!" Der Verkehr auf der westlichen Alleeseite kommt zum Erliegen, auch die Stadtbahn muss warten. Spontan spenden Autofahrer auf der anderen Straßenseite Beifall - obwohl sie von den Demonstranten aufgefordert werden, mit dem Rad zu fahren. Alles verläuft friedlich, "ich bin sehr zufrieden", sagt Veranstalter Obai Algahed von Fridays-for-Future Heilbronn.
Kinder müssen Fehler der Eltern ausbaden
Alle Redner betonen die Dringlichkeit des Themas: "Wir können nicht länger warten. Wir müssen jetzt handeln", ruft Mamadou Mbodji auf Englisch in die Menge. Der Senegalese ist Vize-Präsident der internationalen Naturfreundevereinigung und merkt selbstkritisch an, dass es die Erwachsenen sind, die ihren Kindern einen ruinierten Planeten hinterlassen. "Deshalb müsst ihr das jetzt machen. Ihr jungen Leute könnt die Welt verändern!", ruft er ihnen zu. Immer, wenn in den Reden Greta Thunberg angesprochen wird, brandet spontan lauter Beifall auf.
Die große Resonanz zeigt für Katharina Kaupp, stellvertretende Verdi-Chefin in der Region, "dass Klimaschutz jetzt das Thema ist. Jetzt muss gehandelt werden", sagt sie in Richtung Politik. Den Aktionstag wertet sie als starkes Signal.
Es muss schnell etwas gesehen, sagen die Demonstranten

"Die Politik denkt, sie hätte Zeit", ärgert sich die Heilbronner Waldorfschülerin Alena Loos. Doch es müsse schnell etwas geschehen, um die Erde zu retten. Die 18-Jährige sieht aber nicht nur die Politik in der Pflicht. "Jeder muss bei sich selbst anfangen", findet sie. "Es muss dringend etwas gemacht werden", findet Wolfram von Specht aus Widdern.
So sieht es auch die 28-jährige Wiebke Böhm. Sie ist mit ihrer vier Monate alten Tochter Paula da. Sie hält den Aktionstag für sehr wichtig und betont, dass sie den Klimastreik nicht nur unterstützt, weil sie eine kleine Tochter und Angst um deren Zukunft hat. "Wir brauchen konkrete Maßnahmen. Und die bringen nur etwas, wenn sie wehtun."
Die Demonstranten wollen weitermachen
Um mit anderen über Lösungswege in der Klimakrise zu diskutieren, sind Elena Pokrovskaya (18) und Lukas Dietzel (17) auf den Kiliansplatz gekommen. Als "sehr gutes und großes Zeichen" wertet es Dietzel, dass viele Erwachsene, Kirchen und Gewerkschaften mitdemonstrieren. Ob dieses Zeichen auch in konkrete Politik umgesetzt wird? "Hoffentlich", sagen die beiden Schüler des Justinus-Kerner-Gymnasiums in Heilbronn. "Wir demonstrieren weiter", sind sich die Schüler mit den Rednern auf der Bühne einig.
Die Stadtinitiative Heilbronn hat über die Klima-Streikaktion diskutiert, berichtet Vorsitzender Thomas Gauß. Doch man habe keinen Ansatz zu einer gemeinsamen Umsetzung gesehen, so dass jeder Händler selbst entschied. Gauß weiß aber von keinem Einzelhändler, der sich beim Streik beteiligt und seinen Laden zusperrt. "Ich hielte das auch für Blödsinn, zumal das Internet 24 Stunden geöffnet bleibt."
Auf dem Kiliansplatz waren auch Stände von BUND, Aktionsbündnis Energiewende Heilbronn oder Agenda 21. Auch das Science Center Experimenta hatte einen Stand. "Für den menschengemachten Klimawandel gibt es ausreichend Belege, deshalb unterstützen wir den Aktionstag und stehen auch hinter der Initiative Scientists for Future", sagte Mitarbeiterin Petra Artemann.

Stimme.de
Kommentare
Isabel Chetta am 23.09.2019 08:28 Uhr
Es ist doch alles nur Heuchelei. Ich gehe doch nicht auf eine Demo und demonstriere, dass das Klima gesenkt wird, der Plastikmüll vermieden wird und dann laufe ich mit einem plastikkaffee becher to Go durch die Demo Menge. Hauptsache sagen können ( ich war doch dabei, ich habe etwas für die Natur getan ) .
Ich finde es richtig und wichtig, dass etwas getan werden muss und dass auch gehandelt wird und nicht immer nur darüber gesprochen wird , aber dann sollte ich auch als Vorbild voran gehen und mich dann auch nicht fotografieren lassen.
Peter Herzog am 22.09.2019 12:46 Uhr
Man kann den o.a. Beiträgen nur uneingeschränkt zustimmen. Es ist wirklich ein Hype der da i.S. Klimaschutz losgetreten wird. Gestern haben in Frankreich wieder die Gelbwesten für soziale Gerechtigkeit demonstriert. Ich würde mir wünschen dass mal hier wegen der zunehmenden Armut auf die Straße gegangen wird. Und was hat man beim Klimagipfrl erreicht, dass letzlich der Bürger zu Kasse gebeten wird und wiederum trifft es dabei die Armen. Ist das das Ziel der Grünen die nichts anderes auf ihren Schirm als Klima und Umweltschutz haben.
Rüdiger Peters am 20.09.2019 18:21 Uhr
Seit Jahren schaut die Politik tatenlos zu wie die Altersarmut in Deutschland zunimmt. Man diskutiert und diskutiert wie jetzt aktuell wieder über die Grundsicherung aber dabei bleibt es auch. Warum geht man hier nicht auf die Strasse und demonstriert, vor allem vermisse ich hier die entspr. Aktivitäten der Kirchen und Sozialverbände. Deutschland alleine kann zum Klimaschutz nicht viel beitragen. Es ist eine Hysterie wegen des Klimaschutzes ausgebrochen als meinte man die Welt gehe morgen bereits unter. Dasselbe in Sachen Plastikmüll. Deutschland rangiert, was den Plastikmüll betrifft an drittletzter Rangstelle in der Welt, was soll das. Alles wird hier bei uns gleich überzogen. Aber die wirklichen Themen die den Bürger entlasten oder mehr in den Geldbeutel bringen werden nicht angegangen. Für den Klimaschutz gehe ich keinesfalls auf die Straße solange nicht andere wichtigere Themen in Deutschland endlich mal angegangen werden.
Hans-Ulrich Wagner am 21.09.2019 10:33 Uhr
Kann Herrn Peters nur zustimmen. Die ganze Klima-Hysterie soll uns ablenken von Altersarmut, marode Infrastruktur und vielen anderen Dingen des täglichen Lebens. Wir Deutschen haben ja schon die höchsten Steuern und Abgaben und nun kommt noch was obendrauf unter dem Deckmantel "Klimaschutz".