Streik der Lokführer: Zwischen Verständnis und Frust
Am Heilbronner Hauptbahnhof mussten sich Fahrgäste erneut wegen des Streiks auf Verspätungen und Zugausfälle einstellen. Pendler weichen auf andere Verbindungen aus.

Tag zwei des Streiks, der von der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) ausgerufenen wurde. Unbefristet dieses Mal. Am Hauptbahnhof Heilbronn scheinen sich am frühen Donnerstagmorgen die Fahrgäste bereits darauf eingestellt zu haben, dass Züge des Unternehmens SWEG (Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH) verspätet einfahren oder Verbindungen gänzlich ausfallen. Nicht davon betroffen sind die Züge von Go Ahead.
Sergej Lednev wartet auf Gleis drei auf seinen Zug nach Mosbach, als gerade ein Güterzug durch den Bahnhof rauscht und die kühle Novemberluft vor sich herschiebt. Er habe einerseits Verständnis für die Streikmaßnahmen. "Aber es tut weh, wenn man während des Berufsverkehrs plötzlich da steht." Er wünsche sich, dass die Maßnahmen ausbalancierter seien. Richtung Mannheim gebe es um 7 Uhr nur eine Verbindung. "Sollte die ausfallen, kommt man eventuell eine Stunde später", sagt der technische Produktdesigner, der in Mosbach arbeitet. Er fragt sich, wie die Kinder kommende Woche, wenn die Ferien vorbei sind, zur Schule kommen sollen? "Ich habe noch nicht gesehen, dass Ersatzbusse zur Verfügung stehen", sagt der 47-Jährige.

Aufs Auto umsteigen geht nicht
Heike Krauss pendelt täglich von Heilbronn nach Ludwigsburg. Jetzt könne man froh sein, dass es zwei Anbieter gebe, erklärt die 56-Jährige. "Wenigstens fährt eine Linie." Aufs Auto umsteigen komme für sie nicht infrage, sie sei auf den Zug angewiesen. In Ludwigsburg habe sie keinen Parkplatz. Krauss wundert sich nicht, dass Länder wie die Schweiz grenzübergreifende Zugverbindungen aufgrund deren Unpünktlichkeit nicht mehr wollten. "Wieso bekommen das andere Länder hin und wir nicht?", fragt sie sich.
Luka Josipovic wird vermutlich zu spät zu seinem Kurs nach Mannheim kommen. Seine geplante Verbindung ist ausgefallen. "Man ist schon ein wenig verärgert. Am Ende kann man nichts machen", sagt der 22-jährige Auszubildende aus Leingarten. Aus Sicht der Lokführer könne er den Streik verstehen. "Es hat seine Gründe. Man weiß jetzt nicht, wie lange der Streik geht."
Zum ersten Mal von Streik betroffen
Lisa Fischer aus Abstatt wollte eigentlich schon am Mittwoch von Heilbronn nach Mainz fahren. Dann fielen drei Züge in Folge aus, und sie hat unfreiwillig eine weitere Nacht zu Hause verbracht. Trotzdem bringe sie Verständnis auf für die Maßnahmen der Lokführer. Die 21-Jährige ist Hauptgefreiter bei der Bundeswehr und arbeitet eigentlich in einer Kaserne in München. Es sei das erste Mal, dass sie von einem Streik betroffen ist. Sie steigt auf die Stadtbahn und von der auf den Zug um.
Verdi hatte für Donnerstag zu einem eintägigen Warnstreik aufgerufen. Davon betroffen waren die Bahnmeistereien und Werkstätten der Albtalverkehrsgesellschaft. Dort ging man von geringfügigen Einschränkungen aus.
Bahnstreik hat massive Auswirkungen in der Region
Das Bahnunternehmen SWEG berichtet von "massiven betrieblichen Störungen auf allen Linien im Stuttgarter Netz". Dazu gehört auch die Frankenbahn, wo die SWEG Strecken zwischen Stuttgart, Heilbronn, Osterburken und Mannheim betreibt. Nicht betroffen ist das Unternehmen Go-Ahead, das ebenfalls in der Region fährt.
Gewerkschaft lässt Streikende offen
Es gebe seit Monaten keine Gespräche, schreibt die Lokführergewerkschaft GDL in einer Mitteilung. Der Arbeitgeber sei "abgetaucht", kritisiert GDL-Chef Claus Weselsky. Der Streik läuft seit Mittwoch, 2. November. Das Ende ließ die GDL offen.
Die Gewerkschaft fordert unter anderem mehr Geld, etwa eine Einmalzahlung von 3000 Euro, mehr Entgelt und mehr Zulagen. Außerdem wird eine Lösung für die SBS und die SWEG. Das landeseigene Unternehmen lehnt einen Tarifvertrag mit der GDL für den Gesamtkonzern strikt ab.
SWEG zieht sich von der Frankenbahn zurück
Vor dem Hintergrund des Tarifkonflikts hatte die SWEG überraschend angekündigt, auf der Frankenbahn schon wieder aussteigen zu wollen. Erst Anfang des Jahres hatte das Unternehmen die Strecken der insolventen Abellio BW übernommen, befristet auf zwei Jahre. An der Ausschreibung für den weiteren Betrieb nach 2023 werde man sich nicht beteiligen, teilte das Unternehmen mit und begründete das mit "unkalkulierbaren Streikmaßnahmen" der GDL.