Stadlers Abschied sorgt bei Audi-Mitarbeitern für Zuversicht
Der Dieselskandal bringt den einst gefeierten Manager Rupert Stadler zu Fall. Seit Dienstag ist er nun nicht mehr Audi-Chef. Wir haben uns vor Beginn der Frühschicht vor dem Neckarsulmer Werkstor unter Audi-Mitarbeitern umgehört. Ist das ein Befreiungsschlag?

„Ich weiß nicht.“ Der 56 Jahre alte Mann aus Oedheim runzelt die Stirn. Ist die Ablösung von Stadler als Vorstandsvorsitzender ein längst überfälliger Schritt? Oder hätten die Aufsichtsräte des Mutterkonzerns VW und Audi an ihrem einstigen Vorstandsvorsitzenden festhalten müssen, allein schon wegen der Unschuldsvermutung, die für jeden gilt, so lange er nicht rechtskräftig verurteilt ist? Das zu beurteilen, fällt den Befragten sichtlich schwer. Klarer sehen sie die Zukunft ihres Unternehmens. Wenngleich die Positionen der Mitarbeiter so vielfältig wie Buntstifte sind.
Der Oedheimer beispielsweise empfindet Stadlers Abberufung „als gerecht“. „Man fühlt sich betrogen, hintergangen“, sagt er mit Blick auf den Software-Betrug seines Unternehmens und den Umgang der Konzernspitze mit den Vorkommnissen. Seit September 2015, als der Betrug aufflog, leidet das Vertrauen in die Führungskräfte. Das Schlimme an allem sei, sagt der Oedheimer, „die kriegen das Geld in den Rachen geschmissen“.
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Noch nicht das Ende
„Jemand muss zur Verantwortung gezogen werden“, stellt sich ein 50 Jahre alter Mann aus Neudenau hinter das Aus für Stadler. Er ist dennoch skeptisch. Ob in der Affaire schon alles ans Licht gekommen sei, fragt er sich und gibt selbst eine Antwort: „Es werden weitere Skandale bekannt werden.“ Er denkt dabei an ähnliche Betrügereien, wie sie nun auch bei Benzinmotoren öffentlich werden. Es seien CO2-Abgasmanipulationen bei Benzinern entdeckt worden, sagt der Neudenauer.
„Wer sich noch nicht dazu geäußert hat, ist VW und Audi“, meint er und schüttelt den Kopf. Angst um die eigene Zukunft ist ihm nicht. „Mein Haus ist abbezahlt. Ich bin abgesichert.“ Er denke jedoch an die Kollegen. „Das Geld kommt vielleicht irgendwann nicht mehr, weil der Absatz der Fahrzeuge zurückgeht.“ In Berlin auf dem immer noch nicht eröffneten BER-Flughafen stünden Neuwagen, die keiner möchte. Die Folgen des Manipulationsskandals „kommen erst viel später“.
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Zuversicht bleibt
„Ich denke positiv“, sagt eine 42-jährige Neckarsulmerin auf dem Weg zur Frühschicht. Irgendwie werde es weitergehen. „Es wird neue Modelle geben“, ist sie überzeugt. Seit mehr als 20 Jahren arbeite sie nun schon bei Audi. „Das ist nicht die erste Krise, die gab es schon früher.“ Stadler sei weg. „Jetzt bekommen wir einen Neuen“, sagt sie und lacht. Wer ganz oben an der Spitze des Unternehmens steht - es scheint für sie weniger wichtig.
Bei einem Mann aus Heilbronn erhält Bram Schot einen Vertrauensvorschuss. Schot agiert als Interimschef. „Ein guter Mann“, urteilt der 41-Jährige. Schot überzeuge. „Es ist nötig, dass Zuversicht reinkommt.“ Die Stimmung unter den Kollegen werde langsam besser, meint der Audi-Mitarbeiter. Dazu trage auch der Kompromiss bei, der beim jüngsten Dieselgipfel in Berlin geschlossen worden sei. Umtauschprämien und Nachrüstungen werden sich dem Heilbronner zufolge positiv auf die Nachfrage nach Autos auswirken. Seit Stadlers Abberufung sind noch keine 48 Stunden vergangen. Mancher Audianer hat an die Personalie bereits einen Haken gemacht.
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