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Schwarze werden auch in der Region Heilbronn diskriminiert

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In den USA gibt es Massenproteste nach dem gewaltsamen Tod des Schwarzen George Floyd. Auch in Deutschland ist Rassismus ein Thema. Menschen aus der Region Heilbronn mit schwarzer Hautfarbe berichten über ihre Erlebnisse.

von Helmut Buchholz
Nicht schweigen, handeln. Rassismus gibt es nicht nur in den USA. Die Region Heilbronn ist keine Insel der Seligen. Schwarze werden auch hier wegen ihrer Hautfarbe diskriminiert.
Foto: TS/stock.adobe.com
Nicht schweigen, handeln. Rassismus gibt es nicht nur in den USA. Die Region Heilbronn ist keine Insel der Seligen. Schwarze werden auch hier wegen ihrer Hautfarbe diskriminiert. Foto: TS/stock.adobe.com  Foto: TS stockdadobecom

Ein Polizist hat am 25. Mai in den USA den Schwarzen George Floyd bei einer gewaltsamen Festnahme getötet. Der Fall hat auf der ganzen Welt Proteste ausgelöst und eine Rassismus-Debatte in Gang gesetzt.

Welche Erfahrungen machen Schwarze in der Region? Einige schildern, wie sie auf ihre Hautfarbe reduziert und diskriminiert werden, nur weil sie anders aussehen.

Raphael Burkhardt: "Es fing schon in der Schule an"

Raphael Burkhardt leitet das Jugendhaus in Frankenbach. Mit der Diskriminierung "fing es schon in der Schule an", berichtet der 25-jährige Heilbronner. Da habe es Äußerungen gegeben, dass er nicht dazugehöre. Sätze seien gefallen wie: "Der schwarze Hund soll verschwinden." In manchen Fällen sei das Lehrern bekannt geworden, die dann den Vorfall thematisierten. Es komme aber auch vor, dass Dunkelhäutige nicht in Clubs gelassen werden. Einmal habe er mit einem Nazi in einem Zugabteil gesessen, der schon ziemlich betrunken war. "Der Nazi war der Ansicht, ich hätte seine Freundin angeguckt und hat mich aufgefordert, wegzuschauen. Ich habe dann das Abteil gewechselt."

Wenn der junge Mann mit seiner - weißen - Freundin in der Fußgängerzone unterwegs ist, ernte er Blicke, die ihm das Gefühl geben: "Da hat sich schon wieder einer eine geangelt." Teilweise wird Raphael Burkhardt auch auf Englisch angesprochen. Manchmal mache er sich keinen Kopf über diese schlechten Erfahrungen, andere Male seien sie verletzend. "Das kommt auf die Situation an." Er sieht in Deutschland in Sachen Rassismus Aufklärungsbedarf - zum Beispiel in der Schule.

Angelo Bengui ist Vorsitzender des Deutsch-Afrikanischen Vereins in Heilbronn. Er kommt aus Angola, ist seit 1989 in Deutschland. "Hier ist meine Heimat", sagt der 51-Jährige. "Mit Rassismus sind wir oft konfrontiert", sagt er. Zum Beispiel durch "Negerwitze". Bengui ist oft in Bars und Discos unterwegs. Es gebe Türsteher, die ließen Schwarze nicht herein. "Obwohl da manchmal eine Black Music Night läuft." Er höre oft das Wort Toleranz. "Doch was wir brauchen, ist Akzeptanz. Das ist der richtige Ansatz." Daran müsse man arbeiten. "Wir hoffen, dass sich durch die jetzige Protestwelle etwas ändert in der Welt." Das gelte nicht nur für Schwarze, sondern auch für alle anderen, die diskriminiert werden.

Plötzlich war die Wohnung schon vergeben

Laurent Rugata kommt aus Burundi, lebt schon seit 45 Jahren in Deutschland. Der 58-Jährige wohnt in Heilbronn und erinnert sich an die erste Wohnungssuche in einer hessischen Kommune, als er erst drei Monate in Deutschland war. "Ich habe mit einem Landsmann die Wohnung gesucht. Ein Vermieter sagte am Telefon, die Wohnung sei frei. Als er uns gesehen hat, behauptete er, sie sei schon vergeben." Rugata und sein Freund machten die Probe aufs Exempel: Sie riefen noch mal an, da war die Wohnung plötzlich wieder frei. Als sie dann abermals beim Vermieter erschienen, schlug dieser schließlich einfach die Türe zu.

"Ich habe eine Lehre daraus gezogen und später beschlossen, nicht mehr Mieter zu sein und nur in einer eigenen Eigentumswohnung oder einem Haus zu wohnen." Ansonsten habe er keine Probleme gehabt. "Ich hatte Glück." Seine Nachbarn würden auf seine Wohnung aufpassen, wenn er im Urlaub ist, holen die Post aus dem Briefkasten.

Jane Mbaire kommt aus Kenia, lebt seit 14 Jahren in Deutschland. Die 38-Jährige ist Beirätin im Heilbronner Integrationsbeirat. Diskriminierung zeige sich ihr im Alltag "unterschwellig, aber auch direkt". Bei der Wohnungssuche hat sie erlebt, dass ein Vermieter ihr gesagt habe, er würde die Wohnung lieber einem Hund als ihr vermieten. In Tankstellen komme es vor, dass "man davon ausgeht, dass ich kein Deutsch verstehe". Das passiere ebenso auf Ämtern. Bei ihrem Arbeitgeber fühle sie sich jedoch wohl und wertgeschätzt. Hier gebe es Toleranz, Gleichheit, Freiheit und Solidarität. Um etwas gegen Rassismus zu unternehmen, "braucht es nicht nur Reden, man muss auch handeln", unterstreicht Jane Mbaire. Wer schweige, unterstütze Rassismus.

Für Charly Brown ist der US-Präsident "auch schuld"

Charly Brown ist in Heilbronn schon länger als Vertreter der American Legion bekannt, eine Veteranen-Organisation der US-Soldaten. Zu der Situation in den USA erklärt er: "Da wird alle zwei Monate ein Schwarzer erschossen. Es ist schlimmer als in den 1950er Jahren." US-Präsident Donald Trump sei an dem ungerechten System "auch schuld". Charly Brown lebt seit 1970 in Deutschland. Er sei hier noch nie wegen seiner schwarzen Hautfarbe diskriminiert worden. "Wenn du dich benimmst, wirst du auch akzeptiert."

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Kommentare

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Peter Henschel am 20.06.2020 16:03 Uhr

Nicht nur Schwarze werden diskriminiert!

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