"Trotz schlechter Prognose, sollte man nie aufgeben"
Reinhard Röder, ehemaliger Tierarzt aus Jagsthausen, berichtet von seiner Leukämie-Erkrankung und möchte anderen Betroffenen Mut machen. Eine Stammzellenspende gab ihm die Chance zu überleben.

Seinen letzten Patienten hat Tierarzt Reinhard Röder am 8. September 2019 versorgt. "Es war eine Unfallkatze, das blieb mir im Gedächtnis", erzählt er. Damals ging es dem heute 64-Jährigen bereits schlecht.
Trotzdem wollte er unbedingt zur Hochzeit seiner Nichte nach Aschaffenburg fahren, die ein paar Tage später stattfand. Von dort sollte Reinhard Röder allerdings für längere Zeit nicht mehr zurück nach Jagsthausen kommen. Von der Hochzeit ging es für ihn direkt in eine Klinik. Einige Ärzte unter den Hochzeitsgästen hatten ihm dringen dazu geraden. Zehn Tage später stand die Diagnose fest: Leukämie.
So begann für Reinhard Röder ein langer, schmerzvoller Weg, der ihn Dank einer Stammzellspende inzwischen wieder nach Hause geführt hat. "Meine Prognose ist gut", sagt der Tierarzt. Das sei sie aber nicht immer gewesen. Er wolle deshalb mit seiner Geschichte Mut machen. "Man sollte nie aufgeben", findet er.
Die Familie war eine große Stütze
Eine große Stütze in den vergangenen zwei Jahren waren für Reinhard Röder seine drei Kinder und seine Frau. Eva Röder, die ebenfalls Tierärztin ist, hat nach der Diagnose ihres Mannes aufgehört zu arbeiten, den Hund gab sie ihrer Schwester, und sie zog nach Aschaffenburg ins Hotel. Als nach zwei Chemo-Therapien aber noch immer Tumorzellen da waren, war klar, dass nur eine Stammzellspende Reinhard Röders Leben retten kann.
Zuvor musste er jedoch operiert werden, an den Stirnhöhlen und den Zähnen - beides Folgen der Chemos beziehungsweise Begleiterscheinungen der Leukämie. Im Januar 2020 erfolgte die Stammzellentransplantation in Würzburg. "Die Risiken dabei sind hoch, die Ärzte machten mir wenig Mut", berichtet Röder. "Ich habe ihn schon bewundert, dass er das alles über sich ergehen ließ", sagt Eva Röder. Seine Erfolgschance lag bei weniger als 20 Prozent, erläutert Reinhard Röder. "Das gesamte Immunsystem wird ausgetauscht."
Sein Körper sei dadurch so geschwächt gewesen, dass Pilze, die Tierärzte durch viel Kontakt mit Heu in Ställen im Körper tragen, leichtes Spiel hatten. Sie breiteten sich in Lunge und Milz aus. Bald stellte sich zudem heraus, dass die Transplantation ein Misserfolg war. "Der Spender musste also ein zweites Mal spenden", sagt Reinhard Röder. Diesmal ging es um Abwehrzellen. Es folgten weitere ambulante Chemo-Therapien. Seit Januar 2021 gilt Reinhard Röder als tumorfrei. Ein Restrisiko bleibe aber immer, das wisse er.
Seinem Spender, mit dem er bereits anonym Kontakt hatte, ist Reinhard Röder sehr dankbar, wie er sagt. Vor allem auch dafür, dass er zwei Mal Zellen gespendet habe. Im Dezember wäre ein Treffen möglich. Das möchte Röder gern wahrnehmen. Dankbar ist der 64-Jährige auch der Solidargemeinschaft. Die Krankenkasse habe seine Therapien übernommen: "Ich bin jetzt wertvoll wie zwei oder drei Porsche", sagt er, um die Dimensionen zu verdeutlichen.
Mit kranken Tieren kann Reinhard Röder nicht mehr arbeiten
Als Tierarzt kann Röder nicht mehr arbeiten. "Mein Immunsystem wird nie wieder so stabil sein, dass ich mit kranken Tieren zu tun haben kann", sagt er. Dass er sich nicht regulär aus dem Beruf, der früheren Gemeinschaftspraxis und von den Landwirten verabschieden konnte, sei bedauerlich.
Nun blicken Eva und Reinhard Röder aber nach vorn, genießen ihren großen Garten und die Zeit mit ihrem neuen Hund Mini. Sobald Reinhard Röders Gesundheitszustand es zuließ, haben sie sich die kleine Hündin angeschafft. Ihr früherer Hund blieb bei Eva Röders Schwester.
Corona-Pandemie begann erst nach der Entlassung
Dass die Corona-Pandemie erst begann, als Reinhard Röder aus dem Krankenhaus entlassen wurde, war für ihn großes Glück. Ohne den regelmäßigen Besuch seiner Familie hätte er es sich nicht vorstellen können, sagt er. In eine Art Lockdown habe er sich zu Hause aber ohnehin begeben müssen, da sein Immunsystem noch geschwächt war.