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Reha-Kliniken in der Region in Existenznot

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Einrichtung zur Rehabilitation sind in der aktuellen Situation weniger belegt als sonst. Die Verantwortlichen sind erleichtert über die Entlastung, die die nun beschlossenen Finanzhilfen bringen.

Die Rehabilitationseinrichtungen in Bad Rappenau drohen angesichts der Corona-Pandemie in Schieflage zu geraten. Zuschüsse vom Bund können erste Ausfälle kompensieren. Langfristige Lösungen sind noch nicht in Sicht.
Foto: Ulrike Plapp-Schirmer
Die Rehabilitationseinrichtungen in Bad Rappenau drohen angesichts der Corona-Pandemie in Schieflage zu geraten. Zuschüsse vom Bund können erste Ausfälle kompensieren. Langfristige Lösungen sind noch nicht in Sicht. Foto: Ulrike Plapp-Schirmer  Foto: Plapp-Schirmer, Ulrike

Aufatmen bei den Reha-Kliniken im nördlichen Landkreis Heilbronn: Der Bundestag hat am Mittwoch das Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz beschlossen und darin nach zähem Ringen der Verbände auch Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen bedacht. Der Bundesrat hat das Gesetz am Freitag ratifiziert.

Damit ist die wirtschaftliche Bedrohung der 193 Rehakliniken im Land erst einmal abgeschmettert. Der baden-württembergische Heilbäderverband begrüßt das. Allerdings weist Geschäftsführer Arne Mellert darauf hin, dass die Maßnahmen mit Blick auf die existentiellen Belegungseinbrüche nicht ausreichen werden: "Für uns kann dies erst der Anfang sein."

Eine erste finanzielle Entlastung

Die mit der Bundesratsentscheidung in Kraft tretende Regelung verheißt für die Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen eine erste finanzielle Entlastung. Die medizinische Reha der Krankenkassen wird über das Krankenhausentlastungsgesetz finanziert. Die Einrichtungen sollen Ausgleichszahlungen beantragen können, die allerdings auf 60 Prozent der Erlösausfälle begrenzt sind. Für entfallene Rehamaßnahmen der Sozialversicherungsträger erhalten die Häuser aus dem Sozialschutzpaket monatliche Zuschüsse bis maximal 75 Prozent.

"Damit können wir erstmal leben", kommentiert das der Bad Rappenauer Oberbürgermeister Sebastian Frei als Vorsitzender der Kur- und Klinikverwaltung (KuK). Die Rehakliniken würden durch die Krise Patienten verlieren, vor allem weil geplante Operationen derzeit nicht durchgeführt werden.

Nach Tagen des Bangens und der Krisensitzungen wertet Sebastian Frei die Bunderatsentscheidung nun als "gute Nachricht. Mit diesem Beschluss kommen wir erstmal zurecht."

Bekenntnis zu Reha-Kliniken

Allerdings müssen man jetzt weiter daran arbeiten, "dass die Reha-Kliniken nicht unter die Räder geraten: Wir brauchen sie", betont der Bad Rappenauer OB.

In den fünf Einrichtungen der Kur- und Klinikverwaltung werden derzeit keine Heilverfahren mehr angeboten, sondern nur noch Patienten in der Anschlussheilbehandlung (AHB) nach Operation aufgenommen. Die Kliniken sind augenblicklich zu zwei Dritteln belegt, es gilt ein allgemeines Besuchsverbot, gegessen wird im Drei-Schicht-Betrieb. Die Patienten sitzen mindestens eineinhalb Meter auseinander.

"Wenn die kommende Woche vorbei ist, sind wir bei 280 Betten, das ist eine Belegung von 50 Prozent", erklärt Ingmar Schiedel, Leiter des Patientenmanagements der KuK, den weiteren Abwärtstrend.

Zahlen

Im Landkreis Heilbronn sind mehrere Reha-Einrichtungen vom Belegungsrückgang durch die Corona-Pandemie betroffen. Es sind dies in Bad Rappenau die fünf Einrichtungen der kommunalen Kur- und Klinikverwaltung, die Median-Vesaliusklinik sowie die Mediclin-Kraichgauklinik. Und in Bad Wimpfen das SRH-Gesundheitszentrum. Einrichtungen für Mütter, Väter und Kinder und auch die Privatkliniken nach § 30 GewO ohne Versorgungsvertrag gibt es im Kreis Heilbronn nicht. Bundesweit arbeiten rund 120.000 Menschen in zirka 1000 Vorsorge- und Reha-Einrichtungen.

Brandbrief wegen fehlender Sicherheit

Mitte der Woche hatte Schiedel einen Brandbrief rausgeschickt. Darin kritisierte er, dass Reha-Einrichtungen zwar Betten freihalten sollen, um Akutkrankenhäuser gegebenenfalls zu entlasten, die Regierung bis dato aber noch keine finanzielle Sicherheit geboten habe.

Die Entscheidung des Bundesrats bezeichnete Ingmar Schiedel nun als "erlösende Nachricht, die uns Sicherheit gibt".

"Der Beschluss stellt ein positives Signal dar, dass die Probleme der Rehabilitationskliniken, die aus der Covid-19-Pandemie entstehen können, gesehen werden", erklärte auch Andreas Christopeit, Geschäftsführer des SRH-Gesundheitszentrums in Bad Wimpfen.

Ob und in wie weit die Regelungen greifen, werde sich in den kommenden Wochen zeigen.

Krise bleibt ein Dauerthema

Mit der Bundesratsentscheidung ist die neuerliche Reha-Krise allerdings nur kurzfristig abgewendet. Thomas Bublitz, Geschäftsführer des gemeinnützigen Bundesverbandes Deutscher Privatkliniken (BDPK), spricht davon, dass Existenzen auf dem Spiel stehen. Zunächst waren Vorsorge- und Reha-Einrichtungen im Gesetzentwurf gar nicht berücksichtigt gewesen, was zu einer nicht unerheblichen Verunsicherung beigetragen hatte.

"Das Bundesgesundheitsministerium habe die von Verbänden geforderten, dringend notwendigen Änderungen nun vorgenommen und die Versorgung ist erst einmal gesichert", heißt es in einer Erklärung des BDPK. Allerdings bestehe Nachbesserungsbedarf bei Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen für Mütter, Väter und Kinder sowie bei Privatkliniken nach § 30 GewO ohne Versorgungsvertrag, die nicht unter den Rettungsschirm der Bundesregierung genommen wurden. Das sei insofern völlig unverständlich, "da diese Einrichtungen über Möglichkeiten verfügen, Akuthäuser zu entlasten."

Erwartungen an die Politik

Der Bad Rappenauer OB Sebastian Frei ist sicher, dass Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen noch lange mit der Krise zu kämpfen haben werden: "Da erwarten wir von der Politik, dass man sich dessen bewusst ist, und das abgesichert wird", sagte er.

Arne Mellert stimmt dem zu. "Was wir heute bereits sicher sagen können ist, dass die finanziellen Rücklagen vor Ort schnell aufgebraucht sind." Dadurch werde ein Investitionsstau entstehen, der über Jahre nicht abgebaut werden könne. Überhaupt nicht absehbar sei, inwieweit der Personalstamm in den Reha-Kliniken gehalten werden könne. "Gerade im ländlichen Bereich sind die Kliniken zum Teil die größten Arbeitgeber im Ort, die nun in ihrer Existenz bedroht sind."

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