Rad-Verleihsystem in Heilbronn kommt nicht in die Gänge
Ein Fahrradverleihsystem, das alle nutzen können, gibt es in Heilbronn immer noch nicht. Kurzfristig wird sich das nicht ändern, heißt es bei der Stadt, die eine gemeinsame Lösung mit Neckarsulm und dem Landkreis anstrebt.

Zur Buga schien alles klar. Heilbronn sollte ein Fahrradverleihsystem nach Stuttgarter Vorbild bekommen. Das Projekt scheiterte an rechtlichen Hürden, eine Alternative kommt nicht recht voran. Die SPD-Ratsfraktion macht Druck. Derweil hat der Bildungscampus ein eigenes Netz aufgezogen - aber nicht für alle.
Bildungscampus und Bahn starten eigenes Projekt
Robuste Leihräder stehen im Schatten der Kilianskirche in einer Reihe und harren ihrer Mieter. Standard, könnte man meinen. Fahrradverleihsysteme gibt es in vielen Großstädten. Bei näherem Hinsehen fällt der Schriftzug "Campusrad" ins Auge. Die Räder auf dem Kiliansplatz gehören zu einem eigenen System, das der Bildungscampus der Dieter-Schwarz-Stiftung gemeinsam mit der Deutschen Bahn aufgezogen hat. Die Flotte umfasst 50 Räder, Entleihstationen gibt es bei der Hochschule Heilbronn in Sontheim, an der Experimenta und beim Bildungscampus Ost.
Seit Februar läuft das Projekt und entwickelt sich "grundsätzlich positiv", sagt Judith Fischer von der Schwarz Campus Service GmbH. Allerdings: Die grenzenlose Rad-Freiheit ist Studenten und Mitarbeitern der Campus-Einrichtungen vorbehalten. Ein Radverleihsystem für alle gibt es in Heilbronn nach wie vor nicht. Es sei "weiterhin erklärtes Ziel der Stadt Heilbronn im Sinne der Radverkehrsförderung", sagt Rathaussprecherin Suse Bucher-Pinell. Ein solches Vorhaben müsse öffentlich ausgeschrieben werden. Als Alternative habe man einen E-Scooter-Verleih geprüft, die Idee aber wieder verworfen.
Ausschreibung muss vorbereitet werden
Eine Insellösung für Heilbronn hält die Stadt nicht für sinnvoll, sucht deshalb das Gespräch mit Neckarsulm und dem Landkreis. Das alles wird dauern. "Aufgrund personeller und finanzieller Kapazitäten aller Beteiligten und des erheblichen Aufwands die Vorbereitung einer fundierten Ausschreibung betreffend wird das Projekt erst mittelfristig weiterverfolgt werden können", heißt es aus dem Heilbronner Rathaus.
Neckarsulm zieht mit, trotzdem will die Nachbarstadt nicht solange warten. Man plane "ein zeitlich befristetes Angebot für die Stadt in Zusammenarbeit mit örtlichen Unternehmen" umzusetzen, das dann später vom regionalen Netz abgelöst werden könnte.
Der Heilbronner SPD-Gemeinderatsfraktion geht alles zu langsam. "Trotz Zusage der Verwaltung" drehe sich das Projekt "in Warteschleifen", kritisierten Rainer Hinderer und Tanja Sagasser-Beil jüngst bei der Sommerpressekonfernz ihrer Fraktion. Auch die beiden anderen großen Ratsfraktionen zweifeln nicht am Sinn eines solchen Systems. "Unbefriedigend" findet Susanne Bay von den Grünen, dass es derzeit keine Bewegung gibt. CDU-Fraktionschef Thomas Randecker verweist darauf, dass die Stadt einen Partner als Betreiber braucht. "Als Kommune können wir das nicht." Das System der Stationen müsse durchdacht sein, damit die Räder "nicht an jeder Ecke stehen".
Kooperation mit Regiorad Stuttgart ist gescheitert
Dieser Part des Mobilitätskonzepts schien vor der Buga gesichert. Heilbronn wollte ins Stuttgarter Radverleihsystem Regiorad einsteigen. An 20 Stationen sollten 70 Fahrräder und 30 Pedelecs bereit stehen. Doch das Vorhaben scheiterte an "vergaberechtlichen Gründen", wie es damals hieß - zum allgemeinen Bedauern im Gemeinderat.
Allerdings gab es auch damals schon Stimmen, die anmerkten, das System sei zu sehr auf Heilbronn konzentriert, Landkreiskommunen seien außen vor. Eine ähnliche Diskussion gibt es um Regiorad in Stuttgart, das die Erwartungen nicht überall erfüllt hat (siehe Hintergrund). Welche Heilbronner Landkreiskommunen außer Neckarsulm einsteigen könnten, ist völlig offen. Es gebe nichts Konkretes, so ein Sprecher des Landratsamts.
Kommentar: Sorgfältig prüfen
Call a bike, Regiorad oder Nextbike: Das sind viele Namen für ein Angebot , das in ganz Europa boomt. Es hört sich ja auch attraktiv an: Am Bahnhof ankommen, das bereitstehende Rad buchen, in die City radeln und das Gefährt wieder abstellen. Wer etwas auf sich hält, hat ein Radverleihsystem. In Heilbronn wächst die Kritik, weil die Stadt bislang keines auf die Reihe bekommen hat, obwohl alles schon zur Buga als ausgemachte Sache galt. Von der Verwaltung über den Gemeinderat bis zum Fahrradclub ADFC stehen offenbar fast alle hinter der Idee, dass der Region gerade so etwas gefehlt hat.
Bei aller Begeisterung ist sorgfältige Prüfung wichtig. Gerade das Vorbild Regiorad Stuttgart zeigt, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Je weiter man von der Landeshauptstadt weg ins Umland kommt, desto kümmerlicher werden die Nutzerzahlen. Das sollte Heilbronn und dem Landkreis zu denken geben, die das Projekt gemeinsam angehen wollen, ohne dass Teilnehmergemeinden feststünden.
Großes Problem der Verleihsysteme ist Vandalismus, der schon manchen Anbieter zum Rückzug bewegt hat. Deswegen sind die Räder so massiv und schwer, was sie für lange Fahrten unattraktiv macht. Es gibt einiges zu bedenken. So ist es zu verschmerzen, wenn es in Heilbronn etwas länger dauert. Ein wohlüberlegtes Konzept ist besser als ein Schnellschuss, der im Misserfolg endet.