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Rabbi erklärt koscher so: Man ist, was man isst

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Der Stuttgarter Rabbiner Yehuda Pushin erklärt, was es mit koscheren Lebensmitteln auf sich hat, also auch mit Wein. Und er outet sich, was er eigentlich am liebsten trinkt.

 Foto: Veigel

Yehuda Pushkin ist Gemeinderabbiner der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg (IRGW) in Stuttgart, zu der auch die Filialgemeinde Heilbronn gehört. "Man ist, was man ist." So bringt der 47-Jährige Theologe den Kern koscherer Lebensmittel auf den Punkt.

 

Werter Rabbi, mir ist zwar so manches nicht koscher, aber was koscher genau heißt, weiß ich nicht.

Yehuda Pushkin: Ganz einfach. Bei Lebensmitteln heißt das: zum Verkehr geeignet.Wir dürfen nicht alles essen und auch nicht alles mit allem kombinieren. Dazu gibt es in der Tora viele, viele und teils sehr detaillierte Gesetze. Übrigens auch in Bezug zu anderen Dingen des Alltags.

 

Warum ist das so wichtig für Juden?

Pushkin: Wie heißt es so schön: Man ist, was man isst − und was man trinkt. Es geht um einen gesunden Körper, den wir schätzen, mit dem wir letztlich Gott dienen, ihn heiligen. Dahinter steckt auch der Gedanke der Hingabe und der Abgrenzung: Man genießt nicht alles, was die Welt so zu bieten hat.

 

Ist es hierzulande nicht schwierig, sich koscher zu ernähren, wo bekommen Sie die Waren her?

Pushkin: Je nach Region. Durch die Nähe zu der großen und gut geführten Gemeinde in Straßburg sind wir nahe an entsprechenden Quellen dran und kaufen dort mehrmals im Monat ein: Fleisch, Käse, Wein, alles, was wir so brauchen, was aber nicht im Supermarkt zu finden ist. Wobei wir auch Listen mit üblichen Handelswaren führen, die fast überall leicht zu finden sind. Außerdem haben größere Gemeinden wie Stuttgart einen eigenen Koscherladen und die passende Gastronomie. Und inzwischen wird man übers Internet schnell fündig.

 

Da findet man auch viele koschere Weine. Ist der für Juden auch so wichtig wie für Christen?

Pushkin: Oh ja, im Grunde ist die große Bedeutung des Weins fürs christliche Abendmahl ja aus dem Judentum abgeleitet. Beim Tempeldienst wurde er auf den Altar gegossen. Daher seine sakrale Bedeutung. Heute wird der Tisch in unserer Synagoge wie ein Altar betrachtet. So spielt Wein bei jedem Ritual eine wichtige Rolle: von der Beschneidung über den Sabbath bis zur Hochzeit. Wann immer wir etwas heiligen, machen wir das mit Wein.

 

Und wo bekommen Sie ihren Göttertrank her?

Pushkin: Das ist inzwischen kein Problem mehr. Letzte Woche habe ich sogar im Edeka welchen gekauft, wobei so gut wie alle aus dem Ausland importiert werden. Eben deshalb wollen wir nun zusammen mit dem Staatsweingut Weinsberg daran arbeiten, dass wir koscheren Wein aus unserem Land bekommen, aus heimischen Trauben, regional, mit hoher Qualität.

 

Aber sagen Sie: Die Überwachung der Produktion, gerade beim Wein, ist ja sehr sehr aufwendig.

Pushkin: Ja, eben wegen der Heiligkeit gibt es hier besonders viele Regeln, die auch noch von einer religiösen Person überwacht werden müssen. Da wird es tatsächlich ein bisschen kompliziert, aber in anderen Ländern geht es ja auch.

 

... und im Ländle, respektive in The Länd, können die Einheimischen bekanntlich alles. Haben Sie beim Wein eine persönliche Vorliebe, vielleicht sogar einen Württemberger?

Puskhin: Ehrlich gesagt trinke ich lieber Bier und Whiskey und ein bisschen Schnaps. Aber durch unser Projekt lerne ich auch ganz viel über den Wein. Vielleicht werde ich dadurch tatsächlich noch zum Weinliebhaber.


Zur Person: Rabbiner Yehuda Pushkin

Der 1974 in Russland geborene Yehuda Pushkin studierte in Moskau und Jerusalem jüdische Theologie, arbeitete an Instituten in Hamburg und Frankfurt und ist seit 2018 Gemeinderabbiner der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg in Stuttgart.

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