Privatmann erhält Kreis-Corona-Zahlen, Öffentlichkeit nicht
Landratsamt gibt Informationen auf Nachfrage bekannt. Die Behörde verteidigt ihre Strategie der Nicht-Veröffentlichung und weist daraufhin, dass sich Menschen möglicherweise leichtsinnig verhalten.
Das Landratsamt Heilbronn hat lange Zeit ein Geheimnis um die Zahl der Menschen gemacht, die sich in den 46 Landkreisgemeinden nachweislich mit dem Coronavirus angesteckt haben. Seit wenigen Tagen sind die Zahlen für den Zeitraum vom 1. März 2020 bis zum 26. Mai 2020 öffentlich, wenn auch nicht über den offiziellen Weg. Hier visualisieren wir die Angaben auf der Karte:
Wie es zu dieser Veröffentlichung kam
Rechtsanwalt Patrick Gsell aus Heilbronn hat über www.fragdenstaat.de beim Landratsamt Heilbronn nachgefragt. Die gemeinnützige Internetplattform setzt sich für Informationsfreiheit ein. Das Informationsfreiheitsgesetz wurde zum 1. Januar 2006 in Deutschland auf Bundesebene eingeführt, in Baden-Württemberg trat ein entsprechendes Gesetz am 1. Januar 2016 in Kraft.
Nach Telefonat und E-Mail-Verkehr mit dem Landratsamt erhält Gsell die erbetenen Antworten aufgelistet in einer Tabelle. Der 42-Jährige veröffentlicht sie auf seinem Facebook-Konto. Die Idee, nachzufragen, sei während eines Gesprächs mit einem Bekannten entstanden. "Wir haben uns gefragt, ob es gefährlich sein könnte, da und da hinzugehen", sagt Gsell. Das sei noch während der Zeit gewesen, als die Infektionszahlen stetig angestiegen sind.
Landratsamt wollte, dass er seine öffentliche Anfrage zurückzieht
"Zunächst hat man mir beim Landratsamt gesagt, dass es gut wäre, wenn ich die Anfrage bei Frag-den-Staat zurückziehen würde." Begründung sei gewesen, dass eine Veröffentlichung zu gefährlichem Leichtsinn der Menschen führen könne. "Das sehe ich anders. Mit der Veröffentlichung hätte man Menschen schützen können. Hätten wir gewusst, dass es in einer Gemeinde eine hohe Zahl an Infizierten gebe, wären wir da nicht mehr hin", sagt Gesell. Mit der Veröffentlichung hätte das Landratsamt Vertrauen schaffen können. Diese Chance habe man verspielt.
Landratsamtssprecher Manfred Körner bestätigt auf Nachfrage, dass die Zahlen nicht veröffentlicht wurden. Man habe eine Anfrage einer Einzelperson nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz beantwortet. Was in der Folge mit den Informationen geschehe, darauf habe man keinen Einfluss.
Das Landratsamt lege Wert auf Datenschutz, teilt Körner in einer E-Mail weiter mit. Aus eigenen Erfahrungen und den Erfahrungen in anderen Landkreisen sei bekannt, dass in überschaubaren Städten und Gemeinden Infizierte schnell identifiziert werden können. Eine Veröffentlichung sei weiterhin nicht vorgesehen.
Andere Kreise haben die Zahlen von Anfang an offengelegt
Zum Schutz der Betroffenen habe man bei null bis fünf Infizierten keine Angaben gemacht, teilt das Landratsamt Heilbronn Gsell schriftlich mit. Für Cleebronn, Eberstadt oder Ellhofen sind beispielsweise im Zeitraum zwischen 1. März und 26. Mai keine Einträge vorhanden. Laut Tabelle gibt es seit 15. Mai in keiner Kommune des Landkreises mehr als fünf nachgewiesene Infizierte. Der Hohenlohekreis und die Stadt Heilbronn haben ihre Zahlen von Beginn an offengelegt.