Polizei entdeckt bergeweise Marihuana in Güglingen
Rauschgiftfahnder stoßen bei einer Zeugenbefragung auf 72 Kilogramm Marihuana und 260 Gramm Kokain. Ein dubioser Überfall von vier Maskierten einen Tag zuvor führte auf die Spur der Drogen.

Den Ermittlern des Polizeipräsidiums Heilbronn ist ein großer Schlag gegen die lokale Rauschgiftszene gelungen. Bereits im Januar dieses Jahres stellten die Beamten 72 Kilogramm Marihuana und 260 Gramm Kokain im Gesamtwert von etwa 315.000 Euro sicher. Laut einer Pressemitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft Heilbronn stoßen die Beamten nach einem dubiosen Überfallversuch in Güglingen-Frauenzimmern auf das Rauschgift.
Vier mit Sturmhauben maskierte Männer klingeln am 14. Januar dieses Jahres an einer Wohnungstür in einem Zweifamilienhaus in Frauenzimmern. Als der 29-jährige Familienvater die Tür öffnet und die Maskierten sieht, greift er geistesgegenwärtig zu einem Besenstiel und schiebt die vier Männer aus dem Hausflur. Sie flüchten.
Einen Tag später befragt die Polizei Zeugen und entdeckt in einer anderen Wohnung im selben Haus die Drogen. "Die Kollegen haben Marihuanageruch wahrgenommen und etwas genauer nachgeschaut", sagt Uwe Abendschein (38), Leiter des Dezernats Rauschgift und Organisierte Kriminalität beim Polizeipräsidium Heilbronn. Nach und nach seien sie auf immer mehr Päckchen gestoßen.
Größter Fund im Bereich des Polizeipräsidiums Heilbronn
Im Laufe der Ermittlungen wird klar, dass es ursprünglich 92 Kilogramm Marihuana anstatt der gefundenen 72 Kilogramm gewesen seien. Die fehlenden 20 Kilogramm sind Gegenstand der Ermittlungen. Nach Abendscheins Einschätzung handelt es sich dennoch um einen der größten Marihuana-Funde im Bereich des Präsidiums Heilbronn.
Laut Pressebericht soll der Wohnungsinhaber Marihuana und Kokain bei sich gelagert haben und als Kurierfahrer für einen 29- und einen 24-Jährigen, die beide in Heilbronn gemeldet waren, eingesetzt worden sein. Sie sollen bereits seit längerer Zeit einen schwunghaften Rauschgifthandel betreiben.
Fahnder nehmen den 29-Jährigen sieben Wochen später in Nordheim fest. Der 24-Jährige ist noch auf der Flucht. Bei der Durchsuchung von mehreren Wohnungen in Heilbronn und Nordheim am Tag der Festnahme, stellt die Polizei geringe Mengen Marihuana und Haschisch sowie mutmaßliches Dealergeld sicher.
Tatverdächtiger war bereits im Gefängnis
Der Leiter der Ermittlungsgruppe, der ungenannt bleiben möchte, erklärt, dass beide Männer polizeibekannt seien. Der Jüngere habe bereits eine Haftstrafe verbüßt. "Wir reden hier von einer oberen Ebene des Rauschgifthandels", sagt Polizeisprecher Frank Belz. Die Ware sei zum größten Teil für den hiesigen Markt bestimmt gewesen und aus dem europäischen Ausland in den Landkreis gelangt.
Durch verdeckte Ermittlungen und die Auswertung von Handy- und Beweismitteln hat die Polizei weitere 27 Helfer und Rauschgiftabnehmer des Duos angezeigt, erklärt der Leiter der Ermittlungsgruppe. Der größte Teil von ihnen komme aus dem Landkreis Heilbronn.
Einen Bezug zu einem mysteriösen Familiendrama, das sich wenige Tage nach dem Rauschgiftfund ebenfalls in Frauenzimmern zugetragen hat, sehen die Ermittler derzeit nicht. Damals geraten auf einem Reiterhof ein Vater und seine beiden Söhne in einen Streit. Der 17-jährige Sohn soll dabei seinem 15-jährigen Bruder tödliche Verletzungen zugefügt haben. Das Motiv ist bislang unklar. Der Vater und der 17-Jährige verletzen sich bei dem Familienstreit schwer.
Kommentar: Dranbleiben
72 Kilogramm Marihuana fallen Fahndern bei einer Zeugenbefragung fast schon in die Hände. Ein Zufallsfund, ja. Ein gewaltiger. Noch sind nicht alle Ermittlungen abgeschlossen. Rätselhaft ist der Verbleib von 20 Kilogramm Marihuana, nach denen die Rauschgiftfahnder suchen. Es bleibt spannend.
Welchen Schaden Cannabis-Produkte für Konsumenten anrichten, ist hinreichend erforscht. Auch der Nutzen der Pflanze zu medizinischen Zwecken ist unbestritten. Vermutlich werden auch nach diesem Fund wieder Stimmen laut, Cannabis zu legalisieren. Diese Diskussion kann geführt werden. Schnell ist der Vergleich mit dem Missbrauch von Alkohol gezogen. Es ist aber müßig, die Gefährlichkeit eines Rauschmittels gegen die eines anderen abzuwiegen. So lange Haschisch und Marihuana nicht legalisiert worden sind, muss die Polizei kriminelle Netzwerke verfolgen und zerschlagen. Die Täter sind nach dem Strafgesetzbuch zu bestrafen.
Die Fahnder des Rauschgiftdezernats haben mit einem der größten Funde im Bereich des Polizeipräsidiums Heilbronn jetzt die Möglichkeit, breit zu ermitteln. Hinter einer solchen Menge könnte ein breites Netzwerk stehen. Die Chance, bei der Tätersuche vielleicht in eine weiter oben angesiedelte Hierarchieebene vorzudringen, dürfen sich die Ermittler nicht entgehen lassen.