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Pilot aus Bad Wimpfen fliegt Manager durch Europa

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Bernd Axenbeck aus Bad Wimpfen wusste schon als Kind, dass er einmal seinen Traum lebt. Im Interview mit der Heilbronner Stimme verrät er, wie sein Pilotendasein aussieht.

Bernd Axenbeck (57) aus Bad Wimpfen vor der Piaggio Avanti II auf dem Flughafen im bayerischen Memmingen. In der Flugbranche für Geschäftsreisen ist er seit 2008 aktiv.
Foto: privat
Bernd Axenbeck (57) aus Bad Wimpfen vor der Piaggio Avanti II auf dem Flughafen im bayerischen Memmingen. In der Flugbranche für Geschäftsreisen ist er seit 2008 aktiv. Foto: privat  Foto: privat

Über den Wolken fühlt sich Bernd Axenbeck nicht schwerelos, aber doch irgendwie ausgeglichen. Der 57-Jährige aus Bad Wimpfen fliegt Manager von verschiedenen Unternehmen zu Meetings und Werksbesuchen quer durch Europa - mit einer Maschine, die ihn schon immer begeistert hat: einer Avanti Piaggio II. Im Montagsinterview mit der Heilbronner Stimme berichtet er, wie er über Jahrzehnte hinweg an seinem Traum festhielt.

 

Wieso weiß man bereits als Kind: Ich will mal Pilot werden?

Bernd Axenbeck: Durch Freunde. Wir hatten damals in Rittersbach bei Dallau gewohnt und der ältere Bruder von meinem besten Kumpel hatte Modellbau gemacht und das hat mich damals schon sehr fasziniert. Da war ich erst sechs Jahre alt. Zwei Jahre später hatte ich von meinen Eltern auch den ersten Modellbausatz bekommen und da war es klar: Ich muss Pilot werden. Ich wusste das felsenfest und habe in meinem Leben zielstrebig darauf hingearbeitet.

 

Und wann wurde das tatsächlich Realität und ging über Modellbau hinaus?

Axenbeck: Das hat lange gedauert. Ich hab mich später bei der Bundeswehr beworben. Damals, Mitte der 80er, wollte ich Tornadopilot werden. Wie sehr viele Männer damals noch.

 

Auch geprägt vom US-amerikanischen Film Top Gun?

Axenbeck: (lacht) Ich war zufällig gestern in Maverick (aktuelle Fortsetzung von Top Gun aus dem Jahr 1986, Anmerkung der Redaktion).

 

Echt jetzt, gestern?

Axenbeck: Ja. Der Film ist natürlich sehr pathetisch. Aber die Aufnahmen sind bombastisch. Ich habe im Kino als einziger Zuschauer immer wieder gegrölt, weil mich das so begeistert hat.

 

Wären Sie etwa auch gerne ein Pilotenheld?

Axenbeck: Nein, nein. Überhaupt gar nicht. Mit Pathos und diesen Liebesgeschichten kann ich weniger anfangen. Man hätte den Film kürzen können. Ich hätte da ein paar Sachen rausgeschnitten, die nicht so nötig gewesen wären. Die Szenen und die Story waren aber schon gut.


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Haben Sie in Ihrem Leben selbst die Erfahrung gemacht, dass der Typ Pilot die Frauenwelt anspricht?

Axenbeck: (lacht) Nee. Ich weiß: Wenn ich in meiner Mickey-Mouse-Uniform im Hotel aufkreuze, schafft das tatsächlich Eindruck. Aber das, sagen wir mal, irgendeine über mich hergefallen wäre, das eher nicht.

 

Kann ja noch kommen.

Axenbeck: Wer weiß. Ich versuche aber, es zu vermeiden (lacht).

 

Sie wollten also zur Luftwaffe mit Anfang 20.

Axenbeck: Ja, ich wurde T1 gemustert und sollte Tornado fliegen lernen. Während der Grundausbildung hatte ich wegen des langen Stehens beim Schießen und Exerzieren aber auf einmal ein geschwollenes Knie. Bin ins Bundeswehrkrankenhaus gekommen und die haben mir gesagt: Der Meniskus ist gerissen, der muss raus.

 

Das muss schlimm gewesen sein für Sie.

Axenbeck: Ich habe Rotz und Wasser geheult. Mit dieser Diagnose konnte ich nicht mehr Jetpilot werden und da war mein Intermezzo mit der Bundeswehr beendet. Ich wollte nicht zur Marine und auf einem Kahn versauern. Ich wollte Flieger werden.

 

Trotzdem wussten Sie schon damals: Irgendwann werden Sie Pilot sein?

Axenbeck: Genau. Ich bin aber erst einmal ins elterliche Geschäft eingestiegen, eine Gärtnerei, und hab da auch meinen jüngeren Bruder Daniel heißgemacht, Pilot zu werden. Er ist heute Pilot bei Tui Flight. Bei mir kamen dann erst Kind, diverse Geschäftserweiterungen, und der Pilotenschein ist in den Hintergrund getreten. Mit Mitte 30 war es aber soweit, das habe ich mir gegönnt.

 

Wieso gegönnt?

Axenbeck: Das kostete 8000 Euro. Also für den ganz normale Privatpilotenschein, das war noch nichts Gewerbliches. Erst später habe ich den Berufspilotenschein gemacht. Lange Zeit war die Fliegerei durch die Einnahmen bei Flugtagen für mich nur ein selbstragendes Hobby. Jetzt ist sie Hobby und Beruf. Man muss mich auch heute nicht zum Fliegen zwingen.

 

Was gibt Ihnen das, über den Wolken? Sind Sie da weg vom Alltag auf dem Boden?

Axenbeck: Es ist einfach das Büro mit der schönsten Aussicht. Du bist natürlich ein bisschen über den Dingen. Es ist aber nicht so, dass du da oben vor dich hin träumst oder esoterischen Gedanken hinterherdenken kannst. Du bist immer am Funken, du bist immer am Überwachen. Also du hast reichlichst zu tun. Nach zwei Stunden Flug bist du gut geerdet. Mental ist das eine herausfordernde Arbeit.

 

Die meisten haben vermutlich eine falsche Vorstellung vom Fliegen.

Axenbeck: Denke ich auch. Die meisten haben eben diese Top-Gun-Idee im Kopf. Rooster, zieh links weg, und so. Bei mir gilt: Passagierkomfort zuerst. Passagiere sollen schön ruhig und entspannt fliegen. Und meine persönliche und für mich wichtigste Regel ist: Nichts kaputt machen.

 

Sie fliegen heute eine Piaggio Avanti II, Ihr Traumflugzeug?

Axenbeck: Ja. Sie gehört der Firma mit Sitz in Memmingen, für die ich fliege. Das ist die Fönix Airways GmbH. Ich bin dort Geschäftsführer, Flugbetriebsleiter und Chefpilot. Zurzeit kostet eine Avanti II gebraucht etwa drei Millionen Euro. Sie ist sehr schnell, sehr leise, sehr geräumig und vor allem sehr sparsam.

 

Und wen fliegen Sie wohin?

Axenbeck: Ich fliege Abteilungsleiter und Vorstände durch die Gegend, in ganz Europa. Dänemark, England, viel in Deutschland. Schweiz ein bisschen, Italien relativ viel. Jetzt soll Marrakesch dazukommen diesen Sommer. Ich fliege die Manager zu Treffen mit neuen Kunden, zu Werken. Zwölf Firmen, im Pharma- und Nahrungsmittelbereich angesiedelt, nutzen die Maschine. Es gibt kaum Privatflüge.


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Die Piaggio Avanti wirkt so futuristisch, was ist der besondere Reiz an ihr?

Axenbeck: Piaggio und Learjet haben das in den 80er Jahren entwickelt. Sie wollten damals ein fortschrittliches Konzept bieten. Alle anderen Businessjets und Turboprop-Maschinen sind von den Wurzeln her aus den 50er Jahren, ganz konventionell. Aerodynamisch nicht besonders ausgefeilt. Bei der Avanti gilt: Form follows Function. Die Form folgt der Funktion. Es ist eine reine Rennmaschine, die mit 750 Stundenkilometern durch die Gegend fliegt.

 

Die Avanti steht aber in Memmingen im Allgäu, da haben Sie immer eine lange Anfahrt.

Axenbeck: Ja, ich fahre meistens schon am Vorabend hin, richte die Maschine soweit und übernachte dann dort.

 

Wildromantisch in einem Zelt im Hangar?

Axenbeck: Nee. Wir haben zwar ein Büro direkt im Hangar. Und da kommt demnächst eine Schlafcouch rein für mich. Aber ich gehe ins Hotel. Manchmal bin ich bis zu 20 Tage im Monat nicht zu Hause in Bad Wimpfen. Das kann schwierig sein. Wenn meine Tochter Zoe Ferien hat, darf sie mit. Im August geht sie für eine Woche mit nach Olbia, Sardinien. Sie ist da begeistert, klarer Fall. Sie darf vorne sein, meine Tochter ist meine siebenjährige Co-Pilotin.

 

Flammt die Begeisterung über, will sie ebenfalls Pilotin werden?

Axenbeck: Im Augenblick schwankt sie noch zwischen Tierärztin und Prinzessin sein.

 

In Ihrem Facebookprofil sind immer wieder Fotos zu sehen, die Sie über den Wolken zeigen. Könnten Sie noch auf die Fliegerei verzichten?

Axenbeck: Ja. Aber ich würde dahinsiechen.

 

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