Stimme+
Region
Lesezeichen setzen Merken

Noch mehr Uralt-Züge zum Neustart der Frankenbahn

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Es ist der zweite Rückschlag rund um den Neustart der Frankenbahn: Nach dem Bahnunternehmen Abellio legt nun auch Go-Ahead die Bremse ein, nur wenige moderne Züge werden zum Start der neuen Anbieter im Dezember verkehren. Nun braucht es einen Plan B.

Ein Zug von Go-Ahead wartet im Stuttgarter Hauptbahnhof auf die Abfahrt nach Pforzheim: Auf der Frankenbahn werden solche modernen Bahnen vorerst selten zu sehen sein. Foto: Archiv/Hettich
Ein Zug von Go-Ahead wartet im Stuttgarter Hauptbahnhof auf die Abfahrt nach Pforzheim: Auf der Frankenbahn werden solche modernen Bahnen vorerst selten zu sehen sein. Foto: Archiv/Hettich  Foto: Hettich, Alexander

Neue Anbieter, ganz neue Züge mit WLAN und Klimaanlage: So sollte die Frankenbahn am 15. Dezember in die Zukunft starten. Daraus wird vorerst nichts. Nach Abellio hat mit Go-Ahead auch das zweite Bahnunternehmen für die Strecke von Stuttgart nach Heilbronn und Würzburg ein Notfallkonzept ausgerufen. Mindestens bis März 2020 werden nur wenige moderne Wagen fahren. 

Nun also auch Go-Ahead: „Wir sind gerade dabei, Plan B aufzusetzen“, kündigte Dr. Hans-Peter Sienknecht, kaufmännischer Geschäftsleiter Baden-Württemberg, im Gespräch mit der Heilbronner Stimme an.

Plan A, das hätte bedeutet: Die Tochter eines britischen Konzerns bedient die ihr zugedachte Express-Verbindung von Stuttgart über Heilbronn nach Würzburg stündlich und schafft damit eine deutliche Verbesserung gegenüber dem bislang häufig üblichen Zweistunden-Takt. Und: Go-Ahead fährt mit modernen Zügen des Schweizer Herstellers Stadler, die WLAN, Klimaanlage und Barrierefreiheit aufbieten. Teil eins des Versprechens will man vom Start weg einhalten, auf neue Bahnen müssen viele Kunden aber noch länger warten.

Vielerorts längst ausgemusterte Silberlinge fahren weiter

Drei von fünf Zuggarnituren würden zunächst für eine Übergangsfrist von drei anderen Bahnunternehmen im Auftrag von Go-Ahead bereitgestellt. Welche Firmen das sind, will Sienknecht noch nicht verraten. Die Deutsche Bahn sei nicht dabei. Mindestens bis März 2020 soll der Mischverkehr dauern.

Für Pendler besonders schmerzhaft: Die Übergangspartner setzen laut dem Go-Ahead-Geschäftsführer auf die berühmt-berüchtigten N-Wagen, im Volksmund Silberlinge genannt, vielerorts längst ausgemusterte Uralt-Wagen, deren Zeit auf der Frankenbahn eigentlich endlich vorbei sein sollte. 

Unternehmen geht nach Startproblemen auf Nummer sicher 

Seit Go-Ahead an Pfingsten erste Strecken im Netz um Stuttgart übernahm, häuften sich technische Probleme. Zugausfälle und Verspätungen waren die Folge. So blockierten immer wieder die Schiebetritte der Stadler-Züge, die automatisch ausfahren und den Abstand zum Bahnsteig überbrücken sollen. Die Software legte daraufhin oft den ganzen Zug lahm. Diese und weitere Kinderkrankheiten soll ein Software-Update in den nächsten Wochen beheben. Das bestätigte auch eine Stadler-Sprecherin auf Stimme-Nachfrage.

Den Fahrplan mit Takt-Verbesserung will Go-Ahead einhalten

„Wir sind zuversichtlich, dass der katastrophale Start auf die Frankenbahn nicht durchschlägt“, kann Go-Ahead-Regionalchef Sienknecht den schlechten Erfahrungen und daraus gezogenen Lehren zumindest etwas Positives abgewinnen. Man werde den vom Land bestellten Betrieb gewährleisten können, mit Ausfällen und Verspätungen, die sich „im Rahmen hielten“ – aber eben zunächst nur mit der Hilfe von Partnern und mit nur zwei neuen Zuggarnituren, die nach und nach mit weiteren Stadler-Zügen aufgestockt werden sollen. 

Auch Abellio musste Plan B aus der Schublade holen

Es ist der zweite Rückschlag rund um den Frankenbahn-Neustart, nachdem Abellio bereits im Frühjahr wegen Lieferschwierigkeiten des Herstellers Bombardier ein Übergangskonzept angekündigt hatte. Die eigentlich ausgebootete DB Regio, die bei der Ausschreibung wegen Formfehlern gegen die beiden Konkurrenten den Kürzeren gezogen hatte, werde die Strecke zwischen Stuttgart und Heilbronn im Rahmen einer Kooperation „für wenige Monate“ weiter bedienen.

Voraussichtlich geschieht das mit Doppelstockwagen, die nicht so museal sind wie die Silberlinge. Konkret sieht Plan B so aus: Abellio fährt die stündliche Regionalbahn Stuttgart-Heilbronn-Osterburken durchgehend selbst, aber mit geliehenen, älteren Zügen. Die ebenfalls stündliche Regionalbahn-Verbindung von Stuttgart nach Mannheim behält übergangsweise die DB Regio auf dem Abschnitt bis Heilbronn. Dort steigen Fahrgäste, die nach Mannheim wollen, in Abellio-Bombardier-Bahnen um.

VCD: Übergangsphase mit alten Wagen zu verschmerzen

Dass nun auch Go-Ahead die Bremse einlegt, sieht Matthias Lieb nicht ganz so kritisch. „Lieber ein Ersatzkonzept, als das auf Biegen und Brechen durchzuziehen“, zeigt der Landesvorsitzende des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) Verständnis. Seit 25 Jahren kämpfe man für einen besseren Takt auf der Strecke nach Würzburg. Das sei nun erreicht, da ist der kurze Rückfall in Silberling-Zeiten für Lieb „ein Schönheitsfehler“. 

 

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung

So ein Zugtyp am 29.10.2020 09:17 Uhr

Also, ich persönlich finde es sogar ganz gut, dass dort n-Wägen eingesetzt werden. Klar, auf den ersten Blick sehen die alt und verranzt aus, aber so schlimm sind die garnicht. Es gibt dort einige Vorteile gegenüber den neueren Zügen:
1. Die zu öffnenden Fenster. Das ist hunderttausendmal besser als eine Klimaanlage, die nicht funktioniert. Außerden ist das Gefühl, wenn man da steht, den Luftzug spürt, und die Landschaft vorbeirast irgendwie unbeschreiblich. Die Leute, die nur mit dem Handy beschäftigt sind, kennen das leider garnicht.
2. Die bequemen Sitze, da kann man sich schön reinfallen lassen, mit den dicken Polstern. Bei den neueren Zügen geht das nicht.
3. Geringere Störungsanfälligkeit. Ich fahre auf der aktuellen Strecke Heilbronn - Stuttgart - Tübingen sehr oft, und die neuen Züge fallen wesentlich öfter aus, als die n-Wagen-Garnituren. Die werden nämlich fast immer von einer modernen 185er-Lok gezogen, bei den gelben Abellio-Zügen ist wesentlich öfter was mit technischen Störungen.
4. Zwar für mich nicht wichtig, aber die -im Vergleich zu heute- sehr viel größeren Gepächflächen.
5. Der Sound. Es gefällt mir wesentlich mehr, wenn man das Rollen über die Gleise, das Fahren über Weichen deutlich hört, anstatt lautlos über die Schienen zu "schweben". Das ist aber natürlich Geschmackssache und wird den meisten Leuten wohl eher nicht gefallen. Ebenso finde ich es schöner, wenn Türen zuknallen, als sich lautlos zu schließen.
Bei den Türen kann ich aber jetzt auch noch zu den Nachteilen kommen: Diese sind für Leute mit Taschen, Handys oder anderem in der Hand nicht so leicht zu öffnen. Außerdem ist das Einsteigen mit Kinderwagen oder gar Rollstühlen sehr schwierig. Zum Glück gibt es ganz vorne immer Schiebetüren, und eine helfende Hand (das Zugpersonal). Das ist aber auch der einzigste Nachteil, der mir grade einfällt, und die Vorteile überwiegen mir da deutlich.

Antworten
lädt ... Gefällt Nutzern Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
  Nach oben