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Auf welchem Stand sind die neuen Fünftklässler?

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Fünftklässler werden alljährlich im Rahmen von "Lernstand 5" getestet. Nach der langen Homeschooling-Zeit im vergangenen Schuljahr gilt den Ergebnissen dieses Mal besonderes Augenmerk.

Präsenzunterricht, Wechselunterricht, Homeschooling: Schulkinder mussten sich in der Pandemie immer wieder auf neue Situationen einstellen. Foto: dpa
Präsenzunterricht, Wechselunterricht, Homeschooling: Schulkinder mussten sich in der Pandemie immer wieder auf neue Situationen einstellen. Foto: dpa  Foto: Jonas Güttler/dpa

Was haben die Jungen und Mädchen in der Grundschule gelernt? Antworten auf diese Frage liefert alle Jahre wieder "Lernstand 5", eine Testung, in der grundlegende Kompetenzen in Deutsch und Mathematik abgefragt werden und den alle neuen Fünftklässler in Baden-Württemberg zu Schuljahresbeginn absolvieren müssen. Auch jetzt wieder. Dieses Mal ist es aber besonders spannend für die Schulleiter und Lehrer. Denn dieses Mal geht es auch um die Frage: Was haben die Grundschüler womöglich nicht gelernt, bedingt durch den langen Lockdown im vergangenen Schuljahr? Eine erste Bilanz glättet übermäßige Sorgenfalten.

Es kommt keiner drumherum

Egal, ob Werkrealschüler, Realschüler, Gemeinschaftsschüler oder Gymnasiasten: Es kommt keiner drumherum. Alle Fünftklässler im Land haben vor einigen Tagen identische "Lernstand 5"-Aufgaben bearbeitet - allein in der Stadt Heilbronn und im Landkreis Heilbronn sind es mehr als 4000 Jungen und Mädchen, in ganz Baden-Württemberg etwa 103 000 Kinder an öffentlichen und privaten Schulen. Überprüft werden sogenannte Basiskompetenzen, die für den weiteren Lernerfolg wichtig sind - in Deutsch der Bereich Lesegeschwindigkeit und Leseverständnis, in Mathematik Zahlen und Operationen. Die Tests werden nicht benotet und fließen auch nicht in die Notengebung ein.

 


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Die Schulen teilen die Ergebnisse dem Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW) mit, das die Ergebnisse auswertet. Ziel ist es, Lehrkräfte dabei zu unterstützen, die Kompetenzen ihrer neuen Fünfer schnell und gut einschätzen zu können - und sie gegebenenfalls mit Förderangeboten gezielt zu unterstützen. Demnächst endet die Abgabefrist der Ergebnisse beim IBBW.

Das Diagnose-Instrument ist dieses Mal besonders wichtig

Alles wie immer, alles Routine - aber eben nicht ganz. "Klar, wir waren schon gespannt", sagt zum Beispiel Jürgen Kovács vom Justinus-Kerner-Gymnasium in Weinsberg. "Als Diagnose-Instrument ist ,Lernstand 5" dieses Mal besonders wichtig." Da Kovács in diesem Schuljahr eine fünfte Klasse in Mathematik unterrichtet, hat er deren Arbeiten korrigiert und die Ergebnisse in das IBBW-Portal eingegeben. Bei "Lernstand 5" bekommen die Lehrer vom IBBW über ein standardisiertes Verfahren mit Hilfe einer Referenzgruppe Antworten auf die Fragen: Wo steht die Klasse als Ganzes? Wo steht der einzelne Schüler? Festgestellt wird also der individuelle Förderbedarf, und zur Verfügung gestellt wird standardisiertes Fördermaterial.

Grundschulen haben sich sehr bemüht

Was die Schüler bei ihm abgeliefert haben, habe ihn "sehr beruhigt", sagt Oberstudiendirektor Jürgen Kovács. Er habe "keine erheblichen Auffälligkeiten" feststellen können. "Ich habe das Gefühl, dass sich die Grundschulen sehr bemüht haben."

Kovács" Eindrücke decken sich mit dem, was Frank Schuhmacher, Leiter des Öhringer Hohenlohe-Gymnasiums, beobachtet hat: "Im Vergleich mit den Vorjahren sind die Ergebnisse nicht dramatisch schlechter." Allerdings stehe die genaue Draufsicht der Fachkollegen auf die Auswertung noch aus. Für alle Klassen am HGÖ wird eine Gruppe von Lehrern das Förderkonzept neu gestalten, in das auch die Auswertung von "Lernstand 5" einfließen - und das abgestimmt werden soll mit "Lernen mit Rückenwind". Dieses neue Förderprogramm des Landes soll pandemiebedingte Defizite abmildern und ausgleichen. "Lernen mit Rückenwind" vor Ort zu organisieren stellt jedoch etliche Schulen vor enorme Herausforderungen.

Andreas Gremmelmaier von der Realschule Ilsfeld ist ebenfalls erleichtert: Die Fachlehrer hätten ihm signalisiert: "Die Defizite sind nicht gravierender als sonst." Man habe befürchtet, "dass es schlechter ausfällt". Bei Gremmelmaier sind Fünfer mit Empfehlungen für Werkreal- und Realschule und auch fürs Gymnasium. Die Ergebnisse von "Lernstand 5" spiegelten auch 2021 die verschiedenen Leistungsstufen wieder. In ein paar Wochen werden die Lehrer der Fünftklässler Elterngespräche führen - dann werde auch das "Lernstand 5"-Ergebnis besprochen.

Noch genauer hingeschaut

Die Otto-Klenert-Schule sei natürlich immer aufmerksam, was die Jungen und Mädchen im Rahmen von "Lernstand 5" abliefern. "Aber dieses Mal haben wir noch genauer hingeschaut", sagt Nicole Schluchter, Rektorin der Bad Friedrichshaller Werkreal- und Realschule. Vor allem auch, weil die Ergebnisse Auswirkungen auf die Organisation von "Lernen mit Rückenwind" haben könnten. Schluchter ist ebenfalls halbwegs beruhigt. "Wir haben ein paar gravierende Fälle - aber die gibt es immer." Und sie seien positiv wie negativ gravierend.

"Als Diagnose-Instrument schauen wir immer genau auf ,Lernstand 5"", sagt auch Jan Pfeil-Reh von der Wolf-von-Gemmingen-Gemeinschaftsschule in Gemmingen. 2021 sind die Ergebnisse "nicht schlechter als im vergangenen Jahr", weiß der Konrektor. "Das beruhigt uns schon ein Stück weit." Allerdings: Auf eine wesentliche Frage im Schulalltag liefere "Lernstand 5" keine Antworten: "Welche sozialen Beeinträchtigungen gibt es durch Corona?" Die Schulen müssten einiges auffangen. Das bestätigt Jürgen Kovács vom Weinsberger Gymnasium. Viele Schulen haben es sich deshalb gerade in den ersten Wochen nach den Sommerferien zur Aufgabe gemacht, das Miteinander zu stärken - in Gemmingen etwa waren die Sechser bereits im Schullandheim. "Das soziale Leben spiele sich so langsam wieder ein, resümiert Pfeil-Reh.

Weitere Infos

Das Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW) sitzt in Stuttgart. "Lernstand 5" wird am IBBW im Auftrag des baden-württembergischen Kultusministeriums entwickelt. Der Entwicklungsprozess erfolgt in enger Abstimmung mit der wissenschaftlichen Begleitung, heißt es in einem Schreiben an die Eltern aller Fünftklässler im Land. Vor dem Hintergrund, dass die Leistungen der Schüler in Baden-Württemberg im Bundesvergleich abgesackt waren, wurden das IBBW und das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung 2019 gegründet. Im Zuge der Neuordnung wurden das Landesinstitut für Schulentwicklung und weitere nachgeordnete Dienststellen des Kultusministeriums aufgelöst, ist auf Wikipedia nachzulesen.

 
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