Neuer Zwist um die Heilbronner Saarlandstraße
Das Thema ist ein Dauerbrenner regionaler Verkehrsplanung, seit Jahren liegt es auf Eis. Jetzt haben sich die CDU-Ratsfraktionen in Heilbronn und Leingarten in einer gemeinsamen Erklärung mit Innenminister und Landtagskandidat Thomas Strobl zu Ausbau und Verlängerung der Saarlandstraße bekannt. Die Grünen sehen dahinter vor allem ein Wahlkampfmanöver.

"Der Ausbau der Saarlandstraße hat nach der Nordumfahrung erste Priorität. Wir wollen das hinbekommen", heißt es in der CDU-Erklärung. "Blockiert" werde das Vorhaben von den Grünen, schreiben die Unterzeichner, die Fraktionschefs aus Heilbronn und Leingarten, Thomas Randecker und Thomas Landesvatter, nach einer virtuellen gemeinsamen Fraktionssitzung, an der demnach auch Thomas Strobl teilgenommen hat.
Grüne zweifeln am Nutzen des Projekts
"Unlauter und deplatziert" findet das Susanne Bay, Grünen-Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat und Landtagsabgeordnete, die im Wahlkreis Heilbronn gegen Strobl antritt. Ein kommunales Thema werde für den Wahlkampf instrumentalisiert. Keine der Ratsfraktionen, die hinter dem Saarlandstraßen-Projekt stehen, habe dafür Geld in den Beratungen zum aktuellen Doppelhaushalt beantragt, betont Bay. Sie selbst hatte beim Wahlforum der Heilbronner Stimme ihre Skepsis gegenüber einer "vierspurigen Stadtautobahn" vorbei an Wohngebieten und Klinik unterstrichen. Der verkehrliche Nutzen sei für sie begrenzt, man schaffe nach der Bruckmann-Brücke einen neuen Engpass, so Bay.
Kein Geld im städtischen Doppelhaushalt
Thomas Randecker bestätigt auf Stimme.de-Nachfrage, dass seine Fraktion im aktuellen Doppelhaushalt kein Geld für die Saarlandstraße beantragen will. "Wir brauchen keine Mittel, weil realistischerweise in den kommenden beiden Jahren ohnehin nicht gebaut wird." Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Heilbronner Gemeinderat ist aber davon überzeugt, dass das Projekt finanzierbar und sinnvoll ist. Auch die Stadt hatte immer wieder betont, man halte fest an dem Projekt, das seit Jahrzehnten Planer beschäftigt und das derzeit auf Eis liegt. Realisiert ist nur der erste, 8,9 Millionen Euro teure Bauabschnitt zwischen Neckartal- und Römerstraße, der Saarlandkreisel. Von hier sollte die Trasse tiefergelegt bis zur Heidelberger Straße verlaufen. Mittel aus diesem zweiten Bauabschnitt hat das Land in Abstimmung mit der Stadt zwischenzeitlich für die Nordumfahrung Frankenbach-Neckargartach umgeschichtet.
Abschnitt drei des Saarlandstraßen-Projekts war nie finanziert. Angedacht ist, die Trasse bis zur B293 zu verlängern, dort soll sie in eine Südostumfahrung Leingartens übergehen. Die viel befahrene Leintalstraße zwischen Frankenbach und B293 würde im Gegenzug zurückgebaut.
Kosten über 40 Millionen Euro

Verkehrsprognosen gibt es, rund 12.000 Autos weniger rollten täglich durch Frankenbach, sollte die Saarlandstraße an die B293 angebunden werden. 11.000 weniger wären es demnach in Klingenberg. In Böckingen, Neckargartach und Leingarten läge das Minus jeweils bei mehr als 3000 Fahrzeugen. Heilbronn kann einen "planungsfeststellungsersetzenden Bebauungsplan" vorweisen. Anders als ein Planfeststellungsbeschluss hat dieses Konstrukt kein Verfallsdatum. Offen ist die Finanzierung. Die Bauabschnitte zwei und drei waren mit 44,4 Millionen Euro berechnet. Davon sollten Bund und Land etwas mehr als die Hälfte übernehmen. Mittlerweile wären die Kosten sicher höher.
In der Leingartener Kommunalpolitik steht die große Mehrheit hinter der Südostumfahrung, das Gesamtpaket war Thema in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Bis 2025 habe das Land den Bau der Leingartener Tangente nicht auf dem Zettel, weiß Bürgermeister Ralf Steinbrenner. "Dann werden wir wieder auf uns aufmerksam machen."
Kandidaten haben sich positioniert
Im regionalen Landtagswahlkampf spielte das Thema bislang nur am Rande eine Rolle. Die Kandidaten im hart umkämpften Wahlkreis Heilbronn hatten sich auf Stimme-Nachfrage positioniert. Neben Thomas Strobl (CDU) haben sich Rainer Hinderer von der SPD, Nico Weinmann (FDP) und AfD-Kandidat Michael Seher grundsätzlich für Ausbau und Verlängerung der Saarlandstraße ausgesprochen. Wie Susanne Bay von den Grünen sieht auch Marlene Neumann (Die Linke) in dem Projekt keine Lösung der Verkehrsprobleme.
Das sind die Kapitel der unvollendeten Geschichte im Überblick
1950er-Jahre
Kommunalpolitik befasst sich seit Jahrzehnten mit der Straße

Schon 1950 beschäftigte die Saarlandstraße die Kommunalpolitik. Da hieß sie noch gar nicht so, die Taufe erfolgte erst 1958. Acht Jahre vorher ist in der Heilbronner Stimme zu lesen: „Die Verbreiterung der Straße nach Frankenbach ist längst fällig.“ Ihr Zustand sei „beängstigend“. Das historische Foto zeigt die Straße in gutem Zustand im Jahr 1967. (Foto: Horst Wendt)
24.3.2011
Bebauungsplan rechtskräftig

Der Bebauungsplan für das Gesamtprojekt ist rechtskräftig. Weil es sich dabei um einen sogenannten „planfeststellungsersetzenden Bebauungsplan“ handelt, hat er kein Verfallsdatum, wie es bei einem Planfeststellungsbeschluss der Fall wäre. (Foto: Werner Kuhnle)
Sommer 2012
Südostumfahrung nicht mehr im Maßnahmenplan

Die Südostumfahrung Leingartens, eng mit der Saarlandstraße verknüpft, taucht nicht mehr im Maßnahmenplan für den Bau und Ausbau von Landesstraßen auf. Die Umfahrung würde auf dem Foto an den Strommasten im Vordergrund vorbeiführen. (Foto: Mario Berger)
November 2015
Bürgerinitiative für Tunnellösung

2015 Die Bürgerinitiative (BI, hier bei einer Aktion 2007) „Tunnel für die Saarlandstraße“hat nach einem dreijährigen Verfahren den Prozess gegen die Stadt Heilbronn vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden- Württemberg verloren. Die Bürger wollten erreichen, dass die Trasse im zweiten Bauabschnitt im Tunnel verläuft. (Foto: Andreas Veigel)
November 2016
Andere Projekte profitieren

Die Landesregierung schichtet Finanzmittel, die für den Ausbau der Saarlandstraße gedacht waren, auf zwei andere drängende Projekte in Heilbronn um: Die Nordumfahrung Frankenbach-Neckargartach und die Kreuzung Sonnenbrunnen. (Foto: Mario Berger)