Stimme+
Neckarwestheim
Lesezeichen setzen Merken

Neckarwestheim will Rücklagen vom GKN-Geld in die Zukunft tragen

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Dank Bürgerstiftung genießen die Neckarwestheimer nach wie vor Privilegien. Die Stiftung wurde vom Kernkraftwerk-Betreiber finanziert – anstelle eines Schwimmbads.

Von den Gewerbesteuereinnahmen leistete man sich in Neckarwestheim unter anderem die, bezogen auf die Einwohnerzahl des Orts, überdimensionierte Reblandhalle.
Von den Gewerbesteuereinnahmen leistete man sich in Neckarwestheim unter anderem die, bezogen auf die Einwohnerzahl des Orts, überdimensionierte Reblandhalle.  Foto: Schmidt\, Harald

In Neckarwestheim finden sich keine lauten Kernkraftgegner. Unwohlsein beschleicht den einen oder anderen nur beim Gedanken an den radioaktiv verseuchten Müll. "In den 80er, 90er Jahren wollte man sich um die Abfallentsorgung kümmern", erinnert sich Jochen Winkler, "doch da sei nichts passiert". Als es hieß: "Jetzt brauchen wir doch 30 Jahre länger", nahm der Bürgermeister an, "dass die Pläne schon beim Erstellen unrealistisch waren." Daher empfindet er die Abbauphase des GKN als "von der Psychologie her schwieriger". Auch schwierig sei die weitere Nutzung des Geländes. Allein zehn bis 15 Jahre, schätzt er, wird der Abbau dauern, der Müll bleibt aber noch unabsehbar lange vor Ort. "Für uns ist das ein Endlager."

Herkunft aus Neckarwestheim psychologisch nicht zuträglich

Psychologisch gesehen war und ist der Name Neckarwestheim auch nicht zuträglich fürs Marketing von Agrarprodukten. Viele Weinbaulagen werden daher hauptsächlich unter dem Label der Felsengartenkellerei Besigheim vermarktet, Kartoffeln mit der Herkunftsbezeichnung verkaufen sich auch nicht so gut.


GKN-Gewerbesteuer beeinflusst Stimmung positiv

Solange die Gewerbesteuereinnahmen durch das GKN noch fließen, wird sich aber an der generell positiven Grundhaltung gegenüber der Atomkraft in der Gemeinde so schnell nichts ändern. Und - bisher eher kleinere - Einschränkungen kommen weder plötzlich, noch unerwartet. Bereits während seiner ersten Amtszeit hat Bürgermeister Winkler begonnen, den Haushalt der Kommune nach und nach zu verschlanken. Eingeführt wurde etwa eine anderswo übliche Vergnügungssteuer, die vor allem das örtliche Spielkasino trifft. Gestrichen wurde die Subvention des Wasserpreises für die Bürger. Und man stellte die Ausbildungsinitiative ein: Eine Zeitlang bezuschusste das Rathaus die Ausbildung von Jugendlichen mit schlechten Schulnoten.

Geblieben sind bisher jedoch die Zuschüsse für die Vereine. Die laufen, ebenso wie die Schwimmbadkarten, über die Bürgerstiftung, und damit nicht in Gefahr.

Eigentlich sollte Neckarwestheim ein Schwimmbad bekommen

Nach dem GKN-II-Bau wollte der Betreiber den betroffenen Gemeinden, Neckarwestheim und das benachbarte Gemmrigheim, eigentlich ein Schwimmbad als Ausgleich spendieren. Da dies von den damaligen Gemeinderäten mehrheitlich abgelehnt wurde, bekam jede Kommune dafür den entsprechenden Geldwert: je zehn Millionen Mark. Neckarwestheim ließ das Geld in die 1993 gegründete Bürgerstiftung einfließen und vermehrte es durch Zinseinnahmen und geschickte Anlage in Immobilien.

Schwimmen in Freibädern der Umgebung

Daher gibt es nach wie vor und auch in Zukunft für alle Neckarwestheimer Bürger gegen zehn Euro Schutzgebühr eine für sechs Freibäder in der Umgebung geltende Saisonkarte oder Ermäßigungskarten für Hallenbäder wie das Soleo in Heilbronn. Die Stiftung fördert sportliche, soziale und gesellschaftliche Belange.

Das heißt aber nicht, dass sich die Verwaltung nur darauf verlässt. So entwickelt die Gemeinde derzeit das Gewerbegebiet Ilsfelder Weg, um die Einnahmenseite zu stärken und, so Winkler: "Wir schauen auch auf Folgekosten bei Projekten." Das war früher nicht nötig, da schöpfte man aus dem Vollen. "Wir müssen schauen, dass wir unsere Rücklagen lange in die Zukunft tragen können", heißt es jetzt.

 

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben