Mordprozess Löwenstein: Die Indizienkette wird dichter
Bemerkenswert sachlich hat im Prozess um den Mord an seiner Mutter auf dem Parkplatz der Evangelischen Tagungsstätte Löwenstein der Sohn der getrennt lebenden Eltern am Freitag Fragen beantwortet. Der Vater hatte der Mutter in einem Brief vorgeworfen, die Familie zu zerstören.

Dass sein Vater weder gegen ihn noch seine Mutter gewalttätig war, betont der gelernte Gebäudereiniger als Zeuge. Sein Vater sei immer für ihn da gewesen; nach der zweiten Trennung der Mutter von ihm soll er allerdings auch kurze Zeit vor dem Tattag gesagt haben, dass die Mutter "keinen anderen Mann haben soll". Da hatte der Angeklagte offenbar in Erfahrung gebracht, dass die 59-Jährige einen neuen Partner hat. "Er war geschockt, wie vor den Kopf gestoßen", sagt der Sohn aus. Ihn soll er aufgefordert haben, diesen Mann "zu boykottieren". Als der 33-Jährige dies mit Rücksicht auf die Mutter ablehnte, habe der Vater sich barsch von ihm abgekehrt.
In einem entschuldigenden Brief, den Georg M. (63) etwas später an seinen Sohn schrieb, spricht er davon, dass man Liebe und Loyalität nicht erzwingen könne, sondern nur geschenkt bekomme. Dann führt er an, dass der Neue "unsere Familie kaputt macht" und die Mutter dafür verantwortlich sei, ob "die Familie zerbricht oder nicht". Verbitterung wird deutlich, wenn er schreibt, er habe sein Leben lang für die Familie gesorgt.
Ist das ein Motiv für die Bluttat Ende März 2017 auf dem Parkplatz der Tagungsstätte? Mit 14 Messerstichen und -schnitten hatte der Täter die Frau in den Abendstunden attackiert, sie verblutete vor Ort. Die Tatwaffe wurde nicht gefunden − doch die Polizei fand eine Getränkedose mit der DNA des Ehemannes am Tatort. Und ein Polizeihund verfolgte eine Spur bis in die Nähe seines Wohnhauses.
Sohn und Tochter als Nebenkläger
Ob der Sohn seinem Vater die Tat zutraut? Er kann es nicht sagen. Wenn sein Vater in den Gerichtssaal im Heilbronner Landgericht geführt werde, laufe für ihn "ein ganz komischer Film ab, das passt nicht". Er müsse den Spuren und Ermittlungen der Polizei vertrauen. Als Nebenkläger treten Sohn und Tochter auf. Man wolle Klarheit haben, sagt der 33-Jährige, für den die Mutter wie eine gute Freundin war. Und: "Der Täter soll bestraft werden."
Nie bedrohlich geworden, keine Gewalt gegen sie oder die Mutter − so charakterisiert auch die Tochter (36) ihren Vater. Aber: Als sie ein Kind bekam und mit ihrem Partner aus beruflichen Gründen nach Neuss umzog, habe er sich − offenbar aus Enttäuschung − von ihr distanziert. Der Kontakt brach ab. "Mein Papa" sagt sie im Zeugenstand öfter, hat keine genaue Erinnerung an eine Zeugenaussage, nach der ein Ex-Freund ihrem Vater vorwirft, in einem heftigen Streit um diese Beziehung mal ein Messer gezogen zu haben.
Ominöser Brief sorgt für Staunen
Ein ominöser Brief an eine Firma, der mit dem Namen des Angeklagten versehen ist, sorgt für großes Staunen. Er ist zwölf Jahre alt, stammt aus der Zeit, als sich die Mutter schon einmal von ihrem Mann getrennt hatte und öfter mit einem Bekannten ausging. In dem Brief an den Arbeitgeber dieses Bekannten wirft der Angeklagte dem Mann vor, seine Ehefrau als Vorgesetzter zum Ausleben seiner Triebe "rücksichtslos auszunutzen". Er belastet den vermeintlichen Nebenbuhler wegen sexueller Übergriffe und fordert die Firma auf, dem Mitarbeiter "das Handwerk zu legen". Am Briefende bescheinigen die beiden Kinder mit Namen und Unterschrift derartige Aussagen und dass sie der Mutter zu einer Strafanzeige geraten hätten.
Der Haken: Beide Kinder sagen aus, diesen Brief definitiv nicht zu kennen. Eine eingescannte Unterschrift der Tochter fand man auf dem PC des Vaters. "Das kann nur ein eifersüchtiger Ehemann gewesen sein", folgert der Sohn im Gerichtssaal − und meint damit seinen Vater.
E-Mailverkehr der Mutter war auf PC des Angeklagten
Der Angeklagte Georg M. steht nicht zum ersten Mal vor Gericht. In einen Betrugsverfahren um den Verkauf von Küchen wurde er im Herbst 2017 zu 22 Monaten Gefängnis verurteilt. Er legte Berufung ein, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Am Freitag berichtete das Gericht vom E-Mailverkehr zwischen der Ehefrau und ihrem neuen Partner, der überraschenderweise auf dem Computer des Vaters gespeichert war. Da war die 59-Jährige längst ausgezogen, lebte in einer neuen Wohnung. Hatte der Angeklagte Zugang zu den Daten der Ehefrau und konnte sie überwachen? Der Sohn berichtet, dass der Vater der Mutter früher beim Einrichten der Internetverbindungen geholfen habe.
Finanziell hat es in der Familie nach Angaben des Sohnes früher keine Probleme gegeben. Mit einer Disco, einem Imbiss und einem Küchenstudio habe der Vater Geld verdient.
Stimme.de