Stimme+
Heilbronn
Lesezeichen setzen Merken

Mehr Internationalität und Top-Professoren für Heilbronn

   | 
Lesezeit  3 Min
Erfolgreich kopiert!

Durch eine Mega-Stiftung kommt der Uni-Standort der TU München auf den Heilbronner Bildungscampus. Oberbürgermeister Harry Mergel spricht von einem "historischen Augenblick".

Von Christian Klose

Es ist eine "Herzensangelegenheit" von Reinhold R. Geilsdörfer, dem Geschäftsführer der Dieter-Schwarz-Stiftung (DSS). Mit der Mega-Stiftung von Dieter Schwarz für den Standort der Technischen Universität München (TUM) in Heilbronn stößt die Stadt im Bereich Bildung und Wissenschaft in eine neue Liga vor.

Hotspot für spätere Führungskräfte

Heilbronn ist als neues TUM-Standbein künftig nicht nur Uni-Standort, sondern Studienplatz-Hotspot für spätere Führungskräfte in vielen mittelständischen Unternehmen in der Region Heilbronn-Franken. Diese Familienbetriebe und oft Weltmarktführer in ihrem Bereich haben besondere Herausforderungen - vor allem durch die Digitalisierung, wie Professor Gunther Friedl, Dekan der TUM School of Management, anlässlich der Vertragsunterzeichnung erklärte. Er freut sich auf den neuen Standort, der inhaltlich die Themenbereiche "Wandel durch Digitalisierung", "Familienunternehmen" und "Unternehmensgründungen" voranbringen soll.

 


 

High-Tech-Dichte

"Es ist auch ein schöner Tag für uns", sagte der Präsident der TUM, Professor Wolfgang A. Herrmann. Mit dem nach Singapur nun sechsten Standort baue die TUM ihr Portfolio weiter aus, und zwar in einer Region mit einer "High-Tech-Dichte, die man in dieser Form kein zweites Mal in Europa im Mittelstand so findet". Beim Pressegespräch schwärmte der Uni-Präsident vom großen Vertrauensverhältnis zwischen seiner Universität und der Stiftung und ging dabei auf den immer wieder in der Öffentlichkeit kolportierten Verdacht ein, Dieter Schwarz kaufe sich Professoren zusammen und rede - wegen der gewaltigen Summe - bei Forschung und Lehre rein. "Ja, das ist saumäßig viel Geld, aber ich könnte sagen: Geld hat man hier, da spricht man nicht drüber. Die Dieter-Schwarz-Stiftung hat nicht einmal versucht, auch nur im Geringsten Einfluss zu nehmen. Wir wollen das Vertrauen rechtfertigen durch gute Arbeit."

Freiheit der Forschung

Über die Inhalte des Vertrags wurde Stillschweigen vereinbart. Renommierte Kanzleien haben an der detaillierten Stiftungsvereinbarung mitgearbeitet, die sich auch dem verbindlichen "TUM Fundraising Code of Conduct" verpflichtet, also einer Selbstverpflichtung in Sachen Compliance-Regeln. Auf die vom Grundgesetz garantierte Freiheit von Forschung und Lehre baue der ganze Vertrag auf, versichert Herrmann: "Wir wollen Top-Professoren holen. Die lassen sich sowieso nicht reinreden, sonst kommen die gar nicht." Der Vertrag regelt auch, dass das TUM-Logo künftig das Hochhaus auf dem Bildungscampus ziert. Hier wird die School of Management einziehen.

"Wir wollen ein völlig anderes Klientel an jungen Leuten für Heilbronn ansprechen, wir werden künftig noch deutlich internationaler, wenn wir universitäre Hochschule sind. Bisher sind wir international nicht so sichtbar", sagte Geilsdörfer. Professor Peter Frankenberg, der Vorsitzende der Gesellschafterversammlung der DSS, hält es für den Standort, aber auch für die Studenten und die Unternehmen für entscheidend, dass die "Marke TUM" studiert wird. "Deshalb ist sie für uns so ein Premium-Partner."

 

Lade TED
 
Ted wird geladen, bitte warten...
 

 

OB Harry Mergel spricht von einem "historischen Augenblick". Er möchte am liebsten gleich am Stadtschild das Wort "Universität" anbringen. Er versprach, dass die Stadt auch beim Wohnen die Rahmenbedingungen für weitere Studenten und Mitarbeiter schaffen werde. "Ich bin überzeugt, dass wir hier liefern werden."

Studieren an der TUM

Zwei englischsprachige Masterprogramme legt die TUM als Erstes auf: Management, für besonders qualifizierte Bachelor-Absolventen aus den Ingenieur- und Naturwissenschaften, und ein weiterbildendes Masterstudium Management und Innovation. Für letzteres werden Gebühren erhoben.

Insgesamt werden zum Wintersemester im Oktober 65 Studierende zugelassen. Ab sofort kann man sich bewerben. Die ersten fünf bis sieben Professorenstellen für Heilbronn sollen ebenfalls rasch ausgeschrieben werden. In den nächsten anderthalb Jahren werden 13 Professoren für Heilbronn und sieben für den Münchner Standort der TUM School of Management eingestellt. Dazu kommt in Heilbronn eine dreistellige Anzahl von Mitarbeitern in Verwaltung, Lehre und Forschung. Zurzeit arbeiten an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der TUM 36 Professoren, mit Heilbronn wird die TUM School of Management die mit Abstand größte BWL-Fakultät in Deutschland.

Der TUM-BWL-Master made in Heilbronn geht 2019 mit 150 Studierenden an den Start. Im zweiten Studienjahr bekommen die Studenten in Garching technisches Knowhow, im dritten Jahr sind sie zu Projektarbeiten in Betrieben vor Ort wieder in Heilbronn. Zwei weitere Masterangebote sind in Planung. Der Aufbau ist auf sieben Jahre angelegt.


Kommentar "Zartes Pflänzchen"

Von Christian Klose

Aus Sicht der Stadt und der Region Heilbronn-Franken ist der neue TUM-Campus Heilbronn ein Glücksfall. Die Möglichkeiten der exzellenten Universität aus München werden die Attraktivität des Wirtschafts- und Hochschulstandorts Heilbronn weiter steigern.

Die vielen mittelständischen Unternehmen in der Region, die alle nach Top-Nachwuchs auf internationalem Niveau lechzen, freuen sich schon jetzt auf bestens ausgebildete junge Absolventen, die durch die enge Verzahnung von BWL und Technik im Studium dann auf die zukünftigen Herausforderungen im Job vorbereitet sind. Entrepreneurship, also die Gründung von Unternehmen basierend auf neuen Geschäftsideen, rundet das spannende Paket ab, das Dieter Schwarz mit unfassbar vielen Millionen in Heilbronn ermöglicht.

Eine Universitätsstadt im eigentlichen Sinne ist Heilbronn dennoch nicht. Neben den tollen Bauten, die nach und nach auf dem Bildungs-campus dazukommen, müssen auch die studentischen Strukturen mitwachsen. Noch ist das Ganze ein zartes Pflänzchen. Die Studierenden aus dem In- und Ausland brauchen ein Studentenleben außerhalb des Hörsaals. Das muss sich erst noch entwickeln. Die weitaus größere Herausforderung wird das Thema Wohnen sein. Die Stadt darf nicht nur auf den Neckarbogen verweisen, sie braucht auch mehr günstigen Wohnraum für Studierende und für akademische Angestellte.

Ihre Meinung?

christian.klose@stimme.de

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung

Peter Henschel am 08.02.2018 17:25 Uhr

„Bildung ist unser wichtigster Rohstoff“ lautet das Hauptmotto der Stiftung. Andreas Keller, Vize-Vorsitzender der Bildungsgewerkschaft GEW, kritisiert: „Eine Stiftung ist ein Steuersparmodell für Unternehmen.“ Der saubere Weg besteht für ihn darin, dass Unternehmen ihre normalen Steuern bezahlen und der Staat so mehr Geld erhält, um die Forschung zu unterstützen.

Antworten
lädt ... Gefällt Nutzern Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
  Nach oben