Langjährige Mitarbeiterin übernimmt Café Roth
Seit 1919 gehört die Konditorei mit Café in der Lohtorstraße zu Heilbronn. Anders als viele andere Betriebe wird das Roth aber nicht nach mehreren Generationen geschlossen, denn Konditorin Lisa Kühner übernimmt und will an die Familientradition anknüpfen. Trotzdem verändert sich was im Café.

Kaffeekränzchen und die treuen Stammgäste, die sich regelmäßig im Café Roth treffen, brauchen keine Sorgen haben: Merinken-Arabertorte, Bananensahne, Träubleskuchen, Käse-Mohn-Kuchen oder Topfenstrudel müssen sie nicht missen, wenn Wolfgang und Elke Roth ihren Betrieb nach Ostern in jüngere Hände übergeben. Die Familienrezepte der traditionsreichen Heilbronner Konditorei wird Nachfolgerin Lisa Kühner übernehmen: "Die Konditorenkunst wird bei mir nicht verloren gehen".
Wolfgang Roth macht in Teilzeit weiter
Doch nicht nur das: Die 28-Jährige arbeitet seit ihrer Ausbildung vor zehn Jahren zur Konditorin bei der Familie Roth. Sie kennt die Abläufe und alles, was den Betrieb ausmacht. Zudem wird Wolfgang Roth als Angestellter mitarbeiten und Lisa Kühner zur Seite stehen "Ich mache weiterhin die Pralinen, in Teilzeit", erklärt der 59-Jährige, der sich auf seine neue, ungewohnte Rolle freut.
Nicht mehr das Unternehmen führen zu müssen, heißt für ihn vor allem, Zeit zu haben für sein großes Hobby. Wolfgang Roth ist leidenschaftlicher Rudersportler. Statt bisher 100 Kilometer pro Jahr will er künftig 300 schaffen. "Nachdem ich 30 Jahre fast jedes Wochenende und jeden Feiertag gearbeitet habe, wird es Zeit, dass ich mich mal um mich selbst kümmere." Die Chef-Position aufzugeben und loszulassen, dem er sieht gelassen entgegen.
Elke Roth wird ganz aussteigen. Die 55-Jährige hat betagte Eltern in ihrem Heimatort Schwäbisch Hall, die bisher immer zu kurz kamen. Auch mit Blick auf ihre eigene Gesundheit freut sie sich auf den neuen Lebensabschnitt: "Ich bin sicher, es wird ohne mich laufen."
Seit 1919 gibt es das Roth
Für Wolfgang und Elke Roth ist es ein Glücksfall, dass ihre bisherige Mitarbeiterin an die Familientradition anknüpfen will. "Die Chemie zwischen uns stimmt." Da das Paar keine Kinder hat, wäre die 1919 gegründete Konditorei mit Café in der Lohtorstraße in der dritten Generation geschlossen worden - wie so viele Heilbronner Betriebe in der Vergangenheit.
Die größte Veränderung ist nicht die neue Chefin, sondern die Rückkehr zu den Wurzeln: Das Café wird wieder verkleinert und auf die Fläche im Stammhaus reduziert. Künftig wird es zwölf Sitzplätze geben. Dort wird Frühstück sowie Kaffee und Kuchen serviert. Als Mittagsangebot soll es weiterhin hausgemachte Quiche geben und freitags Fisch. An Sonntagen will die junge Inhaberin sogar wieder öffnen und an die Café-Tradition und den Kuchenverkauf anknüpfen.
Personalmangel bekräftigt Entschluss
Der Wandel in der Arbeitswelt hatte Wolfgang und Elke Roth bereits vor Jahren dazu veranlasst, das große Café im Nebengebäude mit 140 Sitzplätzen, das sie 2008 dazugepachtet hatten, sonntags geschlossen zu halten: "Es war kein Personal mehr zu bekommen." Als der Mietvertrag für das inzwischen verkaufte Nachbarhaus auslief, reifte der Entschluss für Rückbau und Rückzug.
Zu Lisa Kühners Plänen hat das gut gepasst, einen Betrieb in der bisherigen Größe weiterzuführen, hätte sie sich alleine nicht zugetraut. Am 2. Mai geht es offiziell unter ihrer Leitung weiter, nur noch mit sechs Mitarbeitern. Einige hören aus Altersgründen auf. "Ein Konditor oder eine Konditorin mit Meisterbrief fehlt mir noch."
Motivtorten und Handwerkskunst
Dass der Außer-Haus-Verkauf zuletzt zugelegt hat, sind für Lisa Kühner gute Aussichten. "Es liegt an unserem Alleinstellungsmerkmal. Wir bieten Torten, die sonst keiner machen kann", erklärt Wolfgang Roth. Die Konditorei hat sich mit individuellen Motivtorten zu Geburtstagen, Jubiläen oder besonderen Anlässen. einen Namen gemacht. Auch Saisonales bleibt bei der Kundschaft beliebt. Ostern ist Hochsaison für Zuckerhasen, Krokant- und Marzipaneier. Im Handwerklichen sieht der alte Chef das größte Potenzial: "Kaffee und Cappuccino kann man überall trinken."
Cafés und Konditoreien in Heilbronn
Heilbronn hatte einst eine hohe Café- und Konditoreien-Dichte, in den 1990er Jahren gab es pro 11.000 Einwohner ein Café, der übliche Durchschnitt lag damals bei 16.000 Einwohnern. Zu den ältesten Konditoreien Deutschlands gehörte das Romann. Der Betrieb wurde 1696 gegründet, bestand bis in die neunte Generation und wurde 2014 geschlossen.
Viele weitere bekannte Namen von Cafés und Konditoreien sind aus der Heilbronner Innenstadt verschwunden, etwa Noller, Herrenbauer, Janssen, Reinecker, Krauss, Blum, Kienle, Gerock oder Gussmann. Zu den klassischen Konditoreien in der Innenstadt zählt heute noch das Kaffeehaus Excellent im Käthchenhof (früher Maitre Münch). Das frühere Café Kilian nennt sich heute Café Oben.

