Landkreis Heilbronn schreibt erstmals rote Zahlen
Für 2021 rechnet der Landrat mit einem Minus von vier Millionen Euro in der Kasse, Rücklagen stopfen das Haushaltsloch. Größter Posten auf der Ausgabenseite ist einmal mehr der Sozial- und Jugendhilfebereich.

"Moderat und solide", so überschreibt Landrat Detlef Piepenburg den Haushaltsentwurf des Landkreises Heilbronn für das kommende Jahr. Dass Kreiskämmerer Thomas Schuhmacher den Kreisräten am Montag in der Neckarwestheimer Reblandhalle dennoch ein prognostiziertes Defizit von gut vier Millionen Euro präsentieren musste, führt der Chef des Landratsamts auf die Corona-Pandemie zurück. "Das Minus ist erstmalig und einmalig", fügt der Landrat noch hinzu.
Rund 28 Millionen Euro neue Schulden nimmt der Landkreis im kommenden Jahr auf. Bis 2024 wird sich die Verschuldung des Landkreises mit rund insgesamt 113 Millionen Euro im Vergleich zu 2020 etwa verdoppeln.
Pandemie kostet zweistelligen Millionenbetrag
Einen zweistelligen Millionenbetrag kostet die Pandemie den Landkreis im kommenden Jahr, sind sich Piepenburg und Schuhmacher sicher. Grund sind die sinkenden Steuereinnahmen, die die Kommunen im Corona-Jahr hinnehmen müssen. Diese wirken sich auf die Schlüsselzuweisungen aus, die das Land Baden-Württemberg aus dem Ausgleichstopf an Städte, Gemeinden und Landkreise ausbezahlt. Für 2021 rechnet Schuhmacher mit gut 44 Millionen Euro. Im Vorjahr waren es noch 54 Millionen Euro. "Hier spiegelt sich das befürchtete Ergebnis der Sondersteuerschätzung vom September wider", so der Landrat.
Trotzdem will die Kreisverwaltung die Kreisumlage nicht erhöhen, die die Städte und Gemeinden an den Landkreis abführen müssen. Der Hebesatz bleibt unverändert bei 27 Prozentpunkten. "Weil wir neben unseren eigenen Planungen auch die finanzielle Situation der Städte und Gemeinden im Blick haben und deren Anstrengungen berücksichtigen. Die kommunale Familie muss gemeinsam den Weg durch die Talsohle meistern", sagte Piepenburg.

Der Betrag, den die Kommunen an den Landkreis entrichten müssen, richtet sich nach ihrer Steuerkraft, die sie jeweils vor zwei Jahren hatten. "Das gibt uns Planungssicherheit", sagt der Landrat. Weil 2019 die Steuerkraft im Vergleich zum Vorjahr 2018 deutlich gestiegen war, verbucht der Landkreis für das Jahr 2021 mit gut 151 Millionen Euro etwa zehn Millionen Euro mehr als im laufenden Jahr.
230 Millionen Euro für den Sozial- und Jugendhilfebereich
Der größte Posten auf der Ausgabenseite ist einmal mehr der Sozial- und Jugendhilfebereich. Schuhmacher setzt hier rund 230 Millionen Euro an. Die Personalkosten schlagen voraussichtlich mit gut 73 Millionen Euro zu Buche. Unter dem Strich weist der Kreiskämmerer ein Minus im laufenden Betrieb von gut vier Millionen Euro aus, das die Verwaltung aus der allgemeinen Rücklage ausgleichen will.

Im investiven Bereich steckt der Landkreis mit rund 17 Millionen Euro das meiste Geld in den zweiten Bauabschnitt des Gesundbrunnens in Heilbronn. Die insgesamt rund 170 Millionen Euro teilen sich das Land auf der einen sowie die Stadt Heilbronn und der Landkreis auf der anderen Seite. Daraus ergeben sich für den Kreis Kosten von gut 44 Millionen Euro. Die zweite Rate von rund 15 Millionen Euro bezahlt der Landkreis 2022, im Jahr darauf den Rest.
Weitere Investitionsschwerpunkte sind für 2021 der Kreisstraßenbau mit rund 3,1 Millionen Euro, die Wohnbauförderung mit etwa 1,5 Millionen Euro sowie das Radwegeförderprogramm mit rund einer Million Euro.
Berufsschulzentrum ist nächster großer Brocken
Die Schulden des Landkreises Heilbronn klettern bis zum Jahr 2024 laut Schuhmacher auf gut 113 Millionen Euro. Hintergrund ist die geplante Generalsanierung oder womöglich sogar der Neubau des Berufsschulzentrums in Böckingen. In der Andreas-Schneider-Schule und der Christiane-Herzog-Schule besuchen derzeit rund 4500 Schüler den Unterricht. Ersten groben Schätzungen zufolge kostet ein Neubau oder die Sanierung 150 Millionen Euro. "Es gibt aber noch keine konkreten Planungen", betont Schuhmacher. Dass sich die Kosten für die Bildungseinrichtung aber im dreistelligen Millionenbereich bewegen werden, sei aber klar, so Landrat Piepenburg.
Kommentar: Alarmsignal
Von Wolfgang Müller
Eigentlich wäre es doch ganz einfach. Wenn der Landkreis Heilbronn seine Ausgaben nicht durch Einnahmen decken kann, bittet er die Kommunen zur Kasse. Dass die Verwaltung dieses Mittel ihrem Kreistag erst gar nicht vorschlägt, ist zunächst einmal ein gutes Zeichen: Der Landkreis scheint finanziell potent. Rund 50 Millionen Euro sind in der Rücklage. Daraus ließe sich mancher kritische Haushalt auch in den kommenden Jahren ausgleichen. Ein Modell für die Zukunft ist das aber natürlich nicht.
Dass die Kreisumlage für 2021 unangetastet bleibt, ist der Not der Kommunen geschuldet. Deren wegbrechende Steuereinnahmen in der Pandemie fangen Bund und Land zwar durch Zuweisungen und Sonderzahlungen für 2020 annähernd auf. Wie die Kommunen in den Folgejahren mit absehbar weniger Gewerbe- und Einkommensteuer zurecht kommen werden, steht aber auf einem anderen Blatt.

Trotzdem: Die mittelfristigen Haushaltszahlen des Landkreises sind ein Alarmsignal. Für 2024 sagt Kreiskämmerer Thomas Schuhmacher eine Verschuldung von mehr als 113 Millionen Euro voraus. Das wäre im Vergleich zu 2020 nahezu eine Verdopplung und innerhalb von zehn Jahren eine Verdreifachung. Natürlich: Mit der Stadtbahn und den SLK-Kliniken wurde wegweisend in die Zukunft investiert. Auch die anstehende Sanierung der Berufsschulen in Böckingen wird in diese Kategorie gehören. Kommende Haushalte müssen trotzdem mit spitzer Feder geschrieben werden.
Denn auch wenn die Zinsen derzeit kaum eine Rolle spielen: Schulden müssen zurückbezahlt werden. Und jeder Euro, der in die Rückzahlung fließt, fehlt für neue Investitionen.