Kultur-Samstag in Heilbronn lockt Tausende in die City
In letzter Minute spielt das Wetter mit: Besonders Akrobaten werden von Familien umzingelt, aber auch Musiker finden ihr Publikum. Das Straßenkunst-Festival und auch der parallel veranstaltete Tourismus-Aktionstag ziehen Massen an. Besucher sind begeistert.

Ich will weiter zuschauen!“ Die Familie des kleinen Mädchens, das sich nicht von Yunke de Racúns Tango-Tanz mit dem Besen lösen will, ist eine der wenigen, die zufällig ins Straßenkunst-Festival am zweiten Heilbronner Kultur-Samstag des Jahres geraten ist. Die meisten Besucher der Artisten und Musiker haben die City gezielt angesteuert.
Etwa das Heilbronner Ehepaar, sie 60, er 61 Jahre alt, das seine Namen nicht verraten will: „Wir sind immer schon zum Sommertheater gekommen“, erinnert sie sich an ein Event, das vor Jahren stets am letzten Augustwochenende stattfand. „Das braucht es“, findet ihr Mann, „damit die Innenstadt mehr belebt wird.“
Straßenkunst belebt die City
Genau das ist das Ziel des Veranstalters, der Heilbronn Marketing GmbH (HMG). „Um Frequenz in der Innenstadt zu schaffen und die Stadt zu beleben“, so City Managerin Irina Guzina auf die Frage nach dem Warum des Events. HMG-Geschäftsführer Steffen Schoch ergänzt: „Die Grundidee ist, überraschende Momente zu schaffen.“ Man wolle so dem von Baustellen strapazierten Handel ein Bonbon hinwerfen und dafür sorgen, dass sich die Leute in der Innenstadt wohlfühlen.
Rasante Jonglage, witzige Clownerie, atemberaubende Akrobatik
Das gelingt am Samstag ohne Zweifel. Überall scharen sich strahlende und staunende Gesichter um die Künstler. Kinder sind besonders von den Artisten angetan: von Chris Blessing, der das junge Publikum – „doch nicht nur mit Jonglage verdiene ich meine Gage“ – an der Nikolaikirche zaubernd „ins Wunderland“ entführt. Vom rasanten, auch etwas unheimlichen Chilenen Nicolás Reyes, der als Yunke de Racún in englisch-spanisch-deutschem Kauderwelsch am Hafenmarktturm Clownerie, Jonglage und Tanz darbietet.
Und besonders von Janna Wohlfahrt. Doch die Weltmeisterin im Einradfahren muss, soeben von Hongkong zurück, zunächst die Schraube am Sattel eines Rads festziehen – oder soll die Geschichte nur die Spannung steigern?
Wozu reden?
Für Worte hat Daniel Hochsteiner keine Zeit. Rasant bewegt der Tempo-Tennis-Jongleur im weißen Glitzeranzug Bälle, Ringe, Keulen – und Tennisschläger – durch die Luft. Will der mit vielen internationalen Preisen ausgezeichnete Künstler etwas mitteilen, hält er kurz ein Schild hoch. Darauf steht dann etwa "Magic".
Mittlerweile ist am Hafenmarktturm kein Durchkommen mehr. „Schön, dass es das wieder gibt.“ Auch Irmgard, die mit Ehemann Bernd aus Leingarten nach Heilbronn geradelt ist, erinnert sich an Sommertheaterzeiten. Im Gedränge um Hochsteiner erfreuen sich aber überwiegend jüngere Leute an der Show. Etwa Sandra, die mit der Familie, Tochter (5) und Sohn (15), aus Neudenau gekommen ist.
Bravo-Rufe für Talent aus Uruguay

Das bis zum späten Nachmittag stark angewachsene Publikum drängt sich im Schatten oder schwitzt in der Sonne. Pünktlich mit dem Start des Festivals, beim spektakulären Auftritt des Duos Vollegro, die an Vertikaltüchern über dem Kiliansplatz turnen, hatten die Schauer nachgelassen. Doch Sitz- und Liegeplätze am Brunnen bleiben besetzt. Die großen Segel darüber, anfangs als Regenschutz genutzt, dienen nun wieder als Schattenspender. Hier lässt es sich gut chillen, während etwa Andy & Jo als Acoustic Swing Duo mit Saxofon und Gitarre durch ihr Repertoire grooven.
Apropos: Gleich drei Musiker meldeten sich krank. Kurzfristig fanden die Veranstalter Ersatz: etwa Fernanda Tarrech statt Korny. Mit facettenreicher Stimme und der Gitarre im Arm erntet die 26-Jährige Bravo-Rufe. Und das, obwohl ihre mal selbst komponierten, mal gecoverten Balladen melancholisch klingen und kaum jemand die spanischen Texte versteht. Dass die erst seit drei Jahren in Deutschland lebende Uruguayerin von ihrer Kunst leben kann, spricht von der Qualität ihres Gesangs.
Sportliche Aktivitäten beim Tourismus-Aktionstag gefragt
Was viele, die zur Straßenkunst in die City gekommen sind, gar nicht wissen: Bis zum Nachmittag läuft parallel noch ein zweites Event der HMG: der Tourismus-Aktionstag. „Wir haben 550 Tickets angeboten“, freut sich Steffen Schoch auch hierbei über viel Zuspruch: „Die wurden zu 80 Prozent abgegriffen.“
Zum zweiten Mal in diesem Jahr kombiniert die HMG nach dem 29. April den Kultur-Samstag und den Tourismus-Aktionstag. Trotz Schauerwetters am Morgen kommen die Leute zu den Aktionen. So stemmen etwa fünf Teilnehmer von zwölf angemeldeten um 11 Uhr beim Bodyweight-Training mit Simon Köhler von Sportsout aus Tübingen ihre Hände aufs nasse Gras des Campus-Parks. Und wer fürs Kanufahren oder Stand-Up-Paddling auf dem Neckar ein 5-Euro-Ticket gekauft hatte, kommt auch, teilt Eduard Forat von 100% Kanu+Bike aus Hardthausen mit, die die Aktion für die HMG durchführen. „
Wir machen alles mit“, rufen etwa Elke und Uli fröhlich. Die Fleiner genießen die Stadt vom Wasser aus und per Segwaytour. Sigrid und Annette aus Heilbronn "machen nachher noch die Hop-on-Hop-off-Tour". Wie die Fleiner finden sie "die Aktionstage in Heilbronn ganz toll" und machen dabei regelmäßig mit.