Kritik an Grünen-Vorstoß zur Nachfolge des Heilbronner Baubürgermeisters Wilfried Hajek
Heilbronner Ratsfraktionen kritisieren die Grünen, weil sie sich früh zu einem neuen Baubürgermeister bekennen. Vor allem FDP und FWV fürchten, andere Bewerber könnten abspringen.

Am 11. April steht im Heilbronner Gemeinderat die Wahl des neuen Baubürgermeisters auf der Tagesordnung, also die Nachfolge von Wilfried Hajek. Er tritt im Sommer nach 16 Jahren in den Ruhestand. Die Grünen haben mit inzwischen acht Sitzen erstmals das Vorschlagsrecht. Und sie haben ihren Favoriten diese Woche bereits präsentiert: Andreas Ringle aus Karlsruhe. Andere Fraktionen hinterfragen dies.
Dass die Grünen ihren Kandidaten bekannt machen, bevor den anderen Stadträten über die - angeblich sechs - Bewerber überhaupt etwas bekannt ist, stößt vor allem der FDP und FWV (je vier Sitze) auf.
Womöglich gar keine Wahl mehr
Nico Weinmann (FDP) fürchtet, dass nun Bewerber abspringen, da die Grünen ja in aller Öffentlichkeit davon ausgingen, dass ihr Mann gewählt wird. In diesem Fall würde nur das Parteibuch entscheiden "oder nur grüne Kriterien" wie Nachhaltigkeit oder Klimaschutz. "Uns wäre aber wichtig, dass alle fachlich und persönlich am besten geeigneten Persönlichkeiten zur Auswahl stehen", so Weinmann. Er fürchtet, "dass wir im schlimmsten Fall gar keine richtige Wahl haben".
FWV: Das ist inakzeptabel
Herbert Burkhardt (FWV) nennt es "inakzeptabel, dass die Grünen vom Rathaus die Bewerberliste bekamen, andere Stadträte aber nicht. Sind wir nur zum Abnicken da?" "Die frühzeitige Präsentation ist nicht glücklich gelaufen," meint auch Rainer Hinderer (SPD, acht Sitze). Allerdings sei es für seine Fraktion unstrittig, dass den Grünen nach der Kommunalwahl 2019 das Vorschlagsrecht für ein Dezernat zustehe, "nachdem sie beim Finanzbürgermeister der CDU den Vortritt gelassen haben". Hinderer: "Wir respektieren das Vorschlagsrecht und werden den vorgeschlagenen Kandidaten wählen, sofern er die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen erfüllt."
CDU verweist auf Gemeindeordnung
Thomas Randecker (CDU, neun Sitze) verweist auf die Gemeindeordnung, wonach die Sitzverhältnisse im Rat bei der Besetzung der Beigeordneten berücksichtigt werden "sollen". Für Burkhardt ist dies "nur eine Kann-Vorschrift". Über den Zeitpunkt der Präsentation, so Randecker weiter, "kann man durchaus diskutieren". Insofern werde seine Fraktion die noch ausstehende Bewerberliste "mit der notwendigen Sorgfalt prüfen" und sich "ein eigenes Bild machen". Dass sich ernsthafte Kandidaten nach dem Vorstoß zurückziehen, glaubt Randecker nicht. "Dazu ist die Aufgabe in Heilbronn mit Sicherheit zu reizvoll."
Linke heben Inhalte hervor
Raphael Benner (AfD, fünf) kann die Kritik "prinzipiell nachvollziehen". Er respektiere aber das Vorschlagsrecht der Grünen und sei allen Bewerbern gegenüber gesprächsbereit. Konrad Wanner (Linke, zwei) konzentriert sich auf Themen, die Hajeks Nachfolger anpacken müsste: Klimawandel, Mobilitätswende, sozialer Wohnungsbau, Flächenverbrauch, City-Sanierung, Wollhaus oder etwa Verkehrslösungen und Parks in Stadtteilen.
Rathaus rechtfertigt Listen-Weitergabe
Inzwischen fordern FWV, FDP und CDU vom Rathaus Aufklärung. Auf Stimme-Anfrage erklärte die Pressestelle am Freitag, die Bewerbungen würden zuerst der Fraktion mit Vorschlagsrecht zugänglich gemacht. Wenn deren Willensbildung abgeschlossen sei, bekämen sie auch die anderen Ratsmitglieder: rechtzeitig vor der Wahl zur nichtöffentlichen Vorberatung im Verwaltungsausschuss. Eventuelle Rückzieher würden aus Datenschutzgründen von der Liste gestrichen.
Rechtslage zur Bürgermeister-Frage
In Paragraf 50 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg heißt es: "Sieht die Hauptsatzung mehrere Beigeordnete vor, sollen die Parteien und Wählervereinigungen gemäß ihren Vorschlägen nach dem Verhältnis ihrer Sitze im Gemeinderat berücksichtigt werden." In Heilbronn resultiert daraus diese Besetzung: Die CDU stellt den Finanzdezernenten Martin Diepgen, die SPD die Sozial-, Kultur- und Bildungsdezernentin Agnes Christner. Fürs Baudezernat ist das Vorschlagsrecht nun bei den Grünen.