Kommentar zu Diesel-Fahrverboten
Der Umgang der Politik mit Gesundheitsgefahren ist fahrlässig. Jetzt gibt es dafür die Quittung. Einen Lerneffekt gibt es aber wohl nicht, kommentiert Stimme-Redakteur Christian Gleichauf.

Juristisch ist das alles konsequent. Wenn die Gesundheit der Menschen durch Feinstaub und Stickoxide gefährdet wird, müssen Maßnahmen ergriffen werden, um etwas dagegen zu unternehmen. Und ein Fahrverbot ist im Vergleich zu Krankheit und Tod durchaus eine zumutbare Einschränkung. Das Urteil war zu erwarten. Schlimm ist, dass es so weit kommen musste.
Seit 1990 sind die Stickoxid-Emissionen im Straßenverkehr zwar um mehr als zwei Drittel zurückgegangen. Das genügte aber nicht, weil Grenzwerte noch schneller sanken. Trotzdem wäre es möglich gewesen, diese einzuhalten. Die sonst so gewissenhafte deutsche Bürokratie hat hier aber ebenso versagt wie die Politik. Beide scheinen lieber Ärger mit EU, Gerichten und Wählern in Kauf nehmen, als sich mit Autoherstellern anzulegen.
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Verpasst wurde so die Chance, das freiwillig und konstruktiv anzupacken. Dabei sind die Voraussetzungen für unzweideutige Ansagen bestens. Angesichts rosiger wirtschaftlicher Bedingungen könnte man in Kauf nehmen, dass Luftreinhaltung auch etwas kostet. Noch wichtiger: Deutsche Ingenieurskunst ist in der Lage, effiziente und verhältnismäßig saubere Motoren zu bauen, es braucht dafür nur einen kleinen Extratank für den blauen Harnstoff. Inzwischen dürfte klar sein, dass viele Autofahrer kein Problem damit hätten, beim Tanken auch den selbst nachzufüllen - wenn man sie lässt.
Konsequent wäre, wenn Politik und Wirtschaft noch einen Schritt weiter gehen. Moderne Verbrennungsmotoren zerkleinern den gefährlichen Feinstaub nämlich häufig in noch gefährlicheren ultrafeinen Feinstaub. Die nächste Herausforderung ist absehbar, wenn Messtechnik und Grenzwerte angepasst werden. Nach den bisherigen Erfahrungen zu urteilen, dürfte die Bereitschaft zu einem ehrlichen Umgang auch mit diesem Problem allerdings nicht gewachsen sein.
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