Kinderporno-Fall: Schwere Vorwürfe gegen Kirche
Der wegen des Besitzes von Bildern und Videos mit kinderpornografischem Inhalt angeklagte Erzieher arbeitete offenbar trotz Freistellung weiter. Eltern sind besorgt, ein Krisenteam ist im Einsatz.
Besorgte Eltern haben sich an die Stimme gewandt, "um jetzt alles auf den Tisch zu legen". Das sagen zwei Mütter, deren Kinder den Heilbronner Kindergarten besuchen, in dem der Erzieher arbeitete, der wegen des Besitzes von 10.000 Bildern und 900 Videos kinderpornografischen Inhalts vor dem Amtsgericht angeklagt ist.
Die Mütter möchten anonym bleiben. Sie üben an der evangelischen Gesamtkirchengemeinde und Kirchenpfleger Rolf Krieg heftige Kritik. Die Gemeinde ist Träger des Kindergartens. So sei der Erzieher zwar am 8. Januar 2018 freigestellt worden. Er habe aber trotzdem unbehelligt bis zum 19. Januar ganz normal gearbeitet.
Infos aus der Presse erfahren
Am 22. Januar habe der 30-Jährige dann sein Team informiert, dass er krank sei − wegen eines Rückenleidens. Erst am 15. Februar hätten die Kindergarteneltern aus der Presse erfahren, was man dem Erzieher, der bei ihnen hohes Ansehen hatte, vorwirft. Am Tag darauf fand eine Elternversammlung im Kindergarten statt, bei der sie über die Hintergründe aufgeklärt wurden.
Die Eltern hätten nun selbst bei den Ermittlungsbehörden recherchiert, ob im Kindergarten etwas passiert ist, was zu der Anklage geführt hat. "Wir gehen im Moment nicht davon aus, dass das so ist", sagt eine Mutter.
Mütter sprechen von Täterschutz
Allerdings sei den Recherchen der Eltern zufolge die Kirche schon im August/September 2017 von der Polizei über die Ermittlungen in Kenntnis gesetzt worden, sagen die zwei Mütter unisono. Dass der Erzieher nicht sofort freigestellt wurde, ist für die Eltern "untragbar". Sie sprechen von "Täterschutz".
Die Eltern können nicht verstehen, warum der 30-Jährige nicht sofort nach Bekanntwerden der Vorwürfe beurlaubt worden ist. "Man hätte ja vorschieben können, er hat Burnout oder ist krank, um unsere Kinder zu schützen. Unsere Kinder waren permanent gefährdet."
Die Mütter kreiden den Verantwortlichen ebenso an, dass nach dem Bekanntwerden der Ermittlungen "keine Maßnahmen ergriffen wurden, um unsere Kinder zu schützen". Ein Kirchensprecher hatte der HSt gegenüber berichtet, dass danach geschaut worden sei, dass der 30-Jährige nicht mehr allein mit den Kindern im Kindergarten ist. "Eine Überwachung hat de facto nicht stattgefunden", erklärt dagegen eine Mutter. Wie auch? Niemand im Kindergarten habe gewusst, was dem Erzieher vorgeworfen wird.
Große Verunsicherung
An dem Kindergarten sei die Verunsicherung nun groß. Man wisse nicht, wie man den Kindern das Verschwinden des Erziehers erklären soll. "Es gibt kein Vertrauensverhältnis mehr zum Kirchenpfleger", sagt eine Mutter. "Gottseidank" sei nun ein Krisenteam mit Pfarrer Steven Häusinger eingesetzt worden.
Oliver Hoesch, Sprecher der Landeskirche, erklärt zu den Vorwürfen der Eltern: "Das Krisenteam ist mitten in weiteren Klärungen, dazu gehört, bestimmte Informationen anders einzuordnen." Am Freitag ist eine weitere Elternversammlung angesetzt. Hoesch: "Wir hoffen, dass wir den Eltern weitergehende Antworten geben können. Bis dahin bitten wir um Geduld."