Stimme+
Region
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Kampf gegen die Belästigung durch Motorradlärm

   | 
Lesezeit  3 Min
Erfolgreich kopiert!

Untergruppenbach, Jagsthausen und der Hohenlohekreis treten einer landesweiten Initiative gegen Motorradlärm bei und hoffen auf mehr Ruhe für Anwohner.

 Foto: Sawatzki

Leiser" leuchtet künftig in den Löwensteiner Bergen auf, vor dem Untergruppenbacher Teilort Vorhof und auf der B39 auf Wüstenroter Gemarkung. Die digitale Anzeige macht Motorradfahrer darauf aufmerksam, wenn ihr Fahrzeug zu viel Lärm macht, den zulässigen Grenzwert überschreitet. Untergruppenbach, Jagsthausen und der Hohenlohekreis sind bereits der landesweiten Initiative gegen Motorradlärm beigetreten.

Höhere Strafen und mehr Kontrollen gefordert

Der Interessenverband verlangt höhere Strafen für zu laute Motorräder und mehr Kontrollen. Den Forderungskatalog, der sich an Bund, EU und Motorradhersteller richtet, stellten Landesverkehrsminister Winfried Hermann und der Lärmschutzbeauftragte des Landes, Thomas Marwein (beide Grüne) in der vergangenen Woche in Stuttgart vor. Marwein war im August 2019 in Wüstenrot, um sich von lärmgeplagten Kommunen und Anwohnern entlang der B39 und der Zufahrtsstraßen die Situation erläutern zu lassen. Lösungen konnte er nicht anbieten.

Klagen auch aus den Löwensteiner Bergen

Der Untergruppenbacher Bauhof hat jetzt die Bodenhülsen betoniert und die Messanlage bei Vorhof an der Landesstraße 1111 aufgebaut. Die ist bei gutem Wetter eine der beliebten Bikerstrecke, unter anderem zur Aussichtsplatte bei Löwenstein-Hirrweiler, dem Treffpunkt von Motorradfahrern aus nah und fern. Seit jeher, sagt Untergruppenbachs Bürgermeister Andreas Vierling, klagten Bewohner in Vorhof über Lärmbelästigung. Auch in Unterheinriet seien Menschen betroffen.

Großteil der Biker ist vernünftig

Mit dem Beitritt zum Interessenverband hofft die Gemeinde, gemeinsam Besserungen für die lärmgeplagten Bürger zu erreichen. Dabei richte sich die Aktion nicht pauschal gegen alle Motorradfahrer, betont Vierling. Er ist selbst gern auf seinem Motorrad unterwegs. "Die Initiative richtet sich gegen diejenigen, die die Zunft der Motorradfahrer in Verruf bringen."

Regelrechter Motorradtourismus

 Foto: Möllers, Linda

Als massiv bezeichnet Jagsthausens Bürgermeister Roland Halter die Lärmbelästigungen auf der Strecke durchs Jagst- und ins Kochertal, von denen ein beachtlicher Teil der Bevölkerung von Jagsthausen und Olnhausen betroffen seien. Die L1025 werde als Rennstrecke missbraucht.

Auf der kurvenreichen L1050 werde mit niedrigem Gang und hohen Drehzahlen mehrfach rauf und runter gefahren. "So entsteht an schönen Wochenenden quasi ein Motorradtourismus", kritisiert er. Von der Initiative erhofft er sich das Bewusstsein, dass Lärm eine Belästigung darstelle und besser reguliert gehöre.

Das Landratsamt Hohenlohe stellt eine Messanlage rotierend an mehreren Orten auf. Der Landkreis sei bei touristischen Motorradfahrern sehr beliebt und Teil der rund 480 Kilometer langen HOT-Bikertour (Hohenlohe, Odenwald, Taubertal). Touristikgemeinschaft Hohenlohe, Kommunen sowie die Polizei hätten die kritischen Streckenabschnitte jedoch bewusst außen vor gelassen.

Für Messanlage gab es Zuschüsse vom Land

In Wüstenrot werden Bauhofmitarbeiter das Display an der B39 demnächst installieren. Gegebenenfalls, so Bürgermeister Timo Wolf werde die Kommune der Initiative beitreten. Die Messanlage kostet rund 15 000 Euro, 4000 Euro schießt das Land zu. Löwenstein, ebenfalls lärmgeplagt, hatte zwar einen Zuschussantrag gestellt, der Gemeinderat war aber mit deutlicher Mehrheit gegen eine Anschaffung. Nicht zuletzt wegen der hohen Kosten.

"Die Initiative ist gut", meint Bürgermeister Klaus Schifferer auf Nachfrage. Aber: "Ich halte es etwas für Aktionismus." Für ihn ist eines maßgeblich: Dass der Gesetzgeber, egal ob Bund oder EU, die entsprechende Schritte unternimmt, um den Lärm einzudämmen. "Sonst bringen solche Initiativen nichts."

Schifferer, selbst Motorradfahrer, ärgert eines gehörig: Dass man im Zubehörhandel offiziell Auspuffanlagen erwerben könne, die "einen tollen Sound und super Geräusche" machen. Warum sei dies überhaupt gestattet? Es handle sich dabei ja nicht um unerlaubte Manipulationen. Schifferer unterstützt die Kontrollen der Polizei und ist froh über deren Präventionsveranstaltung "Platte". Die neunte Auflage der Motorradsicherheitsaktion ist am 26. April.

Die Forderungen

Motorräder müssen leiser werden: Das ist eine Forderung der landesweiten Initiative Motorradlärm. So sollten Hersteller und Händler leisere Maschinen produzieren, auf Elektroantrieb sei umzusteigen. Motorradfahrer sollten rücksichtsvoll und leise fahren, die polizeilichen Kontrollen verstärkt werden. Tempolimits und Verkehrsverbote an Wochenenden und Feiertagen müssten in besonderen Konfliktfällen möglich sein. Rücksichtsloses Fahren müsse deutlichere Folgen haben, sich in höheren Bußgeldern niederschlagen. Der Bund sollte eine Halterhaftung prüfen.


Kommentar: Lärm machen

An warmen sonnigen Tagen ist die Löwensteiner Aussichtsplatte übersät von hunderten Motorradfahrern. Das macht die Dimension deutlich. Aber nicht nur in den Löwensteiner Bergen, etwa auch im Jagst- und Kochertal haben die Bewohner die Ohren voll vom Lärm, den diese Ausflugsfahrten mit sich bringen. Lärm kann krank machen. Sonntagnachmittags oder abends gemütlich auf der Terrasse sitzen und sich auch noch unterhalten wollen? Fehlanzeige. Verständlich, dass leidgeplagte Anwohner Ohnmacht und Untätigkeit der Politik beklagen. 40 Prozent der Beschwerden wegen Verkehrslärm im Land betreffen Zweiradfahrer.

Damit soll nun Schluss sein. Landesverkehrminister, Lärmschutzbeauftragter und inzwischen 74 Kommunen und sieben Landkreise bilden eine starke Front. Sie haben mehr Einfluss als eine örtliche Bürgerinitiative. Sie nehmen alle in die Pflicht − den Bund und die EU als Gesetzgeber sowie Hersteller von Motorrädern und die Biker selbst. Die unzumutbare Belästigung muss aufhören. Endlich wird Druck aufgebaut, und je lauter hier Lärm gemacht wird, umso besser.

Manche Forderung kann ganz einfach umgesetzt werden: Überlaute Klappauspuffanlagen gehören verboten. Da muss sich der Gesetzgeber gegen die Lobby der Hersteller durchsetzen. Wer sich als Rowdy auf zwei Rädern gebärdet, den Motor rücksichtslos aufheulen lässt, sein Bike illegal aufmotzt und sich um Tempolimits nicht schert, der muss härter bestraft werden. Die schwarzen Schafe unter den Motorradfahrern können aber nur aus dem Verkehr gezogen werden, wenn sie kontrolliert werden. Und dazu braucht die Polizei Personal.

 

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung

werner plappert am 16.02.2021 14:37 Uhr

Ich bin ein Lärmgeplagter Anwohner an der B 39 am Ortsausgang Löwenstein. Leider werden in diesem Bericht wieder nur die Motorradfahrer beschuldigt den Verkehrslärm zu produzieren was zum Teil auch den Tatsachen entspricht. Ich als Anwohner mache auch die vielen PKW und LKW verantwortlich die auf der B 39 sich bewegen und die darf man auf keinen fall unbeachtet lassen.
Es wäre sicher von großer Interesse wenn beim nächsten 24 Std. Blitzer Aktion Löwenstein als einer der Messpunkte in Betracht gezogen wäre . Mindestens 3 von 5 LKW- und jeder 2. PKW - Fahrer die zwischen 03:30 und 05:30 Uhr die vorgegebene 50 Km/h innerhalb der Ortschaft überschreiten vom Lärm ganz zu schweigen.

Antworten
lädt ... Gefällt Nutzern Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()

am 11.06.2020 21:57 Uhr

Bei dem derzeit nahe Null liegendem Kontrolldruck können die "Sounder", egal ob zwei oder vier rädrig, nur Lachen. Die mehr als lächerlichen Sanktionen hinsichtlich der Verlärmung ganzer Landstriche laden regelrecht zur akustischen Selbstdarstellung dieser db Idioten ein.
Einerseits werden jährlich hunderte von Millionen Euro an Steuergeld für Lärmschutz ausgegeben, andererseits, nämlich im Strassenverkehr, lässt man den in Sachen db Orgien verhaltensgestörten freie Fahrt.

Antworten
lädt ... Gefällt Nutzern Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()

Tom Tom am 17.02.2020 21:25 Uhr

aus meiner Erfahrung hält sich nur ein geringer Bruchteil der Motorradfahrer an Regeln, überholen in Verbotszonen, überhöhte Geschwindigkeit ist eher normal, ein hoher Geräuschpegel wird eher als cool angesehen. Klappenauspuffanlagen nur auf Rennstrecken ist ein Witz? Risiko fast "0", da wenn überhaupt von vorne geblitzt wird. Sorry, da muss der Gesetzgeber massiv einschreiten. Lärm ist für mich Belastung, Lärmtut weh, mach endlich was dagegen

Antworten
lädt ... Gefällt Nutzern Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
Nach oben  Nach oben