Kaios Familie wartet auf ein Wunder
Der vierjährige Kaio liegt nach dem Unglück im Nordheimer Freibad im Juli noch immer im Wachkoma. Seine Familie gibt die Hoffnung nicht auf. Inzwischen wurden von Vereinen und Privatleuten einige Benefiz-Aktionen organisiert.

Drei Monate ist es jetzt her, dass ein damals noch drei Jahre alter Junge aus Nordhausen im Nordheimer Freibad mehrere Minuten lang unter Wasser geriet und beinahe ertrank. Kaio, inzwischen vier Jahre alt, liegt noch immer im Wachkoma - nach wie vor in einer Spezialklinik in Gailingen am Bodensee. Mutter Marisa Ziegler (39) wartet auf ein Wunder, doch sie sieht auch die Realität. Sie geht davon aus, dass Kaio irgendwann in den nächsten Monaten als Pflegefall zurück nach Nordhausen kommen kann.
"Ich hoffe es, dann wäre er wenigstens wieder hier bei uns", sagt Marisa Ziegler. Momentan ist sie wochenweise bei ihrem Sohn in der Klinik, jede zweite Woche fährt ihr Mann Jörg. Sie haben eine Ferienwohnung in Gailingen gemietet, auf Monate. Trotzdem muss das Leben in Nordhausen weitergehen, irgendwie. Kaios zwei Jahre älterer Bruder geht jetzt in die Schule. Ein neues Kapital in seinem Leben, doch es fehlt jemand.
Das Bedürfnis, ihn festzuhalten
Im Ort ist der Zusammenhalt groß. "Die Leute wissen alle, dass sie uns das letztlich nicht abnehmen können", sagt Marisa Ziegler. "So sehr sie das auch wollen." Aber Freunde, Nachbarn und Bekannte können das Leben leichter machen, in einer schweren Zeit mit immer wiederkehrenden Rückschlägen. So wie vergangene Woche. Kaio wurde vom Bodensee mit einem Hubschrauber in die Uniklinik nach Freiburg geflogen. Es gab Komplikationen, Kaio musste auf die Intensivstation.
Auf Marisa Zieglers Facebook-Profil steht: "Wenn man loslassen muss und trotzdem die Hoffnung behält, irgendwie festhalten zu können." Das drückt aus, wie es ihr als Mutter oft geht. Sie liest Kaio viel vor und ist sich sicher, dass er das wahrnimmt. Das sei aber nur an den Maschinen abzulesen, am Puls und an der Herzfrequenz; nicht an seiner Mimik oder durch Bewegungen. Einmal hat Kaio geweint. Das Klinik-Personal freute sich, ein gutes Zeichen. Für sie als Eltern sei es schwer zu ertragen gewesen.
Spendenstand liegt bei 35.000 Euro

Die Unterstützung von den Menschen aus Nordhausen und der näheren Umgebung ist enorm. Eine private Spendenaktion bringt es inzwischen auf den Stand von 35.000 Euro. 5.000 Euro befinden sich auf einem Paypal-Konto, 30.000 Euro auf einem Konto der Volksbank. Initiatoren der Spendenaktion sind Saskia Schlichting aus Nordhausen und ihre Schwester Mareike Balogh. Der Sohn von Saskia Schlichting ist ein Kindergarten-Freund von Kaio. Saskia Schlichting ahnt, dass auf Familie Ziegler einige Kosten zukommen. "Kosten, die mehr mit Lebenshaltung zu tun haben und gar nicht als Kassenleistung gelten", erklärt sie.
Inzwischen wurden von Vereinen und Privatleuten in Nordhausen einige Benefiz-Aktionen organisiert. Auf einem Kinderbasar in Nordhausen vor zwei Wochen war ein Spendentisch für Kaio aufgebaut. Fitnesstrainerin Nicole Rudolf aus Lauffen machte eine Fitness-Spendenaktion. Und jetzt am Wochenende hatten die Fußballer des TSV Nordhausen ihren Spieltag für den guten Zweck abgehalten und Geld gesammelt.
Die Kinder aus Kaios Bambini-Team hatten besondere Trikots an. "Kämpfe Kaio, Dein Team wartet auf Dich!", war darauf zu lesen. Viele Vereine im Unterland hatten den Spieltag aufgrund des schlechten Wetters abgesagt, in Nordhausen war man der Meinung: "Wir ziehen das durch für Kaio." Aus acht zugesagten Kuchen für den Benefiz-Tag wurden mehr als 50. Es seien mehr als 1300 Euro Spenden zusammengekommen, sagt Vereinssprecherin Cora Kraus.
Für alle eine Zerreißprobe
Marisa Ziegler ist klar: "Finanziell können wir das, was auf uns zukommt, alleine nicht stemmen." Eine spezielle Matratze für mehrere Tausend Euro ist im Gespräch, über ein Pflegebett müsse nachgedacht werden, über ein speziell ausgestattetes Bad - und das alles im Erdgeschoss und nicht mehr oben im ersten Stock, wo Kaio sein Zimmer hatte. Es sei in der Situation schwierig, zu planen, sagt seine Mutter. Von Beruf ist sie Erzieherin, aber momentan kann sich nicht arbeiten. Ihr Mann, der Fitnesstrainer ist, ist dazu auch nicht in der Lage. "Es ist für alle eine Zerreißprobe", sagt Marisa Ziegler. Sie fragt sich: Wie lange dauert es, bis Kaio zurück nach Hause kann? "Die Frage, die ich beantwortet haben will, kann mir keiner beantworten."

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