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Jagd auf Nilgänse: Vogelkundler kritisieren den Wildtier-Beauftragten

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Im Streit um das Vorgehen gegen invasive Nilgänse auf dem Buga-Gelände widersprechen Ornithologen der Heilbronner Stadtverwaltung und nennen Brut-Zahlen. Dass die Vögel andere Tiere töten, stufen sie als "Natur" ein.

Von Carsten Friese
Vogelkundler Wolfgang Hellwig legt ein aktuelles Foto von 2018 vor, das Enten, Schwäne und Nilgänse nebeneinander am Pfühlparksee zeigt.
Foto: privat /Hellwig
Vogelkundler Wolfgang Hellwig legt ein aktuelles Foto von 2018 vor, das Enten, Schwäne und Nilgänse nebeneinander am Pfühlparksee zeigt. Foto: privat /Hellwig  Foto: privat / Hellwig, Wolfgang

Deutliche Kritik üben Vogelkundler an Aussagen des Heilbronner Wildtierbeauftragten Thilo Eberle zum geplanten Abschuss von aggressiven Nilgänsen auf dem Buga-Gelände und weiteren Maßnahmen in Heilbronn. Wolfgang Hellwig, Mitarbeiter der ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Heilbronn, nennt ein Bejagen von Nilgänsen in befriedeten Gebieten "äußerst fragwürdig".

Es sei richtig, dass die EU die Nilgans als invasive Art eingestuft habe, die zurückzudrängen sei. Richtig sei aber auch, dass das Bundesamt für Naturschutz zum gegenwärtigen Zeitpunkt "keine Gefährdung heimischer Arten durch die Nilgans sieht", schreibt Hellwig. Auf Nachfrage erklärte er, dass diese Fachbewertung aus dem Jahr 2015 stammt.

Mehr zum Thema: Stadt erlaubt die Jagd auf Nilgänse auf dem Gelände der Buga

Im Interview hatte der Wildtierbeauftragte der Stadt Heilbronn gesagt, Nilgänse würden keine anderen Vögel in der Brutzeit dulden, Stockenten seien im Pfühlpark zuletzt "weg" gewesen. Das nennt Hellwig "falsch". Er schickt ein Foto vom Februar 2018 mit, auf dem Höckerschwäne und Enten neben Nilgänsen zu sehen seien. Stockenten hätten auch im Mai Junge durch den Park geführt, als Nilgänse dort waren, sagt Hellwig.

Population der Nilgänse im Stadt- und Landkreis ist offenbar nicht besonders groß

Dass Nilgänse Stockententenküken im Pfühlpark getötet hätten, hat Eberle im Interview geäußert und auf Foto-Belege verwiesen. Hellwig: "Das mag ja sein und ist sicher nicht schön. Aber das ist Natur." Er verweist auf Attacken von Höckerschwänen gegen Artgenossen in Klingenberg, auf Eichhörnchen, die das Nest von Hausrotschwänzen plünderten oder Buntspechte, die Jungvögel aus fremden Bruthöhlen stehlen und an ihre Jungen verfütterten. "Müssen wir auch diese Tiere abschießen?"

Er selbst hat die Population der Nilgänse im Heilbronner Raum vor Kurzem dokumentiert, kam bei einer Zählung 2015 auf 20 Brutnachweise im Stadt- und Landkreis Heilbronn, 2014 auf 19. Aktuell habe man im gesamten Stadtgebiet neun Brutpaare, sagt Hellwig. Von einem Wildtierbeauftragten hätte er "eine differenziertere Betrachtung erwartet". Wenn man die Nilgans verteufele, "ist das nicht Wildtierschutz".

Geplanter Abschuss wird als fachlich unbegründet eingestuft

Auch Mitarbeiter des Farbberingungsprojekts, die sich mit Wasservögeln in der Region Heilbronn beschäftigen, nehmen zu der Diskussion Stellung. Richtig sei, dass die Nilgans eine invasive Art sei, die sich stark vermehrt. Inwieweit sie heimische Arten verdrängte, "ist bisher kaum belegt", teilen Bernd Zoldahn, Jochen Fischer und Jannik Stipp mit. Es gebe viele Gewässer im Stadt- und Landkreis, die ein "gleichzeitiges erfolgreiches Brüten" von Nilgänsen und anderen Arten belegten.

Auf dem Buga-Gelände würden brütende Tierarten am Wasser eher durch Besucher, die den Steg am Neckarufer nutzen, "immens gestört", merken die Autoren an. "Was macht ein Besuchersteg mitten im renaturierten Uferbereich?" Sie fragen, warum die Buga-Planer sich nicht an aktive Ornithologen vor Ort gewandt haben.

Auch der Wildtierbeauftragte habe aktuelle Bestandszahlen nicht abgefragt - die eben keine ungezügelte Vermehrung der Nilgänse vor Ort belegten. Das Trio lehnt den Abschuss auf dem Buga-Gelände als "fachlich unbegründet, weder zielführend noch nachhaltig" ab.

 

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