"Für eine bessere Welt kämpfen": Weltladen-Dachverband im Interview
"Unsere Lieferketten sind transparent", sagt Christoph Albuschkat vom Weltladen-Dachverband. Soziale Kriterien bei der Produktion stehen im Vordergrund. So gibt es auch mit der Fridays-for-Future-Bewegung viele thematische Überschneidungen.

Inzwischen gibt es zwar fast überall faire Produkte - doch überflüssig haben die neuen Geschäfte die alten Weltläden nicht gemacht. Mehr Vertriebswege bedeuten nicht unbedingt mehr Qualität. Und so müssen die Wegbereiter des Fairen Handels weiter für eine bessere Welt kämpfen. Und sich dabei neu erfinden, wie Christoph Albuschkat im Gespräch erklärt.
Was haben Sie zuletzt in einem Weltladen gekauft?
Christoph Albuschkat: Erdnüsse - als Geschenk für einen Freund.
Für Geschenke sind die Weltläden sehr beliebt. Dabei bieten sie so viel mehr und häufig haftet ihnen ein eher altbackenes Image an. Wie kommt das?
Albuschkat: Das stimmt und ist sehr bedauerlich. In den vergangenen Jahren haben sich viele der rund 900 Weltläden extrem gewandelt - sind modern, hell und einladend. Allerdings gibt es auch noch einige Läden, die an die 1980er-Jahre erinnern und beispielsweise nicht täglich geöffnet haben.
Wie ging es denn mit den Weltläden überhaupt los?
Albuschkat: Vor etwas mehr als 50 Jahren forderten christliche Jugend- und Studentenorganisationen mit sogenannten Hungermärschen in 70 deutschen Städten faire Handelsbeziehungen mit dem Globalen Süden. Etwa 30 000 vor allem junge Menschen nahmen 1970 in ganz Deutschland daran teil, was stark an die Fridays-for-Future-Demonstrationen heute erinnert. Auf Festivals und Basaren wurden die ersten fair gehandelten Waren verkauft - mit Unterstützung aus den Niederlanden, die da bereits einen Schritt weiter waren. 1973 eröffnete dann in Stuttgart der erste Weltladen, allerdings noch unter dem Namen Dritte-Welt-Laden.
Jeder Weltladen bietet sein eigenes Sortiment an. Woher werden die Waren bezogen?
Albuschkat: Die Leute vor Ort wissen am besten, was die Kundschaft wünscht. In einer Weinregion ist es beispielsweise nicht unbedingt sinnvoll, einen Wein aus Südafrika im Angebot zu haben - das kann in Hamburg schon ganz anders sein. Wir überprüfen potenzielle Lieferanten, ob sie den Kriterien des Fairen Handels entsprechen. Ist das der Fall, nehmen wir sie in unseren Lieferantenkatalog auf, aus dem die Weltläden dann ihre Waren aussuchen können.
Bei meinen Besuchen in zwei Weltläden habe ich festgestellt, wie viel Wissen sich die ehrenamtlichen Mitarbeiter aneignen müssen.
Albuschkat: Das ist richtig, unter anderem, weil das Produktsortiment im Weltladen so breit ist. Als Dachverband bieten wir den Weltläden eine Vielzahl von Fortbildungsmaßnahmen und Hintergrundinformationen. Vor Corona kamen auch immer wieder Produzenten nach Deutschland, um direkt über ihre Situation in den Ländern vor Ort zu informieren - jetzt sind wir online im Austausch.
Aktuell ist ja die Transparenz der Lieferketten ein großes Thema - ist das eine Bestätigung für Ihr Konzept der Weltläden?
Albuschkat: Auf jeden Fall, denn unsere Lieferketten sind transparent und wir stehen auch in Krisenzeiten an der Seite unserer Handelspartner. Bei uns stehen vor allem die sozialen Kriterien bei der Produktion im Vordergrund, rund 80 Prozent der Lebensmittel in Weltläden sind darüber hinaus auch bio-zertifiziert.
Sie sprachen von den Parallelen zu Fridays for Future - eine Bewegung, die mit Idealen der Weltläden übereinstimmt. Warum sieht man dennoch relativ wenige junge Menschen in den Weltläden?
Albuschkat: Meine Tochter ist 14 Jahre und hat gerade ihr Schulpraktikum im Weltladen gemacht. Es ist unsere Herausforderung für die nächsten Jahre, deutlich zu machen, wie viele Aufgabenbereiche Weltläden bieten - von der Social-Media-Arbeit bis zu Straßenaktionen.
Und es machen bis heute noch neue Weltläden auf?
Albuschkat: In der Tat. Einige auch mit spannenden Konzepten wie der Konzentration auf Textilien - ein Bereich, in dem das Angebot des Fairen Handels seit ein paar Jahren stark wächst.
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