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"Imponiergehabe stärker vorhanden": Junge Männer mit mehr Autounfällen als junge Frauen

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Drängeln, Überholen, dichtes Auffahren – alles Faktoren, die die Polizei vorwiegend dem "Faktor Mann" zuschreibt. Es bestehen weitere Gründe, warum junge Menschen eher in Autounfälle verwickelt sind.

Überforderung und Selbstüberschätzung sind unter anderem Gründe für Unfälle von Fahranfängern.
Überforderung und Selbstüberschätzung sind unter anderem Gründe für Unfälle von Fahranfängern.  Foto: Paolese/stock.adobe.com

Junge Fahrer sind im Straßenverkehr nach Angaben des Statistischen Bundesamts doppelt so oft in Unfälle verwickelt wie ältere Verkehrsteilnehmer. Diese Problematik gab es schon immer, sagt der Heilbronner Polizeihauptkommissar Roberto Monaci vom Referat Prävention. Verschiedene Faktoren würden da zusammenspielen.

Unfälle durch überhöhte oder unangepasste Geschwindigkeit passiere Heranwachsenden dreimal häufiger als dem Standard-Autofahrer. Allen voran steht aber auch die Unerfahrenheit. "Sie können Gefahrensituationen nicht immer einschätzen", so Roberto Monaci.

Überforderung und Selbstüberschätzung: Das sind laut Polizeihauptkommissar Monaci die Unfallursachen bei Fahranfängern

Drängeln, Überholen, dichtes Auffahren – das ordnet Roberto Monaci vorwiegend dem "Faktor Mann" zu. Jungen Fahranfängern sei das Auto sehr wichtig.
Drängeln, Überholen, dichtes Auffahren – das ordnet Roberto Monaci vorwiegend dem "Faktor Mann" zu. Jungen Fahranfängern sei das Auto sehr wichtig.

Schnell könne es zur Überforderung kommen, beispielsweise an einer Kreuzung, wenn man sich nicht nur auf den Verkehrsfluss, sondern auf alles gleichzeitig wie Fahren, Kuppeln und dergleichen konzentrieren müsse.

Aber auch das Stichwort Selbstüberschätzung will der Polizeihauptkommissar nicht unerwähnt lassen. Vor allem bei jungen Männern spiele sie eine Rolle. Während Frauen eher defensiv fahren, neigten Männer dazu, im Straßenverkehr zeigen zu wollen, was sie können. "Das Imponiergehabe ist stärker vorhanden."

"Das Ego steht im Vordergrund" – Polizeihauptkommissar Monaci über junge Fahranfänger

Drängeln, Überholen, dichtes Auffahren – alles Faktoren, die Roberto Monaci vorwiegend dem "Faktor Mann" zuschreibt. Vieles im Leben sei dem Auto untergeordnet. "Das Ego steht im Vordergrund." Zudem würden viele junge Fahrer versuchen, eine Art Freiheitsgefühl im Auto auszuleben. Im Pkw sei alles anonymer.

Noch eine Auffälligkeit hat die Polizei festgestellt, sagt der Polizeihauptkommissar: Junge Männer aus dem metallverarbeitenden Gewerbe seien am häufigsten in Unfälle verwickelt als andere Berufsgruppen. "Sie verdienen gut, auch während der Ausbildung. Und die Affinität zu Autos ist größer", erklärt Roberto Monaci.

Bereits 2008 wurde deshalb schon gehandelt und ein präventives Projekt namens Vollgas an der Christian-Schmidt-Schule in Neckarsulm eingeführt. Neben polizeilichen Vorträgen gebe es Gespräche in Kleingruppen sowie jugendspezifisches Fahrsicherheitstraining. Auch die Kreisverkehrswacht und der Landkreis seien involviert. Jedes Jahr erreiche man mit dem Projekt um die 500 Schüler.

Trotz Anschnallpflicht: Junge Fahrer oft ohne Sicherheitsgurt im Auto unterwegs

Auch wenn laut Roberto Monaci Autos dank moderner Technik immer sicherer werden und die Schwere von Unfällen abnehme, treffe das auf junge Menschen primär nicht zu. "Fahranfänger fahren tendenziell eher kein neues Auto."

Eine weitere Erkenntnis: Junge Fahrer würden sich oftmals nicht anschnallen. "Das ist verwunderlich, weil sie es im Vergleich zu den älteren Generationen nicht anders kennen." Seit dem 1. Januar 1976 gilt in Deutschland die Anschnallpflicht.

So sehen die Zahlen für Heilbronn aus

Die Erfahrungen von Roberto Monaci decken sich auch mit den Ergebnissen einer Studie der ADAC-Unfallforschung: Demnach verursachen 18- bis 24-Jährige deutlich mehr Unfälle im Straßenverkehr. Durchschnittlich hätten 18 bis 24-Jährige ein Fahrzeug, das fast eineinhalb Jahre älter ist als das anderer Pkw-Fahrer, heißt es. "Im Vergleich zu neueren Modellen fehlt oft die hohe Sicherheitsausstattung."

 

Dass junge Menschen tendenziell häufiger in Unfälle verwickelt sind, zeichnet sich auch in Heilbronn ab, zumindest teilweise. Im Jahr 2022 beispielsweise sind 18- bis 25-Jährige 111 Mal in Unfälle verwickelt gewesen. Bei den 35- bis 45-Jährigen hat es 95, bei den 45- bis 55-Jährigen 96 mal geknallt. Das geht aus Daten des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg hervor. Mindestens genauso häufig kommt es aber auch bei den 25- bis 35-Jährigen zu Unfällen.

"Spürbare Sanktionierung" als einzige Stellschraube gegen Rasen

Roberto Monaci vermutet, dass mehr Vorschriften im Straßenverkehr nicht automatisch zu weniger Unfällen führen würde. "Eine spürbare" Sanktionierung sei die einzige Stellschraube, um zumindest unnötigem Rasen ein Ende zu setzen. Man müsse nur in die Schweiz schauen. Da würden alle anständig fahren, weil jedem klar sei, dass die Strafen bei einem Verstoß sehr hoch seien. Das sei Bundessache.

Was die Polizei angeht, wolle man nicht mit erhobenen Zeigefingern auf die jungen Menschen zugehen. "Sie wissen selbst, wenn sie etwas falsch gemacht haben", sagt Monaci mit Blick auf frisierte Mofas oder unangepasste Geschwindigkeit.

 

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