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Immer mehr Pornos und Gewalt auf Schülerhandys

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Die Polizei warnt vor Gefahren durch illegale Fotos und Video aus Messenger-Diensten. Jugendlichen und Eltern drohen Ermittlungsverfahren.

von Alexander Klug

Ein verbotenes Foto oder Video und Hunderte Mitglieder einer Whatsapp-Gruppe droht Ärger. Denn was so alles auf den Handys von Kindern und Jugendlichen die Runde macht, sei erschreckend, teilt die Heilbronner Polizei mit - von Kinder- und Jugendpornografie über exzessive Gewalt bis zu Antisemitismus. "Jedes Gruppenmitglied macht sich allein durch den Besitz solchen Materials strafbar. Es droht ein Ermittlungsverfahren", sagt Dieter Ackermann. Er ist Kriminalhauptkommissar und leitet das Haus des Jugendrechts in Heilbronn.

Gruppen mit Hunderten Mitglieder misstrauen

"Was da auf uns zurollt, ist eine Welle von Strafverfahren", sagt Ackermann. Er schätzt, dass 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen mit solchen strafrechtlich relevanten Inhalten in Kontakt gekommen sind. Allein, wenn jemand anderer solche Inhalte in der Gruppe postet, gelangen die Daten auf das Telefon des Jugendlichen, was den Tatbestand des Besitzes erfüllt.

Im Blick habe man vor allem Gruppen mit Teilnehmerzahl zwischen 300 und 800 Menschen. "Es geht hier nicht um einen Ausnahmefall, sondern um Tausende von Fotos und Videos, die verbreitet werden", erläutert Ackermann. Wöchentlich erreichten Anrufe und Hinweise von Eltern oder Schulen die Polizei.

Stoße die Polizei zum Beispiel auf kinderpornografische Fotos, starte ein Automatismus: Sämtliche Gruppenteilnehmer würden ermittelt und Strafverfahren eingeleitet. "Die werden zwar am Ende oft eingestellt, weil derjenige ohne zu wollen in Besitz der Daten kam", erläutert Ackermann.

Aber der Weg dahin kann unangenehm sein: "Wenn morgens um 6 Uhr die Beamten vor der Tür stehen und Rechner und Handy mitnehmen, ist das unangenehm. Zumal die Geräte monatelang bei der Polizei bleiben." Daten zu Freunden oder zur Polizei zu schicken, um auf etwas hinzuweisen, sei übrigens keine gute Idee. "Dann kommt zum Straftatbestand des Besitzes noch die Verbreitung dazu." Ein Anruf sei die bessere Wahl.

 

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"Viele Eltern sind sich der Tragweite nicht bewusst"

Oft habe man es mit typischem Verhalten von Jugendlichen zu tun. "Dieses Ausprobieren spielt sich oft am Rande der Legalität ab. Das ist an sich nicht neu. Aber im Fall solcher Fotos muss man sich im Klaren darüber sein, was man sich eventuell alles dadurch verbaut", Ackermann. Zumal die Gesetze teilweise wenig differenziert daherkommen: "Schickt ein 15-Jähriger einer 17-Jährigen ein pornografisches Foto, ist es Verbreitung von pornografischem Material an Minderjährige. Schickt der 15-Jährige dasselbe Foto einer 13-Jährigen, ist es sexueller Missbrauch eines Kindes."

Vor diesem Hintergrund seien sich viele Eltern der Tragweite dessen nicht bewusst, was da passiert, sagt Ackermann. Die Leiterin des Referats Prävention beim Heilbronner Polizeipräsidium, Lisa-Maria Klesse, hebt die Rolle der Eltern hervor: "Begleiten Sie Ihr Kind bei der Nutzung, fragen Sie nach, erklären Sie den Umgang mit Chatgruppen und Fotos." Es gehe darum, früh Vertrauen aufzubauen, damit das Kind später den Mut hat, zu seinen Eltern zu kommen, wenn ihm so etwas begegnet. "Das gehört zur Erziehung heutzutage dazu, so wie Fahrradfahren lernen", sagt Klesse.

Mit Kontaktdaten vorsichtig umzugehen

Stoße man tatsächlich auf solches Material, komme es auf die richtige Reaktion an. Dokumentieren, löschen, Chat verlassen seien wichtige Schritte. "Wir raten auch immer, die Polizei zu kontaktieren", führt die Beamtin aus. Misstrauisch werden sollte man bei Chat-Gruppen mit einer großen Anzahl an Mitgliedern, von denen man die allermeisten nicht kennt. "Außerdem ist der Name der Gruppe wenig aussagekräftig." Außerdem sollten Eltern ihre Kinder dazu anhalten, mit ihren Kontaktdaten sparsam und vorsichtig umzugehen.

Nach der Kriminalstatistik im Land ist die Zahl der Tatverdächtigen unter 21 Jahren bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung 2019 um 45,6 Prozent auf 2063 gestiegen, wie das Innenministerium mitteilt. "Das liegt insbesondere an der enormen Zunahme von Fällen im Bereich der Verbreitung pornografischer Schriften sowie dem Verbreiten, Erwerb, Besitz und Herstellen von Kinderpornografie", heißt es in der Statistik.

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