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Mission droht finanzieller Kollaps

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Die Spätregenmission in Beilstein kämpft mit großen finanziellen Schwierigkeiten. Nach Informationen der Heilbronner Stimme droht sogar das wirtschaftliche Aus.

Von unserem Redakteur Reto Bosch


Der Name der Mission bezieht sich auf eine Bibelstelle, in der Gott fruchtbaren Spätregen spendet. Die Geschäftsführung der europäischen Glaubenshäuser sitzt in Beilstein, viele Entscheidungen fallen aber in Südafrika. Foto: Guido Sawatzki
Der Name der Mission bezieht sich auf eine Bibelstelle, in der Gott fruchtbaren Spätregen spendet. Die Geschäftsführung der europäischen Glaubenshäuser sitzt in Beilstein, viele Entscheidungen fallen aber in Südafrika. Foto: Guido Sawatzki
Tritt dieser Extremfall ein, ist unklar, wie die Mitglieder der Glaubensgemeinschaft versorgt werden können. Und: Offenbar ist es beim Umgang mit Spendengeldern zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Diese Probleme, zusammen mit den jetzt bekannt gewordenen Missbrauchsvorwürfen, bringen die Mission in eine heikle Lage.

Allein im Glaubenshaus Libanon in Beilstein leben zwischen 100 und 150 Menschen. Wie viele Mitglieder es in Europa insgesamt sind, verrät die Mission nicht. Wenn eine geistliche Gemeinschaft garantiert, dass sie ihre Mitglieder im Alter beherbergt und versorgt, muss sie unter bestimmten Bedingungen keine Rentenversicherungsbeiträge bezahlen. So regelt es das Sozialgesetzbuch VI (SGB). Die Lage ändert sich, wenn Menschen die Glaubensgemeinschaft verlassen. Dann müssen sie laut SGB für den gesamten Zeitraum ihrer Mitgliedschaft nachversichert werden.

Und vor genau dieser Herausforderung steht die Spätregenmission im Moment. Nach Stimme-Recherchen haben zahlreiche Personen die Mission verlassen. Im September 2012 soll der damalige Vorstand angesichts hoher Zahlungsverpflichtungen ein Insolvenzverfahren angestrebt haben. Nach einem Veto aus der Zentrale in Südafrika ist das zunächst unterblieben, es wurde ein neuer Vorstand eingesetzt. Der aktuelle Vorsitzende, Martin Illig, hat die schwierige Lage in einem Gespräch mit dem Weltanschauungsbeauftragten der evangelischen Landeskirche bestätigt. Hansjörg Hemminger gegenüber sagte er, dass die Mission finanziell am Boden sei, wenn die Rentennachzahlungen nicht abgewendet werden könnten. Diesen Gesprächsinhalt berichtet Hemminger auf Stimme-Nachfrage. Zu finanziellen Details kann er nichts sagen.

Prüfung

Finanzielle Belastungen hat offenbar auch das Ergebnis einer Prüfung des Finanzamts Heilbronn gebracht. Die Behörde äußert sich mit Verweis auf das Steuergeheimnis nicht. Nach Informationen dieser Zeitung wurden die Jahre 2007 bis 2009 untersucht. Dabei sollen Unregelmäßigkeiten im Millionenbereich festgestellt worden sein. Nach einem Vergleich mit dem Finanzamt musste der Verein 150 000 Euro bezahlen. Das belegt eine interne Hausmitteilung der Mission, die die Stimme einsehen konnte.

Ebenfalls mit einer solchen internen Mitteilung belegbar: Dem Verein wurde zumindest vorübergehend die Gemeinnützigkeit entzogen. Es durften mindestens von März bis Dezember 2012 keine Spendenbescheinigungen mehr ausgestellt werden. Einsehen konnte die Heilbronner Stimme zudem die schriftliche Erklärung eines ehemaligen Missionsverantwortlichen, in der er einräumt, Schwarzgeldkassen weitergeführt zu haben.

Beilstein fungiert als Zentrale der europäischen Glaubenshäuser, führt die Geschäfte. Die wichtigen Entscheidungen trifft allerdings Präsident Fanie van Vuuren im südafrikanischen Jatniel. Über Jahre hinweg scheint viel Spendengeld aus Deutschland und Europa in die Zentrale transferiert worden zu sein. Ein gut unterrichtetes ehemaliges Missionsmitglied berichtet der Stimme von teuren Immobilien und einem großen Fuhrpark im Umfeld des Präsidenten. Hansjörg Hemminger, langjähriger Beobachter der Spätregenmission, sagt ebenfalls: "Es ist vermutlich viel Geld nach Südafrika geflossen."

Details

Die Stimme hat den Vorsitzenden Martin Illig im Detail mit ihren Rechercheergebnissen konfrontiert. Er hatte die Möglichkeit, zu wirtschaftlichen Problemen oder Finanzprüfung Stellung zu nehmen. In seiner Antwort ging er auf diese Fragen nicht ein. Illig weist auf eine "kleine Gruppierung" hin, die wiederholt angedroht habe, Missstände in der Mission öffentlich anzuprangern. Generell sei die Grundlage des Zusammenlebens die christliche Nächstenliebe. Die Mission distanziere sich von jeglichem Abweichen von dieser Grundregel.

Missbrauchsvorwürfe

Die Heilbronner Stimme hatte am Freitag von Vorwürfen berichtet, denen zufolge schwerer sexueller Missbrauch von Kindern in der Spätregenmission vertuscht worden ist. Auf Anfrage erklärt Pressestaatsanwalt Harald Lustig, das es zu keinem Ermittlungsverfahren kommen wird. Grund: Die von dem Opfer geschilderten Taten sind verjährt. bor
 

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