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Heilbronn/Kirchardt
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Kirchardter Überfall wird immer mysteriöser

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Plötzlich ist im Prozess von fünf statt bisher nur drei Tätern und Mitwissern die Rede.

Von Helmut Buchholz

Der brutale Überfall auf eine Frau in ihrem abgelegenen Haus in Kirchardt wird immer rätselhafter. Bisher ging die Staatsanwaltschaft von drei Tätern aus. „Ich komme auf fünf Personen, die in der Nähe des Tatorts waren“, sagte am Donnerstag der Vorsitzende Richter Roland Kleinschroth gegen Ende eines Prozesstages voller Überraschungen.

Die Staatsanwaltschaft ist sich sicher, dass Anfang Oktober 2012 gegen 22 Uhr zwei 24-Jährige die Frau in ihrem Haus brutal überfallen haben. Einer der beiden durchsuchte die Räume nach Geld und Schmuck. Der Zweite hielt das Opfer mit einer Schreckschusspistole in Schach und schoss sogar fünf Mal auf die Frau.

Die damals 59-Jährige stellte sich tot. Im Glauben, sie würde sterben, flohen die Täter. Das Fluchtauto soll ein 26-jähriger Komplize gefahren haben. Das Verbrechen löste in Kirchardt Entsetzen aus.

 


 

Die Staatsanwaltschaft stützt sich in ihrer Anklage im aktuellen Prozess auf das weitreichende Geständnis des 24-Jährigen, der die Schüsse auf die Frau abgegeben hatte. Das Landgericht hatte ihn wegen versuchten Mordes im Juli 2013 zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt. Durch seine Aussage wurden erst die beiden weiteren Täter identifiziert – und sitzen jetzt auf der Anklagebank, ebenfalls wegen versuchten Mordes und schweren Raubes. Allerdings schweigen sie sich zu den Vorwürfen aus.

Drahtzieher 

Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen belastete amDonnerstag der 24-Jährige seine mutmaßlichen Komplizen abermals schwer. „Er war es“, sagte er über den Mann auf der Anklagebank, der mit ihm in das Haus eingedrungen war, stellte ihn als Drahtzieher dar. Der heutige Hauptbelastungszeuge der Anklage erklärte, er sei damals zu dem Raubzug genötigt worden, weil er 8000 Euro Schulden aus Drogenkäufen bei dem Anstifter des Verbrechens hatte, die mit dem Einbruch getilgt sein sollten.

Allerdings tauchte gestern in der Aussage ein weiterer Mittäter auf, der wie der 26-jährige Fluchtfahrer während des Raubes im Auto gewartet habe. „Der Unbekannte“, wie ihn der Hauptbelastungszeuge nannte, ist bis heute nicht identifiziert.

Unklar ist auch die Rolle der damaligen Freundin des bereits verurteilten Räubers. Während die Freundin bei früheren Vernehmungen angegeben hatte, ihren Freund zum Tatort gefahren zu haben, stellte der 24-Jährige das im Zeugenstand in Abrede. „Wollen Sie jemanden decken?“, fragte der Vorsitzende Richter. Die prompte Antwort: „Nein.“ Der Richter hakte nach: „Haben Sie noch eine Leiche im Keller?“ Die Antwort lautete abermals: „Nein.“

Am Donnerstag sagte auch das Opfer des Kirchardter Überfalls aus. Die Frau überraschte die Richter mit ihrer Aussage: „Der war es.“ Sie habe den 24-Jährigen auf der Anklagebank an seinen Gesichtszügen wiedererkannt, obwohl dieser bei der Tat maskiert war. Auch sollen beide Einbrecher eine Schusswaffe getragen haben, nicht nur einer.

 

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