Hells-Angels-Chef weint im Gerichtssaal
Heilbronn - Am zweiten Verhandlungstag des Hells-Angels-Prozesses hat der Hauptangeklagte, Eric L., von seinen Drogenproblemen berichtet. Sein Kokainkonsum sei zeitweise ins Unermessliche gestiegen sagte er am Morgen vor dem Heilbronner Landgericht.
Heilbronn - Der harte Kerl zeigte Gefühl im Gerichtssaal: Eric L., führendes Mitglied der Heilbronner Hells Angels und wegen Drogenhandels angeklagt, brach am Freitagmorgen auf der Anklagebank des Landgerichts in Tränen aus. So sehr, dass der Vorsitzende Richter Norbert Winkelmann die Sitzung unterbrach, damit sich der 48-Jährige wieder sammeln konnte.
Die Emotionen des bisher im Prozess selbstbewusst und stolz wirkenden Eric L. überkamen ihn, als er über seinen Kokainkonsum befragt wurde. Die Drogenmenge sei zeitweise "ins Unermessliche gegangen". An manchen Tagen ging die Sonne auf und unter, doch das habe er nur nebenbei mitbekommen. "Es war zum Teil Gier."
Berufswunsch
Angesichts dieser drastischen Schilderung wollte Richter Winkelmann wissen, wie sich der Rauschgiftkonsum mit einem treu sorgenden Familienvater in Einklang bringen ließe, denn Eric L. hänge an seiner Familie und der 13-jährigen Tochter. Und die Mutter sitzt auf derselben Anklagebank. Bei dieser Frage knickte der 48-Jährige plötzlich gefühlsmäßig ein, schlug die Hände vors Gesicht und begann zu weinen.
Wie sehr sein Kind unter ihm leide, habe er erst beim Besuch der Tochter im Gefängnis bemerkt. "Sie badet nun aus, was ich für einen Bockmist gemacht habe." Darum sei sein Ziel, "künftig ohne Drogen zu leben". Er wolle eine Entzugstherapie machen. Die berufliche Zukunft stellt er sich so vor: "Ich will mich als Landschaftsgärtner selbstständig machen."
Rang im Club
Noch etwas brachten die Richter nicht zusammen: "Auf der Internetseite der Hells Angels steht, dass Mitglieder, die mit Drogengeschäften zu tun haben, aus dem Club ausgeschlossen werden", sagte Richter Roland Kleinschroth. Doch Eric L. sei nach wie vor ein Hells Angel − in welcher Funktion? "Darum habe ich mich bei Partys immer abgesondert", erwiderte Eric L. zum Drogenkonsum. Sein Rang in der Rockergruppe sei "Sergeant at arms". Was nicht bedeute, dass er Chef sei. "Denn einen Chef haben wir nicht, man ist entweder Mitglied oder nicht. Jeder hat eine Stimme, bei Entscheidungen stimmen wir demokratisch ab." Diese Sätze sorgten für einen Heiterkeitsausbruch im Gerichtssaal.
Der Staatsanwalt wirft Eric L., seiner Frau (38) und dem Schwiegervater (59) Drogenhandel vor. Die Verteidiger haben angekündigt, dass ihre Mandanten die Anklage einräumen wollen. Der Prozess wird am 30. März fortgesetzt.

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