Die Lage an der Front: Kontakt halten in Kriegszeiten
Ukrainischstämmige Menschen aus der Region halten Kontakt zu ihren Verwandten in der Heimat, sie hören von Explosionen und Raketenalarm. Ukrainische Männer aus der Region sind offenbar unterwegs ins Kriegsgebiet.
Alina Petrytsch (Name geändert) hätte ihre Mutter gerne bei sich. "An den Grenzen raus aus der Ukraine haben sich lange Autoschlangen gebildet. Meine Mutter hat Angst, dass sie beschossen wird", sagt die 38-Jährige. Ihre 58-jährige Mutter habe kein eigenes Auto und sei auf die Mitfahrt mit anderen angewiesen. Zudem wolle sie ihre Heimatstadt Odessa nicht verlassen. Sie sei per Skype und telefonisch mit ihrer Mutter in Verbindung, erzählt die Buchhalterin, die im östlichen Landkreis Heilbronn lebt. Aus der Ferne seien Explosionen und Sirenenalarm zu hören.
Petrytschs Mutter lebe in einem Mehrfamilienhaus. "Das Haus hat keinen Keller. Sie weiß nicht, wohin sie soll, falls Raketen ins Haus einschlagen." Der 66-jährige Freund der Mutter habe die Stadt nicht verlassen und stattdessen zur Waffe gegriffen. "Er meinte, er geht nicht weg und will seine Heimat verteidigen." Die Familie hoffe auf Gespräche zwischen russischen und ukrainischen Regierungsvertretern. Petrytsch ist es wichtig, Menschen in der Region zu informieren. Sie erlebe viel Desinformation bei Menschen aus Russland oder Kasachstan. "Vieles ist russische Propaganda. Diese Leute hören das seit Jahren und denken, dass Putin recht hat. Man kann leider nicht mehr mit ihnen sprechen."
Panzer im Dorf angekommen
Die Eltern von Maria Petruk (Name geändert) leben in einem Dorf in der Nähe von Kiew. "Sie wollten die Ukraine verlassen, aber die Brücken, die aus dem Dorf führen, sind zerstört. Es ist unmöglich, dass sie das Dorf verlassen", sagt die 22-jährige Studentin aus Heilbronn. Russische Panzer seien mittlerweile im Dorf angekommen. Ihre Eltern und ihre elfjährige Schwester haben sich im Keller des Hauses versteckt, erklärt Petruk. Dieser sei spärlich eingerichtet, es gebe keinen Strom. Sie fragt sich, wie sie der Familie helfen könne. "Sie freuen sich, dass ich in Deutschland bin. Meine Mutter will fliehen, kann aber nicht. Und ich kann nicht zu ihr fahren." Immer wieder seien Schüsse zu hören. Petruk und Petrytsch klingen verzweifelt. Sie weinen am Telefon.
Offenbar sind seit Montag ukrainische Männer aus der Region Heilbronn unterwegs in die Ukraine, um ihr Land bei der Verteidigung gegen das russische Militär zu unterstützen. Ein Kleinbus sei gestartet, berichtet ein Teilnehmer der Friedensdemo "Solidarität mit der Ukraine" in Heilbronn vom Samstag. Mit dabei sei medizinische Versorgung und andere Hilfsmittel. Unklar ist, wie viele Männer sich anschlossen.
Lagerhallen für Hilfsgüter gesucht
Anastasia Kosak, die am Samstag zur Demo aufgerufen hatte, ist mit der Organisation von Hilfsgütern in die Ukraine beschäftigt. Sie sucht für den ukrainischen Dachverband Lagerhallen in Heilbronn, um dort Kleidung, blutstillende Medikamente und andere Hilfsgüter zu sammeln. Über Polen soll die Hilfe in die Ukraine gebracht werden. Sie ist erreichbar unter der Mobilnummer 0176/73892718.